Firmenjubiläum 150 Jahre Blumen-Grau

Das Blumengeschäft Ulrich Grau gehört zu den traditionsreichsten Betrieben Gardelegens. Der Betrieb feierte sein 150-jähriges Bestehen.

Von Andreas Puls 03.03.2016, 20:00

Gardelegen l Die Welt der Blumen hat das gesamte Berufsleben von Ulrich Grau geprägt. Kein Wunder, denn das Gärtnern wurde ihm buchstäblich in die Wiege gelegt. Und nicht nur ihm, sondern auch schon seinen Eltern und Großeltern. Ulrich Graus Urgroßvater, Heinrich August Grau, hatte als 23-jähriger Gärtnermeister am 1. März 1866 den Betrieb als Kunst- und Handelsgärtnerei in der Straße Vor dem Salzwedeler Tor gegründet – auf dem Grundstück, wo sich noch heute das Wohnhaus und die Geschäftsräume der Familie Grau befinden. Heinrich August Grau, der aus Thüringen stammte, war es offenbar auch, der ein so starkes „Gärtner-Gen“ in sich trug, dass das Unternehmen auch in der vierten Generation weitergeführt wird – und zwar als Gärtnereibetrieb. Der 76-jährige Floristik-Meister Ulrich Grau wird die Firma noch in diesem Jahr an seinen Sohn Thomas (46) übertragen.

So romantisch sich für manchen das mit der besagten Welt der Blumen auch anhören mag. Sich als Gärtnereibetrieb zu behaupten, das ist in den gesamten 150 Jahren immer ein hartes Brot gewesen und bis heute geblieben. Der Firmengründer war allerdings bereits sehr erfolgreich und legte einen soliden materiellen Grundstock. Vor allem wegen seines Handels mit Sämereien hatte er Geschäftskontakte in zahlreiche Länder auf der ganzen Welt. „Über meinen Urgroßvater weiß ich auch, dass er in Gardelegen die Abendschule besuchte, um dort Latein zu studieren“, erzählt Ulrich Grau.

Für das Familienunternehmen gab es neben buchstäblich blühenden Zeiten allerdings auch tiefe Täler zu durchschreiten. Einen schlimmen Rückschlag mussten die beiden Söhne des Firmengründers, Wilhelm und Franz Grau, verkraften. In Folge eines Blitzeinschlages brannte im August 1938 der Gebäudekomplex der Gärtnerei aus. Doch das Haus wurde in kürzester Zeit neu aufgebaut, sodass bereits 1939 der Einzug gefeiert werden konnte. „Der Überlieferung nach wurden seinerzeit so ziemlich alle Handwerker Gardelegens gleichzeitig beschäftigt“, berichtet Ulrich Grau lächelnd gegenüber der Volksstimme.

1950 haben sich die beiden Brüder Grau geschäftlich getrennt. Ulrich Graus Großvater Wilhelm übernahm das Samengeschäft. „Meine Eltern führten bis 1961 noch ein Blumengeschäft in der Stadt. Meinem Vater wurde dann das Geschäft Vor dem Salzwedeler Tor übertragen“, erinnert sich Ulrich Grau. Er selbst begann 1954 mit einer dreijährigen Berufsausbildung zum Gärtner in Oebisfelde und schloss danach noch eine zweijährige Ausbildung zum Blumenbinder an. 1961 absolvierte Ulrich Grau ein Studium zum Floristik-Meister in Werder bei Potsdam. In diesem Beruf arbeitete er anschließend in Leipzig in verschiedenen Betrieben und sammelte dort wertvolle Berufserfahrung. Zum Beispiel habe er als junger Meister Innendekorationen aus Blumen an der Leipziger Oper und anderen bedeutenden Konzertsälen der Stadt gestaltet. 1963 heiratete Ulrich Grau seine Frau Edith und im gleichen Jahr erblickte ihr erster Sohn Olaf das Licht der Welt.

Allerdings musste Ulrich Grau seinerzeit erst einmal seinen Wehrdienst absolvieren. 1966 zog die junge Familie von Magdeburg nach Gardelegen und Ulrich wurde zunächst im elterlichen Betrieb angestellt. Im Jahr 1975 übernahm Ulrich Grau die Firma von seinen Eltern Wilhelm und Katharina. „Es war hart, zu DDR-Zeiten selbstständig einen Betrieb zu führen. Behördlicherseits wurde einem das Leben ziemlich schwer gemacht. Zum Beispiel stand man als Privatwirtschaftler immer hinten an, wenn es etwa darum ging, mit einer neuen Maschine beliefert zu werden. Zuerst wurden die staatlichen Betriebe mit den knappen technischen Gütern beliefert. Aber wir haben uns durchgekämpft“, berichtet der Floristik-Meister.

