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Großstadtserie Unterwegs: Viel Arbeit mit den Straßen

Wie leben, arbeiten und vergnügen sich die Menschen in der Großstadt Gardelegen? Die Volksstimme hat sich aufgemacht, das herauszufinden.

Von Anke Kohl 21.11.2015, 02:00

Gardelegen l „Mann, was schleicht der denn da vor mir her?“ – Autofahrern, die das schon mal gedacht haben, wenn einer der orangefarbenen Transporter mit der Aufschrift „Streckenkontrolle“ in gemäßigtem Tempo vor ihnen fuhr, sei gesagt: Der sorgt für Ihre Sicherheit! Denn worauf die Streckenwarte der Landesstraßenmeisterei bei Kontrollfahrten alles achten müssen, das ist schon enorm. Zwei Bundesstraßen und zwölf Landesstraßen liegen im Verantwortungsbereich der Landesstraßenmeisterei, Regionalbereich Nord, die ihren Sitz im Gardeleger Gewerbegebiet hat. 32 Ortschaften mit 32 Ortsbürgermeistern und all den dazugehörigen Problemen, die Straßen naturgemäß mit sich bringen, zählt Wolfgang Loose, Leiter der Straßenmeisterei Gardelegen, auf. Und Schlaglöcher, die aufgefüllt werden müssen, sind da noch lange nicht alles.

„58 Brücken, 14 Fußgängerüberwege und 30 Ampelanlagen haben wir zu überprüfen und zu warten“, listet der technische Mitarbeiter Axel Joite auf. Ein kurioses Beispiel: Am Kreisverkehr an der Bismarker Straße/Isenschnibber Chaussee gibt es vier Fußgängerüberwege – für jede der vier Straßen, die sich dort treffen, also einen eigenen. Für die beiden Überwege an der Landesstraße 27, die innerorts Bismarker Straße heißt, sind Joite und Kollegen zuständig. Die anderen beiden hat die Stadt Gardelegen intakt zu halten. Aktuell werden diese Anlagen auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt.

Ein Blick von Axel Joite genügt, und er sieht sofort den Unterschied im Pflegebedarf: „Die Lampen dort hängen schief, und die Schilder sind nach dem letzten Sturm auch noch nicht zurechtgerückt“, rügt er. An welchem Überweg genau und in wessen Verantwortung das jetzt liegt, verrät er aber nicht. Doch dass es so ist, sieht der Fachmann sofort. Auch wenn der Laie den Unterschied mit dem gleichen kurzen Blick kaum wahrnehmen würde. Dabei ist das eines der kleineren Probleme, mit denen sich die Mitarbeiter der Straßenmeisterei rumärgern müssen. Denn zurzeit werden von den Ampeln in der Hansestadt gern die Schalter abgetreten, an denen Fußgänger den Ampelbedarf per Handdruck anmelden können. „Ein einziger Schalter kostet 500 Euro. Steuergeld!“, betont Axel Joite und kann über Dummheit und Vandalismus nur den Kopf schütteln. Die Ampelanlagen haben übrigens schon alle die ökonomischere Lichtausstattung mit LED-Technik.

Zusammengerechnet sind es genau 281,487 Streckenkilometer, die für alle Verkehrsteilnehmer, ob mit Pkw, Krad, Fahrrad oder Fußgänger, sicher gehalten werden müssen. 86 Kilometer davon sind Bundesstraße und 143 Kilometer Landesstraße. Dass den 25 Mitarbeitern dabei nie langweilig wird, steht mal fest, wenn man erst einmal einen Blick hinter die berüchtigte Kulisse geworfen hat. Da gibt es in den erwähnten 58 Brücken mehr als 300 Durchlässe, in denen keinem Passanten ein Stückchen Beton auf den Kopf fallen darf. „Wenn wir alle diese Durchlässe aneinanderreihen könnten, würde das ein genau 65 Kilometer langer Tunnel werden“, veranschaulicht Axel Joite die nächste Zahl.

