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Bestattung Wo die toten Tiere ruhen

Ein ordentliches Begräbnis muss nicht nur Menschen vergönnt sein, wie der Tierfriedhof in Gardelegen zeigt.

29.06.2020, 17:00

Gardelegen l Wer die Isenschnibber Chaussee entlangfährt und die Ausfahrt zum Gardeleger Friedhof ignoriert, landet etwa einen Kilometer weiter an der nächsten Grabstätte. Ihre Fläche ist weitaus kleiner, ebenso die Gräber – wenn sie überhaupt markiert sind, denn hier werden nur Tiere begraben.

Normalerweise heißt es: Das eigene Tier kommt auf‘s eigene Grundstück. Das gilt auch für die Betreiber des Tierfriedhofes, Christina und Hildbert Leue, deren Hund „Sultan“ hier liegt. Doch gerade in der Stadt haben längst nicht alle eigenen Grund und Boden, wollen aber trotzdem eine Möglichkeit, verstorbene Lieblinge zu besuchen.

Die Inspiration kam Hildbert Leue, als er als selbstständiger Metallbauer in Hamburg war. Dort wurde das Konzept schon riesengroß (und mehrfach) umgesetzt, und er nahm sich vor, so etwas in Gardelegen selbst aufzubauen. Seine Frau, die gerade arbeitslos geworden war, unterstützte ihn damals dabei, der Friedhof steht seit 2009.

Das Grundstück in Gardelegen ist der einzige Tierfriedhof im Altmarkkreis, die nächsten gibt es erst in Magdeburg, nördlich von Osterburg (da auch nur für Hunde) oder im niedersächsischen Vorsfelde. Trotzdem haben auch schon niedersächsische Kunden die Dienste in Anspruch genommen, womit sich das Einzugsgebiet der beiden erweiterte.

Ein möglicher Grund, dass zwischen zwei Tierfriedhöfen meist mindestens eine größere Stadt liegt: Sie sind nicht sehr profitabel. Hildbert Leue nennt das Projekt „gerade so kostendeckend“, und sieht es eher als Hobby, sowie einen Dienst für die Leute: „Wir tun auch was Gutes.“

Mit den Tieren wird auf verschiedene Weise verfahren, auch ganz ohne Grabstätte: Eine Möglichkeit ist, den verstorbenen Liebling einfach zur Vermittlung an ein Krematorium abzugeben. Für die Bleibe auf dem Friedhof wird am häufigsten die anonyme Beerdigung gewählt. Dafür steht ein bestimmtes Stück Wiese zur Verfügung – wer dort begraben ist, wird auf Plaketten davor festgehalten.

Auch ein aufwändiges Grab auf einer dafür gepachteten Fläche ist möglich, inklusive Grabstein und Dekoration, die die Tierbesitzer für gewöhnlich selbst pflegen. Bei der Beerdigung sind diese übrigens nicht immer zugegen, sagt Leue. Wenn sie dabei sind, trauern sie ganz unterschiedlich: Manche kommen in Schwarz gekleidet und bringen Blumen mit, anderen reicht die Arbeitskleidung.

Manchmal gibt es auch kleine Rituale mit kurzen Reden, die Leue hält. „Es geht alles nach Wunsch“, versichert er.

Ungefähr 120 Tiere wurden hier beerdigt oder über den Friedhof zu den Krematorien gebracht. Meist sind es Hunde, Katzen oder einige kleinere Tiere, aber nichts Exotisches. Beerdigt werden Tiere mit einem Gewicht von bis zu etwa 50 Kilo, auch wenn schon Leute wegen eines Pferdes angefragt hätten. Das sprenge allerdings den Rahmen der Tiere, die sie dort beerdigen dürfen. Ob dies mit einer Extra-Erlaubnis erlaubt wäre, könne Leue nicht sagen: „Da glaub‘ ich nicht, dass es so etwas gibt.“

Dei Anlage ist gepflegt und die Tür stets unverschlossen – auch, damit die Tierbesitzer jederzeit ihre Gräber pflegen können. Andere Besucher, wie Touristen, kommen nicht vorbei, sagt Leue – jedenfalls nicht, wenn er vor Ort ist. Dafür sei aber kürzlich ein Fernsehteam vom MDR hier gewesen – Anlass war die illegale Kofferbeerdigung eines Hundes bei Gardelegen (Volksstimme berichtete).

Trotz stets offener Tür gab es laut Leue bisher nur einen Fall von Vandalismus – 2010, kurz nach Eröffnung des Tierfriedhofes, gab es einen Vorfall, der sich nicht wiederholte.