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Blumenstrauß Ein Heimatforscher mit Wanderstab

Vereinschef, Organisator, Chronist, AG-Leiter, Sänger - Karl-Ulrich Kleemann aus Letzlingen bekommt den Blumenstrauß des Monats Juni.

Von Gesine Biermann 11.06.2016, 03:00

Letzlingen l Als er die Tür öffnet, hat er gerade noch das Telefon am Ohr. Es geht um die nächste Wanderung, die mal wieder durch das Gefechtsübungsgebiet führen soll. Da muss zuvor noch einiges besprochen werden. Seit Jahren hat Karl-Ulrich Kleemann einen guten Draht zur Chefetage der Altmarkkaserne. Eine Tatsache, die auch dem Heimatverein zugute kommt. Denn was nützt die schönste Heidelandschaft, wenn sie im Militärgebiet liegt. Dank Kleemanns guten Beziehungen gehen jedoch regelmäßig die Schlagbäume hoch. Er organisiert das mal eben – wie vieles andere auch. Heimat hat in Letzlingen einen zweiten Namen, und zwar seinen. Kleemann ist nämlich nicht nur seit Gründung 1990 Vorsitzender des Heimatvereines, er ist auch Vorstand und Gründungsmitglied des Fördervereines Schlosskirche, leitet die AG Junge Heimatforscher, ist Schlossführer, Chronist und singt im Männergesangverein im zweiten Bass. Heimat bedeutet für ihn, auch selbst was zu tun. Und was er tut, tut er mit Liebe und Leidenschaft.

Dabei ist er eigentlich gar kein gebürtiger Altmärker. Dr. Kleemann stammt aus Cobbelsdorf, nahe Coswig. Erst nach seinem Medizinstudium verschlug es den jungen Arzt nach Gardelegen. Kein großer Traum für ihn und seine junge Frau, ebenfalls Ärztin. Da beide einen Teil ihres Studiums in Rumänien absolvierten, wurden sie später geprüft. „Da waren die besten Plätze eben weg“, sagt Kleemann. Gut für die Altmärker war es allemal, denn so bekam Letzlingen eine Landärztin, das Gardeleger Krankenhaus einen Chirurgen und ärztlichen Direktor. Und dass Letzlingen mittlerweile Kleemanns Heimat geworden ist, kann im Dorf niemand bestreiten. Hinter jeder Wanderung, jeder Aktion des Heimatvereines steckt er. Ohne ihn wüsste sicher so mancher noch nicht, wie es bei den berühmten Kaiserjagden einst im Letzlinger Jagdschloss zuging.

Einmal im Jahr schlüpfen Kleemann und seine Mitstreiter vom Heimatverein in die – aus alten DDR-Uniformen zusammengestellte – kaiserliche Jagdgarderobe. Kleemann verwandelt sich dabei allerdings „nur“ in den Hofmarschall. Vereinsmitglied Steffen Dembrowski hat nämlich zum einen den kaiserlicheren Bart, zum anderen muss Kleemann so weniger repräsentieren und kann mehr organisieren. Denn das ist sein Metier.

Genau so wie die Geschichte. Das Schloss, die Kaiserzeit, sie haben es ihm angetan. Anfang der 1980-er Jahre war er aber auch eher zufällig darauf gestoßen. Im Letzlinger Schloss gab es damals eine Außenstelle des Krankenhauses. Als ärztlicher Leiter hatte er dort auch zu tun. „Irgendwann fiel mir dann mal eine Originalurkunde des Jagdschlosses in die Hand“, erinnert er sich. In Archiven und Büchern findet er schließlich so viel über das Schloss heraus, dass er 1986, zum 425. Jubiläum, einen Flyer präsentieren kann.

Mittlerweile hat Kleemann Vorträge und Abhandlungen über das Schloss geschrieben, ebenso über die Colbitz-Letzlinger Heide oder die leergezogene Ortschaft Salchau. So manchen Abend, so manche Lesung hat er damit zu einem spannenden Erlebnis gemacht. Im vergangenen Jahr hatte er schließlich „seine“ Ortschronik fertiggestellt und sich um deren Druck gekümmert.

Fragt man ihn, wie er all das macht, winkt er ab: „Ich mach das ja nicht alles selbst“, sagt er, „es helfen so viele andere mit!“, und dann, auf seine eigene direkte Art: „Einer alleine ist doch nüscht.“ Trotzdem, versichert er, freue er sich über den Blumenstrauß der Volksstimme: „Den kriegt meine Frau. Ohne sie würde ich wohl schon mal den einen oder anderen Termin verpassen.“