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Bauwerk Geheimnisse der Kleinen Bastion

Die Kleine Bastion des Salzwedeler Tores in Gardelegen hat so einige Besonderheiten zu bieten. Jürgen Bajerski erläutert diese.

Von Doreen Schulze 16.09.2019, 22:00

Gardelegen l Die Restaurierung der Kleinen Bastion des Salzwedeler Tores ist seit kurzem abgeschlossen. Seit Juni war eine Fachfirma vor Ort, um herausgebrochene beziehungsweise beschädigte Steine zu ersetzen. Diese neuen Steine wurden nach historischem Vorbild in Glindow bei Brandenburg gebrannt. Auch die entstandenen Risse wurden beseitigt. Die Kuppel der Bastion wird derzeit mit einem Bleimantel überzogen. So soll das Mauerwerk davor geschützt werden, dass über das Dach Feuchtigkeit eindringt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 130.000 Euro. Diese Summe wird zu 100 Prozent aus dem Stadtumbau Ost, Aufwertung Sicherungsmaßnahmen an historischen Gebäuden, gefördert.

Jürgen Bajerski begleitete als Bodendenkmalpfleger diese Maßnahme. Der Laatzker kann von einigen Besonderheiten dieser Bastion berichten. So etwa von einer verschließbaren Schießscharte, von einem Gang zu einer weiteren Bastion und von Einschussspuren im Mauerwerk.

Das Salzwedeler Tor wurde im 16. Jahrhundert etwa 50 Meter vor dem eigentlichen Stadttor als mächtige Kanonenbastion errichtet. Allerdings noch ohne der Kleinen Bastion. Sie wurde erst nachträglich angefügt. So entstand 1563 eine Bastion am Kanonenberg. Der westliche Wallabschnitt wurde zusätzlich verstärkt. 1564 entstand dann die Kleine Bastion, elf Meter hoch und zehn Meter breit. „Unter dem jetzigen Bodenniveau der Bastion verbergen sich noch ein Meter Mauerwerk“, so Bajerski. 1994 war bei Erdarbeiten der zur Bastion gehörende leicht hervortretende Sockel gut zu erkennen, schilderte er.

Von der Kleinen Bastion führte entlang der Wallaufschüttung eine 100 Meter lange und etwa ein Meter starke Mauer mit Schießscharten zur Bastion zum Kanonenberg. Die Mauer war etwa zwei Meter hoch. Hinter ihr verlief eine Kasematte. „Noch heute kann man in der kleinen Bastion den zugemauerten Eingang zur Kasematte mit den dazu gehörigen Türangeln sehen. Die Kasematte existiert nicht mehr. Doch immer wieder hört man das Gerücht vom einstigen unterirdischen Gang zur Isenschnibbe, das vielleicht von diesem zugemauerten Eingang abgeleitet und genährt wurde“, vermutete Bajerski. Da der Eingang dieses Ganges in Richtung Norden, und damit auch in Richtung Isenschnibbe führt, sei nachvollziehbar, dass diese Geschichten vom geheimen Gang zur Isenschnibbe erzählt wurden.

Eine weitere Besonderheit ist eine große Schießscharte an der Toreinfahrt. An der engsten Stelle dieser Schießscharte befand sich einst ein aufrecht stehender, drehbarer Holzzylinder mit Schlitz. „Dieser Schlitz diente zur Aufnahme des Büchsenlaufes. Durch eine 45-Grad-Drehung des Zylinders konnte die Scharte leicht verschlossen werden. Die obere Lagerung für diesen Verschluss ist noch vorhanden. Weitere Beispiele für solche Verschlüsse, wie sie sich an der Torauffahrt vom Stendaler und Salzwedeler Tor befanden, sind mir aus dem Gebiet der Bundesrepublik nicht bekannt“, so Bajerski.

Erneuert werden musste die Kleine Bastion, weil eine Zwischendecke einst herausgenommen wurde. Daher kam das obere Mauerwerk ins Rutschen. Wo sich diese Decke einst befand, ist noch anhand der Balkenlöcher gut zu erkennen. „Diese Gefechtsebene besaß offensichtlich einen Zugang zum Gewölbe über der Auffahrt. Alle Schießscharten sind mit Auflegeholz und großen Pulverdampfabzügen für den Einsatz von Hakenbüchsen ausgelegt“, berichtete Bajerski. Die Schießscharten der darüber liegenden dritten Gefechtsebene seien dagegen nur vorgetäuscht und enden im Gewölbe, fügte er an.

Geschossen wurde aus der Bastion wohl aber ungern, wie Bajerski vermutete. Es wird dann jeweils zu einer starken Pulverdampfentwicklung gekommen sein. Wie der Bodendenkmalpfleger berichtete, sollen beispielsweise im Juni 1637 die Kanoniere des schwedischen Obristen Ruchow lieber von der Wallkrone auf die kaiserlichen Stellungen an der Kapelle St. Georg geschossen haben. Dort hatten sich die Kanoniere des Oberst Krachten verschanzt und feuerten mit ihren Geschützen auf das Salzwedeler Tor. Dem Bevollmächtigten des Landesherren Hempo von der Knesebeck gelang es, die Schweden zum Auszug aus der Stadt zu bewegen. An den Beschuss der Kaiserlichen in jenem Jahr erinnert noch heute an der Kleinen Bastion ein Geschosseinschlag. In fünf Metern Höhe ist dieser Einschlag noch gut zu erkennen.

Die oberste Plattform der Bastion konnte vor mehreren Jahrzehnten noch über eine vorhandene Wallaufschüttung, die sich hinter der Kleinen Bastion befand, erreicht werden. Sie führte auf den oberen Umgang der Bastion. In Jugendtagen konnte Bajerski von dort aus noch durch die Schlüsselscharten blicken. Dann „fiel es mir leicht, mich in andere Jahrhunderte zurück zu versetzen. Es ist gut, dass das Salzwedeler Tor für nachfolgende Generationen gesichert wurde. Diese Bastion sollte aber auch für die jetzige Generation zumindest zu bestimmten Anlässen auch zugänglich und erlebbar werden“, so Bajerskis Wunsch.