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Backhaus „Werden Tatsachen geschaffen?“

Ein historisches Fachwerkhaus auf dem Hof des Alten Hospitals soll abgerissen werden. Dagegen regt sich dagegen Widerstand.

Von Gesine Biermann 13.02.2016, 02:00

Gardelegen l „...Durch die dunkle Torfahrt, in der nach alter Sitte eine gemütliche Bank steht, kommt man auf den Hof, der auf drei Seiten von Gebäuden umschlossen und nur im Süden von grünen Gärten begrenzt ist: In der Mitte steht breit und behaglich das Verwalterhaus...“, heißt es in einem Artikel der Kreisanzeiger-Beilage „Lieb Heimatland“ aus dem Jahr 1928. Vor knapp einem Jahrhundert wurde es noch genutzt. Seit mehreren Jahrzehnten steht das Gebäude – einst Bethaus, Backhaus oder auch Wohnsitz des Verwalters – allerdings leer. Und nun soll es ganz verschwinden.

Das Große Hospital, zu dem es gehört, soll von der Gardeleger Wohnungsbaugesellschaft aufwändig saniert werden. Auch ein Mieter ist schon gefunden: der Gardeleger Wasserverband. Für dessen Mitarbeiter und Kunden sollen nun Parkplätze geschaffen werden, dort, wo das Haus jetzt steht. Der Abriss ist schon beantragt. Im Stadtrat indes regte sich Widerstand (wir berichteten). Und nun protestieren auch die Mitglieder des Kultur- und Denkmalpflegevereines der Stadt: „Mit einigem Erstaunen lasen wir die Ausführungen zu einem geplanten Abriss des Fachwerkgebäudes auf dem Hof des Großen Hospitals St. Spiritus“, heißt es in einem Brief an die Volksstimme. „Es ist doch einiger- maßen verwunderlich, dass bereits der Antrag auf Abriss gestellt wurde, während einige der Stadträte offenbar noch gar nicht genügend über das Objekt informiert waren.“

 Das Haus sei schließlich Teil des denkmalgeschützten Ensembles „Großes Hospital St. Spiritus“ (zum Heiligen Geist) und damit von den ehemals fünf großen Hospitalanlagen in der Altmark die einzige noch gut erhaltene. Deshalb begrüße man im Verein auch die Bedenken, die einige Stadträte gegen den Abriss äußerten, heißt es in dem Brief weiter, denn: „Wir wollen ja nicht unterstellen, dass hier wieder einmal vollendete Tatsachen geschaffen werden sollten.“ Erstmals erwähnt wurde das Backhaus laut Informationen des Vereines übrigens bereits 1585 als „neu eingerichtet für den Oekonomus, so wurde im Mittelalter der Hofmeister genannt.

„Die Bezeichnung Backhaus, die erst seit den 90-er Jahren verwendet wird, ist deshalb etwas irreführend“, klären die Vereinsvorsitzende Anette Bernstein und ihre Mitstreiter Wally Schulz und Jürgen Bajerski auf. Das Gebäude sei zunächst der Sitz des Hofmeisters, „also des für die Bewirtschaftung des Hospitals, seiner Felder und Wälder Verantwortlichen“ gewesen.

1676 wurde es nach den Zerstörungen des 30-jährigen Krieges wieder aufgebaut. „Der im Keller noch heute befindliche große Backofen, wie auch die großen Gewölbekeller, stammten vermutlich noch aus dem Vorgängerbau.“ Mit dem Umbau des Hospitals ab 1907 wurde im Fachwerkgebäude auf dem Hof ein Betsaal eingerichtet und dort Altarbilder angebracht. Von da an wurde es Bethaus genannt, bis es 1983 ausgeräumt und zum Teil entkernt stehenblieb. „Die wertvollen Altargemälde konnten noch in letzter Minute von einem Mitglied der damaligen IG Denkmalpflege vom Müllwagen gerettet werden. Sie befinden sich jetzt restauriert in der Marienkirche.“

Nach der Wende plante schließlich die Kreisverwaltung Gardelegen eine umfassende denkmal- gerechte Sanierung des Bethauses, berichtet der Verein weiter: „Ein Architektenbüro fertigte ab 1991 notwendige Aufmaße an, Fördergeld floss.“ Leider sei das Projekt mit der Übernahme durch den Altmarkkreis Salzwedel 1994 nicht beendet worden. „Der Verein für Kultur und Denkmalpflege warb in seiner historischen Nachtwanderung mit Brotverteilung an über 400 Teilnehmer für die Weiterführung der Arbeiten. Vereinsmitglieder waren auch immer wieder bemüht, Schäden am Dach mit eingelagerten Biberschwänzen auszubessern“, erinnert sich Wally Schulz.

Einer Mitteilung des Büros für Architektur-Stadtbaugeschichte-Denkmalpflege im Internet könne man übrigens entnehmen, dass das Backhaus seit Herbst 2010 abschnittsweise aufgemessen und bauhistorisch untersucht werde: „Nun fragen wir uns: Wo sind die Aufmaße, und weshalb wird überhaupt ein Abriss beantragt? Parkplätze sind auf dem Gelände doch schon da!“ Nach vielen Nachfragen wird das Backhaus am Montag, 15. Februar, ab 19.30 Uhr Thema im Bauausschuss im Haus II, Raum Rieseberg, sein.