Eine Herausforderung waren für den Familienbetrieb auch die politischen Umwälzungen. So führte Ulrich Grau sein Unternehmen durch die Wendezeit und hinein in die Marktwirtschaft. „Und auch in dieser neuen Epoche zu bestehen, war und ist alles andere als leicht. Die Strukturen sind nicht mehr gut für viele kleine und mittelständische Unternehmen und gerade die Blumenbranche ist ein hart umkämpfter Markt. Es gehört schon eine Menge Idealismus dazu, heute Gärtner zu sein“, unterstreicht Grau.

Trotzdem führte und führt der Unternehmer seine Firma unbeirrt weiter. Heute bietet Blumen-Grau vor allem Floristik, Baumschulhandel, Saatgut und Zubehör sowie Innenraumgestaltung mit Zierpflanzen. Ein wichtiges Standbein war und ist die Landschaftsgestaltung. Bis zum vergangenen Jahr gehörte auch der Fleurop-Service zum Spektrum der Firma Blumen-Grau. Über 50 Orte in der Region Gardelegen wurden von dem Laden aus beliefert. Fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Ulrich Grau derzeit noch, darunter auch noch seinen Sohn Thomas. Der ältere Sohn Olaf (52) ist ebenfalls Gärtnermeister und führt heute südlich von Berlin seine eigene Firma.

Doch nicht nur der Betrieb und die Familie bestimmten das Leben von Ulrich Grau. Er bekleidete und bekleidet noch immer mehrere Ehrenämter. So war Grau seit der Wende in der Kommunalpolitik aktiv – sowohl auf städtischer, als auch auf kreislicher Ebene. Außerdem wurde der Unternehmer in die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Sachsen-Anhalt gewählt. Noch heute ist er dort im Handelsausschuss und im Regionalausschuss Altmark der IHK aktiv. Damit nicht genug. Ulrich Grau ist Gründungsmitglied des Gewerbevereins Gardelegen und engagiert sich dort bis heute. Darüber hinaus ist er Marktmeister des Gardeleger Wochenmarktes und nicht zuletzt Mitglied des Fachverbands Floristik.

Erstaunlicherweise gelang es dem Gärtnermeister stets, noch etwas Zeit für Hobbys abzuknapsen – den Sport und die Musik. Als junger Mann spielte der Gardeleger leidenschaftlich Radball. „Das tat ich, solange ich mich dafür körperlich fit genug fühlte – bis in die 70er Jahre hinein. Später trat ich dem Männerchor Gardelegen bei. Das war zumindest weniger gefährlich“, scherzt der 76-Jährige. Seit 1981 singt Grau in dem Ensemble die erste Bassstimme. Er freut sich bereits auf das Festkonzert zum 135-jährigen Bestehen des Chores am 1. Juli im Schützenhaus.

In diesem Jahr hält Ulrich Grau die Zeit für gekommen, seinen Betrieb an seinen Sohn Thomas Grau zu übertragen. Nach einer Schul- und gärtnerischen Berufsausbildung mit Abitur absolvierte der heute 46-Jährige in Werder bei Potsdam ein Meisterstudium für Garten- und Landschaftsbau. „Ich bin davon überzeugt, dass dieser Fachbereich heute fruchtbringender ist, als die Floristikbranche“, sagt Ulrich Grau. Daher blickt der Unternehmer optimistisch in die Zukunft des Familienbetriebes. Auf welche Weise das heutige Blumengeschäft dann weiter genutzt wird, diese Entscheidung überlässt Ulrich Grau dann auch allein seinem Nachfolger.

Das große Jubiläum des Familienbetriebes Grau wurde am Dienstag mit einem Empfangs im Wirtshaus gefeiert. Viele Freunde, Geschäftspartner sowie Abordnungen von Vereinen und Organisationen kamen zum Gratulieren. In die Schlange der Gratulanten reihten sich auch Bürgermeisterin Mandy Zepig und André Rummel, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Salzwedel mit ein. Die Laudatio auf das traditionsreiche Gardeleger Familienunternehmen hielt Ulrich Graus Freund, Harald Teitge. Mit seinem Gang in den Ruhestand, hofft Ulrich Grau, etwas mehr Zeit für die Familie, aber auch sein liebstes Hobby, das Singen, zu haben.