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Lehrlingswohnheim Wie die Kulisse eines DEFA-Films

Dort tobte zu DDR-Zeiten das Jugendleben, dann war es lange still im Haus. Marko Schmicker hat das Lehrlingswohnheim gekauft.

Von Gesine Biermann 16.04.2016, 03:00

Gardelegen l „Jahrelang bin ich daran vorbeigefahren und habe gedacht: Schade um das Ding!“ So wie ihm ging es wohl so manchem Gardeleger angesichts des einstigen Lehrlingswohnheimes von Gut Isenschnibbe.

Schmicker aber hat vor wenigen Monaten Nägel mit Köpfen gemacht und das Haus gekauft. Über einen Makler kam er an die Adresse des Eigentümers. „Ein Wessi“, sagt Schmicker. Irgendwann wurde man sich trotzdem über den Preis einig, und mittlerweile hat er sogar schon die Baugenehmigung.

Wohnungen sollen es nämlich werden. Was sonst. Und sie werden hell und freundlich sein „und alle werden einen Balkon bekommen. Mieter wollen ja heute was Vernünftiges haben“. Insgesamt zwölf Singles, Paare oder Familien sollen dort später ein neues Zuhause und jeder seine Idealwohnung finden, so plant es Schmicker, denn die Wohneinheiten sind unterschiedlich groß angelegt. Und ganz oben im Dachgeschoss sollen zwei exklusive Dachgeschosswohnungen mit umlaufender Dachterrasse entstehen, und wenn er erzählt und beschreibt, wo genau welche Wand gezogen, wo Treppen verändert und Fenster vergrößert werden sollen, dann sieht man ihm an, dass er sich auf den Ausbau freut. Keine Frage, schließlich ist er Fachmann, aber er habe sich mit dem Objekt auch einen persönlichen Traum erfüllt. So einer, an dem sein Herz jetzt schon hängt.

Eine Zielline hat er sich dennoch nicht gesetzt: „Ich will mir selbst keinen Druck machen.“ Zudem will er noch Fördermittel für die barrierefreie und energetische Sanierung beantragen. Aber draußen haben seine Leute mittlerweile schon mal ein bisschen Bau-freiheit geschaffen.

Und die erste spannende Etappe des Ausbaues hat Schmicker sowieso schon hinter sich. „Wir haben hier nämlich erstmal ausgeräumt“, erzählt er kopfschüttelnd. Offenbar hatte der letzte Nutzer das Haus einfach abgeschlossen. „Strom und Wasser abgedreht und Schluss“, vermutet er. „Es war alles noch drin, Schränke, Tische, Betten, sogar inklusive Bettzeug.“ Seine Mitarbeiter fanden Unterlagen, sogar alte Zeugnisse und Briefe. „Bärbel, ich liebe dich...“, habe er in einem gelesen, sagt Schmicker lachend. Oben auf dem Dachboden steht noch ein Bild von Breschnew. „Hier hätte man wirklich einen DEFA-Film drehen können.“

Zu spät für ostalgisches Bedauern: Mittlerweile ist alles raus und bereits entsorgt. „Meine Tochter war richtig enttäuscht. Sie hätte hier gern eine Abi-Party gefeiert“, verrät er augenzwinkernd.

Aber schließlich müssen die Bauarbeiter ja Platz haben. Denn dort soll einiges passieren. Ein Fahrstuhl soll für barrierefreien Zugang in allen Wohnungen sorgen, alles soll wärmegedämmt, Flure verkürzt, Zwischenwände eingezogen und andere wieder herausgenommen werden. Später soll kaum etwas an den alten grauen Kasten erinnern – auch wenn grau und anthrazit als dominierende Farben für die moderne Fassade vorgesehen sind.

Wo einst die Küche war, in der übrigens noch die originalen Großherde stehen und sogar die handgeschriebenen Desinfektionsanweisungen an der Wand hängen, soll mal eine schicke Souterrainwohnung entstehen. Und nicht mal dort findet man diesen typisch muffigen Geruch, der sonst in Häusern vorherrscht, die lange leerstehen. „Die Bausubstanz ist im ganzen Haus noch einwandfrei“, versichert Schmicker denn auch froh. Ein großer Vorteil und ein anderer sei natürlich die Lage. Denn das Haus liege zwar am Stadtrand, aber dennoch zentrumsnah. Nur wenige Gehminuten sind es in die Innenstadt oder zum nächsten Einkaufsmarkt. Und der Blick aus den rückseitigen Fenstern sei ohnehin unbezahlbar, denn dort liegen Gärten und nur einen Steinwurf entfernt der Bürgerpark.

Davor, also praktisch hinterm Haus, soll dann später jeder Mieter einen Carport finden, so der Bauherr. „Und eine Grillecke.“ Wohnen im Grünen also, mit Platz wie auf dem Lande, aber mittendrin in der Stadt an einer Straße mit viel Grün und schmucken Einfamilienhäuschen. „Und das ist das Schönste“, findet er, ein unschlagbarer Vorteil gegenüber den Baugebieten sonst: „Hier ist ringsherum alles schon fertig.“