1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Erspartes ist wohl für immer weg

Betrug Erspartes ist wohl für immer weg

Ein Paar bei Gardelegen wurde Opfer eines Anlagebetruges. 20 000 Euro sollten in Silber angelegt werden, das sie nie bekamen.

Von Leonie Dreier 01.07.2020, 20:00

Gardelegen l Die Spur führt von einer Stadt an der Aller nach Berlin, in die Schweiz bis hin nach Dubai und Liechtenstein. Es geht um Anlagebetrug in großem Stil. Denn am Ende bleiben Betroffenen oftmals nicht mehr als wertlose Unterlagen und Dokumente und verlorene Geldsummen. So erging es auch einem Ehepaar (Name der Red. bekannt) aus dem Raum Gardelegen, das seinen Fall der Volksstimme-Redaktion schilderte – vor allem, um andere Anleger zu warnen.

Das Ehepaar wollte vor neun Jahren Geld anlegen. Silber sollte es sein. 20 000 Euro Gespartes wollte das Paar so sicher deponieren. Das Ganze sollte über eine Firma, die mit Edelmetallen handelt, laufen. „Der Besitzer war ein Bekannter“, der in der Allerstadt zu Hause war, erzählte der Mann. Die 20 000 Euro wurden an einen Rechtsanwalt in Berlin überwiesen, der auch eine Quittung über den Zahlungseingang zurückgesendet hatte.

Vor rund zwei Jahren wollte das Paar den Vertrag kündigen und sich den tagesaktuellen Preis des Silbers auszahlen lassen. Bis sich die Firma äußerte, dauerte es mehrere Monate. Dann wurde mitgeteilt, dass eine sechsmonatige Kündigungsfrist bestehe. Nach Ablauf würden sie dann aus dem Vertrag entlassen. Das Geld aber hätten sie bis heute nicht erhalten. Das Ehepaar hatte genug. Sie erstatteten bei der Polizei Anzeige gegen den Geschäftsführer aus der Allerstadt.

Ein Sprecher des Polizeirevieres Altmarkkreis Salzwedel bestätigte den Eingang der Anzeige gegen den Mann. Die sei aber an die Staatsanwaltschaft des Amtsgerichts Stendal weitergegeben worden.

Staatsanwalt und Landgerichtssprecher Thomas Kramer gab gegenüber der Volksstimme an, dass die Akte jetzt bei der Staatsanwaltschaft in Berlin liege, da diese zuständig für den Fall sei.

Mehrere Volksstimme-Anfragen bei der Berliner Staatsanwaltschaft blieben bis dato unbeantwortet.

Bei den weiteren Volksstimme-Recherchen konnte der Berliner Rechtsanwalt, an den das Paar vor neun Jahren die 20 000 Euro überwiesen hatte, ausfindig gemacht werden. Der wiederum zeigte sich sehr offen und gab an, dass er seit 2014 nicht mehr in Verbindung mit der Firma stehe und auch keine Unterlagen der Firma mehr besäße.

Die hätte die Steuerfahndung vor fünf Jahren aus seinem Büro beschlagnahmt, weil gegen den Chef der Firma ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung laufen würde. Der Chef allerdings habe als Hauptsitz seiner Firma eine Adresse in Dubai angegeben. Die Firma sei nicht in Deutschland gemeldet, wusste der Berliner Rechtsanwalt.

Er konnte sich an den Fall des Ehepaares erinnern und bestätigte, dass er Geld für die Firma angenommen und die Summe in bar bei einem Edelmetallverkaufsgeschäft in Berlin abgegeben habe. Nach diesem Vorgang soll der Firmenchef aus der Allerstadt das Edelmetall abgeholt und in die Schweiz gebracht haben.

Der Anwalt gab an, dass er so im Auftrag von 20 bis 30 Kunden vorgegangen sei. Seines Wissens nach sei die betreffende Firma mittlerweile aufgelöst. Der Chef habe eine Treuhandgesellschaft in Liechtenstein gegründet. „Er soll wohl auch untergetaucht sein“, so der Anwalt.

Auch für das Gardelegener Ehepaar ist der Chef und einstige Bekannte nicht zu erreichen. „Ans Telefon geht keiner ran, und an der Haustür öffnet niemand“, berichtet der Mann.

Die Volksstimme versuchte ebenfalls mehrfach unter verschiedenen Telefonnummern, den Mann aus der Allerstadt zu erreichen. Erfolglos. Allerdings brachten die Recherchen zu Tage, dass er nun eine neue Firma in Berlin mit Sportbekleidung gegründet habe. Aber auch unter der angegeben Nummer dieser Firma war niemand zu erreichen.

Alles in allem sieht die Situation für das Ehepaar nicht gut aus. „Die Polizei hat uns auch wenig Hoffnung gemacht, dass wir unser Geld zurück bekommen“, sagte der Mann. Allerdings hätte schon ein genauer Blick in den Vertrag stutzig machen müssen.

Dieser liegt der Volksstimme vor und wurde auch einem unabhängigen Anwalt zur Sichtung gegeben. „Der Vertrag ist sehr dubios und weist nicht die typischen verkaufsvertraglichen Merkmale auf“, fasste der Anwalt zusammen. Auch habe man versucht, das Widerrufsrecht auszuhebeln, was gesetzlich nicht möglich sei. „Hätte das Ehepaar den Vertrag vor Unterschrift prüfen lassen, hätte es nicht unterschrieben.“ Davon ist der Anwalt überzeugt.

Dass es einen großen Fehler begangen hat, weiß das Paar heute auch. „Wir wollen nur, dass auch andere Leute, die bei der Firma Geld angelegt haben, gewarnt werden (die Volksstimme würde den Kontakt vermitteln). Wir sind auch bereit, mit ihnen zu sprechen“, versicherten beide, deren lang erspartes Geld vermutlich für immer weg sein wird.