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Herstellungsbeitrag Wasserverband setzt Verfahren fort

Das Oberverwaltungsgericht erklärt Erhebung der Beiträge für zulässig. Der Wasserverband Gardelegen setzt das Verfahren fort.

Von Cornelia Ahlfeld 24.03.2016, 02:00

Gardelegen l Wasserverbandsgeschäftsführerin Katja Rötz hatte sich für die Verbandsversammlung am Montagabend zum Tagesordnungspunkt Herstellungsbeitrag II gut vorbereitet. Den Mitgliedern der Verbandsversammlung lagen detaillierte Unterlagen mit einer Auflistung vor, wer, wann und was zur Thematik Herstellungsbeitrag II (HB II) für sogenannte Altanschlüsse entschieden oder verkündet hat.

Den Anfang machte der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Kommunalabgabengesetz Brandenburg vom 12. November 2015, veröffentlicht am 17. Dezember 2015. Zwei Grundstückseigentümerinnen aus Cottbus hatten eine Verfassungsbeschwerde gegen die Kanalanschlussbeiträge auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes (KAG) des Landes Brandenburg eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht hatte zugunsten der Beschwerdeführerinnen entschieden – allerdings aufgrund von Form-, Satzungs- und Gesetzesfehlern. In Brandenburg war die Festsetzungsverjährungsfrist bereits abgelaufen, bevor eine Neufassung des KAG diese „eigentlich abgeschlossenen Vorgänge erfassen sollte“, heißt es in einer Mitteilung des Landesverwaltungsamtes vom 20. Januar dieses Jahres. Kernaussage: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Fall Brandenburg habe keine Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt. Hier sei eine rechtswirksame Beitragssatzung seit jeher Voraussetzung für die rechtskonforme Erhebung von Beiträgen.

Am 25. Januar traf ein Erlass des Innenministers Holger Stahlknecht bei den Verbänden ein. „Ein Erlass hat für mich eine Nummer und ist bindend“, stellte Katja Rötz klar. Der Erlass des Innenministers sei ein Bittschreiben gewesen, in dem die Verbände gebeten worden seien, aufgrund einer rechtlichen Prüfung das Verfahren zunächst auszusetzen und auf Zinsen zu verzichten. Die Kommunalaufsichten seien ihrerseits aufgefordert worden, das zu dulden. „Wir wurden quasi höflich gebeten, Gesetze nicht einzuhalten“, fasste Rötz zusammen.

„Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung bestätigt“, heißt es in einer Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg vom 18. Februar. Die Erhebung des Herstellungsbeitrages II sei auch im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zulässig. Die zum Brandenburgischen Kommunalabgabengesetz ergangene Entscheidung gebe keinen Anlass, von der bisherigen rechtlichen Bewertung des HB II abzuweichen.

„Das hat jedenfalls alles für viel Ärger gesorgt. Wie das weiter geht, werden wir beobachten“, sagte Rötz. Die Linke wolle wohl Verfassungsklage einreichen. Die CDU plane offenbar, einen Verfassungsrichter mit einem Gutachten zum HB II zu beauftragen. Alles das habe sie bisher nur der Presse entnommen.

„Das war Wahlkampf“, kommentierten einige Verbandsmitglieder aus dem Versammlungsrund. In der Tat, im Vorfeld der Landtagswahl hatten einige Politiker das Thema Herstellungsbeitrag II als gutes Wahlkampfthema für sich entdeckt.

Nach diversen Presseberichten, die zu erneuten Widersprüchen gegen den HB II aufgefordert hätten, seien auch beim Gardeleger Verband erneut Widersprüche eingegangen, insgesamt 36 Rückforderungen bereits gezahlter Beiträge. Diese Rückforderungen habe der Verband im Januar abgelehnt.

Weitere 67 Anträge auf Aufhebung der Bescheide zum HB II und Rückforderung von gezahlten Beiträgen seien nach einer Presseveröffentlichung von der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund vom 5. Februar im Verband eingegangen. 64 Ablehnungsbescheide seien dazu bisher vom Verband verschickt worden.

Es handele sich in diesen Fällen um ein Erstverfahren, das für die Bürger kostenlos sei. Widersprüche seien möglich. Die seien dann aber kostenpflichtig. „Und eine Aussicht auf Erfolg sehe ich nach dem jetzigen Stand nicht“, so Rötz.

Der Gardeleger Wasserverband habe seit 2010 eine wirksame Satzung für die Erhebung des HB II mit einer vierjährigen Verjährungsfrist. Der Verband hat bis zum 31. Dezember 2014 alle Bescheide verschickt. Insgesamt waren das 2753 Bescheide mit einer Gesamtbeitragsforderung von etwa 3,14 Millionen Euro.

Seit dem 16. Februar hat der Verband nach einer kurzen Unterbrechung die Bearbeitung der Widerspruchsverfahren wieder aufgenommen. Aktuell sei eine Summe von 102 706,89 Euro in der Vollstreckung.

An dieser Verbandsversammlung nahmen auch einige Mitglieder der Bürgerinitiative gegen den Herstellungsbeitrag II teil.