Und davon hat er noch so einige zu bieten. 23 000 straßenbegleitende Bäume haben seine Kollegen, die Streckenwarte, im Blick zu haben und natürlich in der Saison zu beschneiden, respektive zu fällen. Dazu kommen unvorstellbare 45 000 Quadratmeter Busch entlang der Bundes- und Landesstraßen. Wenn der Blick nach oben in die Baumkronen geht, dann auch immer sofort und als nächstes auf die Hecken darunter. Stichwort: Verkehrssicherheit! Kein Autofahrer möchte einen Ast auf sich herabfallen sehen, und kein Radfahrer will plötzliche Ausweichmanöver fahren, weil das Buschwindröschen am Wegesrand sich breiter macht als erwünscht. Denn 52 Kilometer Radwege haben die Kollegen mit den langsam fahrenden orangefarbenen Transportern auch noch regelmäßig unter die Lupe zu nehmen.

Dass den Mitarbeitern der Straßenmeisterei nie die Arbeit ausgeht, dafür sorgt aber nicht nur die Natur. Auch die Menschen tragen dazu ihren - leider - ordentlichen Anteil bei. Die Parkplätze an den Straßen werden nämlich äußerst gern als Müllabladeplätze genutzt.

„Es gibt nichts, was wir da nicht schon gesehen hätten. Es scheint den Bürgern schon zur Gewohnheit geworden zu sein“, sagt Wolfgang Loose, und Axel Joite öffnet auf dem Computer diverse Dateiordner mit Fotos. „Das Dixieklo gehört aber dahin“, sagt er mit ironischem Unterton zu einem Bild, auf dem eine – aus der Entfernung betrachtet – gar nicht mal hässliche Couch an einem grauen Häuschen lehnt. Und im Laufe der folgenden minutenlangen Bilderachiv-Betrachtung könnte man auf die Idee kommen, die Parkplätze in Sperrmüllsammellager umzubenennen. Den Müll zu beräumen, kostet Zeit und Geld. „Sturmschäden, die müssen ruckzuck beseitigt werden. Wenn da die Meldung kommt, dass ein Baum auf der Straße liegt, müssen wir sofort raus“, erzählt Axel Joite. Diese Einsätze beschränken sich auf die Dienstzeiten der Mitarbeiter. „Außerhalb davon sind Polizei und Freiwillige Feuerwehr zuständig.“

Keine Dienstzeiten gibt es jedoch mit Einbruch des Winters. Dann wird praktisch rund um die Uhr gearbeitet. Alle zwei Stunden kommen bei Wolfgang Loose und den Kollegen detaillierte Wetterinformationen vom Deutschen Wetterdienst an. „Und wenn da um 10 Uhr steht, dass es um 13 Uhr zu 100 Prozent regnet, dann regnet es auch“, pocht der Leiter mit einem Finger auf den Tisch. Um Regen aber machen sich die Kollegen des Winterdienstes erstmal weniger Sorgen. Wenn es richtig kalt wird und Minusgrade herrschen, dann... ...ja dann fährt der Bereitschaftsdienst Kontrolle auf den 280 Streckenkilometern Bundes- und Landesstraße.

„Und wenn der Kontrolldienst, egal zu welcher Zeit, bestimmt, dass Salz gestreut werden muss, dann werden die Männer auch aus den Betten gerufen. Das ist so“, berichtet Axel Joite. Für diese Fälle liegen in der Streusalzhalle, die übrigens bewusst aus Holz gebaut und baugleich in ganz Deutschland zu finden ist, für die kommenden Monate 1200 Tonnen Salz. Die Fahrzeuge der Straßenmeisterei haben Henrik Giggel-Grabau bereits am 20. November auf Winterdienst umgerüstet. Der Streuautomat auf dem Unimog streut aber keineswegs Salz.

„Es gibt zwei separate Behälter. Einen für das Salz und einen für das Magnesiumchlorid. Beide Komponenten werden erst direkt vor dem Ausstreuen gemischt, das tropft dann auf den Teller, von dem es auf die Fahrbahn geschleudert wird. Das Salz muss befeuchtet werden, damit es auf der Straße liegen bleibt“, erklärt Hendrik Giggel-Grabau.

Im 14. Teil unserer 24-teiligen Serie lesen Sie am Donnerstag, 24. Dezember, in Ihrer Volksstimme, wie ein Tag in der Notfallaufnahme des Altmark-Klinikums Gardelegen abläuft.