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Backhaus Verein will weiter für Erhalt kämpfen

Der Gardeleger Kultur- und Denkmalpflegeverein will den Kampf für das historische Bet- und Backhaus nicht aufgeben.

Von Gesine Biermann 08.05.2016, 07:00

Gardelegen l An wenigen Themen reiben sich derzeit die Gardeleger so sehr wie an einem einzigen Gebäude: Das jahrhundertealte Bet-und Backhaus als Teil des Großen Hospitales teilt die Stadt in zwei Lager: Die einen finden es überflüssig und würden es gern abreißen, um Parkflächen zu schaffen. Die anderen wollen es für die Nachwelt erhalten. Als (Noch)Eigentümerin will die Stiftung selbst den Abriss.

Ihr größter Gegner in diesem speziellen Fall ist der Gardeleger Kultur- und Denkmalpflegeverein. Dessen Mitglieder ziehen derzeit alle Register: Die Unterschriftenliste für den Erhalt – rund 300 Autogramme – soll im Original ans Kultusministerium, je eine Kopie der Listen an die Stadt Gardelegen und die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises gehen (wir berichteten), wo irgendwann in nächster Zeit die Entscheidung pro oder kontra Abriss fallen wird.

Derzeit bekommt der Verein nun ganz unerwartet professionelle Schützenhilfe. Der Stendaler Architekt Lutz Schwarzbrunn hat selbst viele Jahre in Gardelegen gewohnt und kennt sich mit historischen Gebäuden aus. Unter anderem hat das Architekturbüro federführend die umfangreiche Sanierung des Letzlinger Schlosses begleitet. Der Mann weiß also, wovon er spricht. Und beim Thema Backhaus ist er entsetzt: „Es ist doch einfach absurd, ein solches Haus für drei Parkplätze abzureißen“, macht er im Gespräch mit der Volksstimme klar. „Da existieren eine solche Stiftung und die Gebäude noch nach 500 Jahren, aber statt froh zu sein, dass diese einmalige Geschichte wahrgenommener sozialer Verantwortung die Zeit der gnadenlosen Abrisse in den 1950er , 1960er und späteren Jahren überlebt hat, will man das Ding einfach wegnehmen?“ Ein solcher Gedanke sei provinziell und kurzatmig. „Das Backhaus ist doch kein Ballast, sondern ein wertvolles Erbe, kein Hindernis, sondern Chance und Besonderheit.“

Auch bei genauem Hinsehen könne er zudem keinen vernünftigen Grund für einen Abriss erkennen, sagt Schwarzbrunn (siehe Infokasten). Zudem zweifelt der Stendaler Architekt an, dass überhaupt intensiv nach Nutzungsideen gesucht wurde. Die Ideensuche des Stiftungsrates könne er wegen der zeitlichen Beschränkung nicht ernst nehmen, sagt Schwarzbrunn. „Wer eine so kurze Frist setzt und finanzierbare Projekte haben will, ist entweder zu wenig informiert, oder aber er ist längst fertig mit seiner Entscheidung!“ Und weiter: „Einlagerung oder Umsetzung sind völliger Blödsinn. Das Ganze ist wertvoller als alle Einzelteile zusammen. Und das Haus behält seine Besonderheit auch nur vollständig am Ort im Kontext mit dem Hospital.“ Berufskollegen, mit denen Schwarzbrunn das Thema besprochen hat, hätten noch ganz andere Zweifel: Offenbar sei dem neuen Mieter schon eine Zusage gemacht worden, bevor der Abrissantrag gestellt worden sei, habe ein Branchenexperte geäußert. „Solche Zweifel kann man nur ausräumen, wenn man die Verträge offenlegt.“

Die Verträge sind allerdings nicht einsehbar. Stiftungsrats–chefin Mandy Zepig verweist bei der Anfrage der Volksstimme auf das Vertragsgeheimnis. Inhalt und Fristen des Vertrages seien nichts für die Öffentlichkeit. Ganz öffentlich indes wurde das Backhaus Anfang der 1990-er Jahre nicht unerheblich gefördert. Mehrere hunderttausend Mark flossen damals in die Sanierung. Damals hatte der Altkreis Gardelegen große Pläne für das Haus. Und offenbar sah man sich damals auch in der Verantwortung für die Gebäudesicherung.

Dann kam die Kreisreform, mit der Gardelegen den Status als Kreisstadt verlor – alles blieb liegen. „Das Steuergeld von damals haben wir aber alle bezahlt“, erinnert Schwarzbrunn. Mit einem Abriss wäre es verschwendet. „Man lacht immer über Straßen und Brücken, die ins Nichts führen. Das wäre hier genau dasselbe.“ Die größten Befürchtungen für das Gebäude bestünden aber wohl, „wenn die Suche nach Lösungen nicht ergebnisoffen bleibt, der Vorgang zu einer Machtfrage wird, oder jemand meint, ein Versprechen einhalten zu müssen“, sagt Lutz Schwarzbrunn.

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