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SPD-Kandidatin Ortsverein verweigert Kermer Unterstützung

Die Gardeleger SPD unterstützt die Bundestagsabgeordnete Marina Kermer nicht bei ihrer erneuten Kandidatur als Direktkandidatin.

Von Anke Kohl 19.09.2016, 03:00

Gardelegen l Sie kam mit einem Fässchen Bier und ging praktisch mit leeren Händen. Der Gardeleger Ortsverein der Sozialdemokraten versagte seiner Bundestagsabgeordneten Marina Kermer die Unterstützung für die anstehende Nominierung zur Direktkandidatin.

Die Mitglieder schlugen bei ihrer Versammlung am Freitagabend keinen Direktkandidaten für ihren Wahlkreis vor. Heißt: Sie unterstützen die derzeitige Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises 66, Marina Kermer, nicht. Der stellvertretende Vorsitzende des Ortsvereins und Versammlungsleiter, Oliver Stegert, stellte fest, dass der Ortsverein Gardelegen namentlich keinen Direktkandidaten empfehlen könne. Von 31 Mitgliedern waren 12 stimmberechtigte anwesend. Das Votum fiel einstimmig aus.

Anders beim Stendaler Kreisverband. Dessen Mitglieder hatten sich in der vergangenen Woche deutlich für eine erneute Kandidatur Kermers im kommenden Bundestagswahlkampf ausgesprochen. Gleiches gilt für den Salzwedeler Kreisverband, der Marina Kermer bei der gemeinsamen Delegiertenkonferenz im Oktober in Bismark als Direktkandidatin empfehlen wird.

Der Klötzer Ortsverein der SPD hat ebenso wie der Gardeleger Ortsverein aus seinen Reihen keine Empfehlung für einen Direktkandidaten abgegeben, teilte der Landtagsabgeordnete der SPD und Lockstedter, Jürgen Barth, auf Nachfrage mit.

Dem Tagesordnungspunkt zum Vorschlag eines Direktkandidaten für den altmärkischen Wahlkreis, der aus Sicht von Marina Kermer negativ ausgegangen war, folgte ihre persönliche Bilanz der vergangenen vier Jahre im Bundestag.

Sie sei direkt aus der Wirtschaft und ohne Parteibuch in die Politik gekommen, nachdem der damalige Bundestagsabgeordnete Marko Mühlstein sie ins Boot geholt habe. „Nicht nur meckern, sondern was machen“, habe sie sich zu dem Zeitpunkt gedacht. Zumal sie zuvor auch gewerkschaftlich aktiv gewesen sei. Ihr sei sehr bewusst, dass es nicht ihr Verdienst gewesen sei, das Bundestagsmandat erworben zu haben. Vielmehr sei sie über die Liste „reingerutscht“, gab Marina Kermer zu. „In 1000 Fettnäpfe“ sei sie als „Neue in der Politik“ getreten. Und es habe „einen sehr ungünstigen Start“ gegeben. Welch enorme Anzahl an Terminen sie in welchem Zeitraum zu absolvieren hatte und dass es dabei häufig zu Überschneidungen und so zwangsläufig zu Terminabsagen gekommen sei, listete Kermer auf. Alles in allem machte es ein wenig den Anschein einer Rechtfertigung.

Erst recht, zumal die Mitglieder des Ortsvereins ihrer Entscheidung gegen die Empfehlung von Marina Kermer als Direktkandidatin anschließend begründeten. Mandy Zepig ergriff als erstes Mitglied das Wort. Die Zusammenarbeit der Abgeordneten mit den Parteimitgliedern ihres Wahlkreises habe ihr gefehlt. Dass dies in den letzten Wochen zwar stattgefunden habe, sei aber einfach zu spät gewesen.

Dass Kermer viele Termine zu besetzen hatte, das können sie verstehen und akzeptieren, sagte Zepig. „Aber es waren eben keine Termine hier bei uns. Die Nähe zum Ortsverein fehlte uns. Es gab Defizite, und deshalb unterstützen wir Dich nicht direkt.“

Als „symptomatisch“ bezeichnete Ortsvereinsmitglied Petra Müller die Situation am Freitagabend. Nun, da es auf die Delegiertenkonferenz der SPD zugehe, säßen lokale Akteure und Bundestagsabgeordnete an einem Tisch. Und es sei keineswegs so gewesen, dass der Gardeleger Ortsverein Kermer nicht unterstützt habe. Auch wenn sie es so empfunden habe. „Wir haben nicht gesagt: „Lass die mal machen“, widersprach Müller einem zuvor von Kermer gesagten Satz. „Für mich persönlich ist der Zeitpunkt, dass Du zu uns kommst, zu spät, um Dir ein Legat zu geben“, schloss Petra Müller.

„Kandidaturen sind keine Erbhöfe. Sie müssen erarbeitet werden“, betonte Hans-Joachim Becker. Dem Ortsverein gehe es um die Chemie innerhalb, und „die ist noch nicht ausgewogen.“ Vielmehr solle das Votum der Gardeleger Sozialdemokraten ein Ansporn für die Kandidatin sein, ihre Arbeit noch besser zu erledigen.