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Wasserverband Kunden bekommen kein Geld zurück

Viele Gardeleger hoffen nach Medienberichten auf Rückzahlungen von Wasserverbandsbeiträgen - umsonst, sagt Geschäftsführerin Katja Rötz.

Von Gesine Biermann 07.01.2016, 02:00

Gardelegen l Das Urteil des Bundesverfassunggerichtes hatte kurz vor Weihnachten für viel Aufsehen gesorgt – auch in Gardelegen: Zwei Cottbuser hatten gegen einen Gebührenbescheid geklagt, der sie zu einer rückwirkenden Zahlung für ihre Abwasseranschlüsse aus DDR-Zeiten aufforderte – und sie hatten gewonnen. Das höchste deutsche Gericht ihrer Klage statt. Die Volksstimme berichtete am 18. Dezember unter dem Titel „Rückwirkende Anschlussbeiträge sind rechtswidrig“ über das Urteil und mögliche Auswirkungen auf ähnliche Fälle in Sachsen-Anhalt.

Solche wird es allerdings nicht geben, davon ist Gardelegens Wasserverbandsgeschäftsführerin Katja Rötz überzeugt. Denn der Fall der beiden Brandenburger sei auf Sachsen-Anhalt gar nicht übertragbar: „Die Entscheidung stützt auf eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, die 2004 durch eine Gesetzesänderung in Brandenburg entstanden ist.“ Eine solche Gesetzesänderung habe es aber in Sachsen-Anhalt gar nicht gegeben, versichert Rötz. Hier seien Beiträge nie verjährt. „Bei uns in Gardelegen gab es ab 2010 eine wirksame Satzung für den Herstellungsbeitrag II, und somit durften wir Beiträge bis 2014 festsetzen.“

Auswirkungen der Medienberichterstattung über das Verfassungsurteil spürt man im Gardeleger Wasserverband dennoch: „Wir werden seither mit Schreiben bombardiert“, sagt Rötz. Insbesondere Bürger, die vor der Zahlung zunächst Widerspruch eingelegt hatten, würden jetzt ihre Zahlungen zurückfordern. Über 40 Briefe gingen in den wenigen Tagen seit Bekanntwerden des Urteiles bereits ein. „Das müssen wir jetzt alles zurückweisen.“ Denn Widersprüche seien längst verfristet.

Insgesamt hatte es 1050 Widersprüche – auf rund ein Viertel aller Bescheide – gegeben, 358 Grundstücksbesitzer hatten diese allerdings von selbst zurückgenommen. Nach der Ablehnung ihrer Widersprüche hatten 16 Bürger geklagt. Alle Klagen wurden indes vom Landesverwaltungsgericht abgewiesen und landeten gar nicht erst vor dem Oberverwaltungsgericht.

Und auch angesichts des neuesten Urteils des Bundesverfassungsgerichtes sieht Rötz keine Chance für Kläger. „Wir haben uns natürlich auch mit unserem Juristen kurzgeschlossen“, versichert die Verbandschefin. „Selbstverständlich steht jedem Kunden der Rechtsweg offen, aber wir gehen nicht davon aus, dass sich an der jetzigen Rechtslage etwas ändern wird.“ Alle Bescheide des Gardeleger Wasserverbandes seien rechtskräftig. Um es begreifbar zu machen, findet Rötz ein einfaches Beispiel: „Wer vor zehn Jahren einen Steuerbescheid von Finanzamt bekommen hatte, kann ja auch kein Geld zurückfordern, selbst wenn sich die Steuergesetze ändern.“

Besonders ärgerlich findet Rötz übrigens die Aussagen des Präsidenten des sachsen-anhaltinischen Landesverbandes Haus und Grund, Holger Neumann. Der war in seinem Statement gegenüber der Volksstimme davon ausgegangen, dass das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalts „in seiner bisherigen Rechtssprechung Schwierigkeiten bekommen“ werde, und hatte den Grundstücksbesitzern geraten, gegenüber den Wasser-und Abwasserverbänden vorsorglich gegen die verschickten Bescheide Widerspruch einzulegen. „Mit solchen Aussagen werden nur falsche Hoffnungen geschürt“, so Rötz.

Auf seiner eigenen Homepage sei der Landesverband Haus und Grund nun aber ebenfalls „zurückgerudert“ und habe seine Aussagen richtiggestellt, so Rötz.

Die Gardeleger Bürgerinitiative (BI) HB II sieht in dem jüngsten Urteil dennoch „ein eindringliches Signal für Justiz und Regierung in unserem Land“. Es sei „ein moralischer Sieg jener, die durch Widerspruch oder kritische Äußerung ihr Unverständnis zum, Ausdruck brachten“, macht BI-Sprecher Arnulf Gey in einem Brief an die Redaktion klar.

Selbst Gey und seine Mitstreiter sehen allerdings keine Auswirkungen des Urteiles auf die Gardeleger Hausbesitzer: „Für die Mehrzahl der Altanschließer kommt dieses Urteil wahrscheinlich zu spät, es sei denn es gibt noch Rückstände bei vereinbarter Ratenzahlung“ oder bei „Zahlungen unter Vorbehalt“, heißt es in dem Schreiben.

Doch auch diese Fälle schließt Katja Rötz aus. Alle Bescheide seien wie gesagt rechtskräftig, und sogenannte Zahlungen unter Vorbehalt haben für öffentlich rechtliche Forderungen ohnehin keine Bedeutung.