1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Wie heißt Anstellen auf Arabisch?

Tafelausgabe Wie heißt Anstellen auf Arabisch?

Die Mitarbeiter der Gardeleger Tafelausgabestelle kümmern sich auch um viele Asylantragsteller. Ihr größtes Problem: die Verständigung.

Von Gesine Biermann 23.10.2015, 03:00

Gardelegen l Eines steht für Cordula Kausche-Jordan schon jetzt fest: Ein Weihnachtsspezial wird es nicht geben. Keine Geschenkaktion für die Jüngsten, keine Nikolaussocken, keine Tafelweihnachtsfeier. In diesem Jahr sei das nicht zu schaffen. „Wir sind froh, wenn wir den normalen Alltag organisiert kriegen“, sagt die Leiterin der Gardeleger Tafelausgabestelle. Ein ganz normaler Ausgabetag – in Gardelegen ist es der Dienstag – bringe die Kollegen derzeit an ihre Belastungsgrenze. Denn mit den vielen Asylantragstellern kommen immer mehr Kunden zur Ausgabe. Dazu haben sie jedes Recht, denn auch sie gehören zu den Bedürftigen, für die die Tafel sorgen möchte. Allerdings kennen sie sich nicht mit dem Prinzip der Tafel aus. Und so kommt es immer wieder zu Differenzen und sogar zu Auseinandersetzungen. Die Situation sei der pure Stress für die Helfer. „Man darf nicht vergessen, fast alle arbeiten ehrenamtlich bei uns“, erinnert sie.

Zum einen sei es für die Kollegen mittlerweile aber sehr schwer zu kontrollieren, wer wie oft die Ausgabe nutze. „Viele haben kein Dokument dabei, das heißt, sie bringen weder einen Ausweis, noch eine Bescheinigung des Sozialamtes mit.“ Das sei zwar beim ersten Mal eigentlich kein Problem, schon weil ja fast immer davon ausgegangen werden kann, dass der Anspruch tatsächlich besteht. Die Leute bekämen dann eine provisorische Nutzerkarte, später dann eine richtige. Diese werde dann aber offensichtlich immer wieder untereinander ausgetauscht, so dass eine Kontrolle schier unmöglich sei.

Ein anderes Problem – für die Mitarbeiter, die versuchen, Spenden so gerecht wie möglich zu verteilen, viel schwerwiegender – sei die Sprachbarriere. „Wir versuchen zum Beispiel zu erklären, dass fünf Personen nicht automatisch fünf Mal etwas von jedem Angebot erhalten können, sondern dass die Zuteilung nach Familiengröße erfolgt.“ Auch dass es bei der Tafel keine Selbstbedienung gibt, wüssten viele nicht, erläutert die Gardeleger Ausgabestellenleiterin. „Aber was heißt zum Beispiel ‚bitte anstellen‘ auf arabisch?“ Und selbst wenn das jemand wüsste, was heiße es dann auf persisch, albanisch oder in einer der anderen vielen Sprachen?

Ein wenig habe geholfen, dass Stadtrat Dirk Kuke einige Regeln im mehreren Sprachen aufgeschrieben habe. Diese hängen nun bereits vorn an der Tür. Aber offenbar erhalten die Asylbewerber auch Fehlinformationen, beklagt Kausche-Jordan. So haben ihr Flüchtlinge erzählt, dass sie Zettel bekommen hätten, wo preiswerte Discounter verzeichnet sind, „und da stand dann auch die Tafel mit drauf. Unsere Ausgabestelle ist aber kein Supermarkt!“ Auch Helmut Harzer, Chef der Salzwedeler Tafel, kennt das Problem: „Wir haben im Moment natürlich auch viele Flüchtlinge, und auch bei uns werden schon mal Forderungen gestellt“, sagt er. Dann komme es darauf an, dem vernünftig zu begegnen. Es gebe in Salzwedel zum Beispiel Zettel auf englisch und arabisch, wo das Wichtigste erklärt sei. Im Extremfall könne er auch auf einen arabischstämmigen Salzwedeler zurückgreifen, der dann übersetze. Zudem arbeite er eng mit dem Leiter der Gemeinschaftsunterkunft zusammen. Viele Probleme können so schon im Vorfeld besprochen werden.

Dass die Frauen in der Gardeleger Ausgabestelle mehr Probleme haben, als in der Hauptausgabestelle in Salzwedel, in der auch viele Männer arbeiten, kann er sich dennoch vorstellen. Denn insbesondere muslimische Männer haben zuweilen ein Problem damit, eine Frau als Ausgabestellenleiterin zu akzeptieren und ihre Anweisungen ernst zu nehmen. Nach ersten Schwierigkeiten klappe das mittlerweile recht gut, sagt Cordula Kausche-Jordan. „Zumindest dass ich hier die Chefin bin, hat sich wohl herumgesprochen.“