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Blumenstrauß Von der Wüste in den Klassenraum

Im November geht der Blumenstrauß an Dirk Kuke aus Weteritz. Er hilft er Menschen bei der Integration.

14.11.2015, 01:00

Weteritz l Dirk Kuke ist ehrenamtlich sehr engagiert. Neben seinem Mitwirken im Stadtrat ist er vor allem als Integrationshelfer für Menschen mit Migrationshintergrund tätig. Er hat ein großes Interesse an fremden Kulturen und das kommt nicht von ungefähr. Für ihn war das Reisen schon immer ein Genuss. In seinem Leben durfte der 60-Jährige schon eine Menge unterschiedlicher Kulturen kennenlernen. Durch seinen Job als Facharbeiter für Nachrichtentechnik, den er 1974 beim Post- und Fernmeldeamt in Magdeburg erlernte, kam er ordentlich rum in der Welt.

Mit seiner abgeschlossenen Lehre begann er anschließend bei der Nationalen Volksarmee Nachrichtentechnik zu studieren. Noch heute trifft er sich alle drei Jahre mit seinen damaligen Studienfreunden. „Ich kümmere mich dabei um die Organisation. Im letzten Jahr waren wir in Leipzig und 2017 wollen wir auf die Burg Falkenstein. Wir planen dafür immer ein ganzes Wochenende mit Kultur, Übernachtung und lustigem Beisammensein,“ freut sich Kuke. Bei der Armee konnte er sich nach und nach immer weiter hocharbeiten. So war er 1991 Kommandeur der Nachrichtentechnik und später sogar Hauptmann bei der Bundeswehr.

Bereits 1995 bei der Panzerbataillon Braunschweig ging es für ihn ins Ausland. In Kanada und Wales nahm er an Panzerschussübungen teil. Als Abteilungsleiter lernte er die Länder Bosnien, Kroatien und Serbien kennen. Auch in Afghanistan war er als Schwachstromelektroniker im Einsatz, ehe er sich 2003 für Südafrika und Namibia bewarb: „Dafür waren meine Englischkenntnisse jedoch zu schlecht. Zwei Jahre später wurde mir dann Jemen angeboten. Ich lernte Englisch und Arabisch und entschied mich dafür.“ Dort modernisierte er Krankenhäuser und setzte sich für alternative Energiegewinnung ein. „Normalerweise hatte man dort lediglich acht Stunden Strom am Tag,“ erzählt er.

Im Jemen lernte er auch seine dritte und heutige Ehefrau Rahmed (30) kennen. „Daran ist auch meine Schwester schuld. Sie spendete häufig Geld für Kinder in Afrika. Das gefiel mir, aber ich wollte das Kind sehen und kennenlernen, für das ich spende. Rahmed arbeitete in meinem Büro und kam mit ihrer dreijährigen Tochter Saba zur Arbeit. Als ich sie sah, dachte ich mir: Das wird mein Patenkind,“ erinnert sich der Weteritzer.

Durch Saba kamen sie sich näher und heirateten im April 2013. Bis 2011 lebten sie zusammen in Sanaa, der Hauptstadt Jemens, ehe der Bürgerkrieg ausbrach und Dirk Kuke evakuiert wurde: „Ich versuchte Rahmed und Saba natürlich schnellstmöglich nach Deutschland zu holen. Das war ein schwieriges Unterfangen.“ Aber es klappte – mittlerweile ist Saba zwölf Jahre alt und gehört zu den besten Schülern in ihrer Klasse.

Nachdem Kuke noch ein Jahr im Gefechtsübungszentrum Letzlingen arbeitete, befindet er sich seit 2012 im Ruhestand und geht seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach. „Als vor zwei Jahren die ersten Flüchtlinge nach Gardelegen kamen wollte ich sehr gern helfen, da ich mit der Kultur vertraut war. Bei der Armee bekamen wir für jedes Land, in das wir kamen, Karten mit Rules Of Engagement. Darauf standen grundlegende Dinge, wie man sich in dem Land zu verhalten hat und Tipps zur Sprache. Etwas ähnliches könnte ich mir auch für die Flüchtlinge vorstellen.“

Er bemühte sich schließlich auch gleich um die ersten Flüchtlinge in der Gardeleger Gemeinschaftsunterkunft im Frühjar 2014. Doch zunächst war man dort offenbar mit seinem Hilfsangebot überfordert. Auf Rat des damaligen Bürgermeisters Konrad Fuchs ließ er sich daraufhin zur Wahl des Stadtrates aufstellen. Als Nachrücker kam er schließlich ins Gremium.

Seit einigen Monaten ist Kuke nun der Integrationshelfer in Mieste. Zusätzlich unterrichtet er die neuen Altmärker selbst in Deutsch. Dabei ist es egal, woher sie kommen oder wie alt sie sind: „Viele kamen nicht, weil sie sich zu Hause um die Kinder kümmern mussten. Also sollten sie sie einfach mitbringen. Meinen Unterricht bereite ich in Kroatisch, Arabisch, Hindi und Persisch vor. Dabei hilft mir das Internet,“ so Kuke mit einem Zwinkern. Zu Haus bei ihm wird Arabisch, Amharisch (Amtssprache Äthiopiens), Deutsch und Englisch gesprochen.

„Die Menschen die nach Deutschland kommen, haben eine Chance und Respekt verdient, sich zu beweisen. Man muss die Leute kennen lernen und sie nicht verurteilen. Schwarze Schafe gibt es in jedem Land - Auch in Deutschland - Aber das darf man nicht verallgemeinern,“ findet Kuke.