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Baudenkmäler Gardeleger Wüstungen und Kirchen

Alte Kirchen, Gehöfte, Kunstschätze: Auf eine Reise ins Jahr 1897 lädt ein Buch über Bau- und Kunstdenkmäler im Kreis Gardelegen ein.

Von Petra Hartmann 10.08.2018, 03:00

Gardelegen l Über Baudenkmäler im Kreis Gardelegen informiert ein neues beziehungsweise sehr altes Buch, das ab jetzt wieder zu haben ist: Die Beschreibung historischer Bauten erschien erstmals im Jahr 1897. Jetzt hat der Rockstuhl-Verlag das gehaltreiche Buch erneut aufgelegt.

Das 20. „Heft“ der Reihe „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunst-Denkmäler der Provinz Sachsen“, widmet sich dem ehemaligen Kreis Gardelegen. Verfasst wurde es von dem Pastor Adolf Parisius (1850 bis 1929), dem Oberlehrer Adolf Brinkmann (1854 bis 1923) und dem pensionierten Bauinspektor Gustav Sommer (1812 bis 1900). Das Buch erschien als 20. Teil einer 33 Bände umfassenden Reihe, die sich zum Ziel gesetzt hatte die Provinz Sachsen und die angrenzenden Gebiete näher zu beleuchten. Herausgegeben wurde es von der Historischen Commission der Provinz Sachsen. Die Autoren bereisten im Vorfeld, vor allem in den Jahren 1896 und 1897 alle Ortschaften des Kreises. Unterstützte wurden sie damals vor Ort hauptsächlich von Lehrern und Pfarrern.

Im Vorwort geben die Verfasser über ihre Arbeitsweise und die Entstehung des Buches Rechenschaft. Auch eine gewisse Uneinheitlichkeit räumen sie dabei ein: „Die längst im Manuskript fertige Arbeit musste, um den seit mehreren Jahren geänderten Grundsätzen bei der Darstellung der Kunstdenkmäler der Provinz zu genügen, zum größten Teil umgearbeitet werden“, heißt es in dem Vorwort vom Juli 1897. „Weniger wichtige Artikel, so die der meisten Dörfer, sollten aber unverändert gelassen werden, so dass die Behandlung nicht überall die gleiche ist. Für den geschichtlichen Teil gilt dies jedoch nicht.“

Die Autoren geben zunächst eine historische Einleitung, erzählen von den Bodenschätzen, der Landwirtschaft und ersten Industriezweigen, von den alten Slawen und der Einführung des Christentums. Einen großen Teil macht auch die Darstellung der Wüstungen aus, und dem Buch ist sogar eine „Baugeschichtliche und Wüstungskarte“ beigelegt.

Die Dörfer und Städte sind in alphabetischer Reihenfolge dargestellt. Von Ackendorf bis Ziepel erfährt man viel Wissenswertes über die Orte und ihre Sehenswürdigkeiten, über ehemalige Namensschreibweisen und Lehns-Zugehörigkeiten. Etwa, dass Kassieck - im Buch als „Cassieck“ geführt, im Jahr 1278 als Ketsik oder Ketcyk bezeichnet wurde und bis 1551 mehr als zehn weitere Namensvarianten aufwies.

Die Dannefelder Bauerfahne aus der Zeit des großen Kurfürsten und des Einfalls der Schweden wird ebenso vorgestellt wie die Dorfkirche in Yptz (heute Ipse). Der Leser findet eine Liste der Pröpste, Äbtissinnen und Priorinnen in Kloster Neuendorf sowie zahlreiche Wiedergaben alter Inschriften.

Sehr umfangreich fällt das Kapitel über die Baudenkmäler des alten Gardelegen aus. Beispielsweise über die alte Nikolaikirche, die „eigentliche Hauptkirche der Stadt“ findet man viele Informationen, Zeichnungen und Bauskizzen. „Die Nikolaikirche ist ein weit regelmässigeres Gebäude als die Marienkirche und zeigt auch elegantere Verhältnisse“, loben die Verfasser. „Die Kirche macht, von aussen gesehen (...) einen einheitlichen und harmonischen Eindruck; vom Chorraum an steigt der Bau staffelförmig immer höher, bis er schliesslich in der alles überragenden Turmspitze gipfelt.“

Allerdings haben die Verfasser des Buches auch einen sehr scharfen Blick für Uneinheitlichkeiten des Kirchenbaus: „Ein einheitlicher Bau würde den Chorraum wenigstens in gleicher Breite zeigen wie das Mittelschiff des Langhauses. Der Aufbau macht es uns zur Gewissheit, dass wir es mit einer Reihe von Teilen zu tun haben, die in verschiedenen Zeitperioden errichtet sind. Der Turm (...) ist ohne weiteres als ein romanischer zu erkennen, das beweisen seine Rundbogenfenster, die ausnahmslos sich finden. Ja, der Turm selbst ist in zwei Perioden entstanden; der untere Teil (...) hat in mässiger Höhe vier jetzt vermauerte, rundbogige Fenster im Westen wie im Osten; diese bildeten die einzigen Schallöffnungen des Turmes, dessen Dach unmittelbar darüber aufsetzte.“

Das Buch ist etwas altertümlich geschrieben, doch wer sich auf den Sprachstil einlässt, wird durch die Entdeckungen, die hier zu machen sind, reich belohnt. Interessant ist sicher für Heimatkundler und Ausflügler, bestimmte Orte mit diesem Reiseführer anzusteuern und die Beschreibungen mit dem Ist-Zustand zu vergleichen. Eine Lektüre, die für Neubürger und Alteingesessene gleichermaßen Neuigkeiten und Wissenswertes zu bieten hat.