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Brauchtum Bärenstimmung auf 14 Höfen

Fort mit Eis und Schnee: Mit der traditionellen Bärenleite hat der Lindstedter Männergesangverein den Winter vertrieben.

Von Petra Hartmann 11.02.2018, 22:00

Lindstedt l Bär und Kamel, Wikinger, Teufel und ein rosa Elefant, dazu viele würdige Herren im schwarzen Frack und mit Zylinder: Wenn der Männergesangverein Lindstedt den Winter austreiben will, dann macht er das gründlich und mit vielen kostümierten Helfern – und mit sehr viel Hochprozentigem.

Zur Bärenleite waren die Sänger am Sonnabend aufgebrochen. Sie zogen von Hof zu Hof, brachten den Hausherren ein Ständchen und wurden dafür nach alter Tradition bewirtet. Bärenfüher und Raubtierbändiger Erhard Wischeropp ist bereits das zweite Mal in dieser Rolle mit dabei. Und er musste schon sehr gut aufpassem, um den Petz in Zaum zu halten, der sich mit Lippenstift bewehrt auf die zahlreichen Zuschauer stürzte und ihre Gesichter mit roten Herzen verzierte.

Stephan Mertens, der in dem Bärenfell steckte, hatte sich beim ersten Halt schon mit Kaffee aufgeputscht - „Nee, das ist doch Glühwein!“ – und hatte sicherheitshalber auch an Thermonterwäsche gedacht für den langen Marsch durch die Dörfer. Er ist ebenfalls zum zweiten Mal in dieser Rolle unterwegs, hat also bereits Erfahrung mit dem Winterwetter.

Wie der Bär für den auszutreibenden Winter, so stand das mitgeführte Kamel für die warme Jahreszeit. Diesmal steckten Paul-Jan Lemke und Justin Schramm in dem Kostüm, gerecht abwechselnd vorn und hinten, und ließen sich von ihrem Kameltreiber Heiko Rudolf über die Höfe führen.

„Die Bärenleite ist eine uralte Tradition“, erzählt Arno Otte, der bereits seit 1952 mit dabei ist. Wahrscheinlich habe es den alten Brauch schon im 19. Jahrhundert gegeben, ganz sicher aber sei er in Lindstedt für die Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg belegt.

Damals, als er in den Verein eingetreten war, hatte er auch den Bären oder das Kamel spielen dürfen. „Wir waren damals die Jüngsten, darum mussten wir das machen“, erzählt er. Das hatte durchaus angenehme Seiten: „Als Bär hatte man die Gelegenheit, die jungen Mädchen mal abzuknutschen. Und als Kamel haben wir sie mit unter die Decke genommen.“ Gerade wenn noch überall Schnee lag, sei es besonders lustig zugegangen.

Insgesamt 14 Höfe galt es an diesem Tag zu besuchen, und zwar längst nicht mehr nur in Lindstedt, denn der Verein hat auch in den Nachbarorten Mitglieder. So startete der Bus morgens früh um 10.30 Uhr an der alten Schulspeisung in Lindstedt und fuhr zunächst hinüber nach Lindstedterhorst, wo die Mitglieder auf dem Hof von Willy Bade Station machten. Begleitet wurden sie dabei von den Bismarker Blasmusikanten. Weitere Stationen der Sängerreise waren Lotsche, Seethen und Algenstedt, bevor der Bus dann am Nachmittag mit sehr heiteren Winter-Austreibern nach Lindstedt zurückkehrte und die Sänger auch dort überall ihre Frühlingsgrüße vortragen konnten. Und der Winter? Der dürfte angesichts dieser geballten Fröhlichkeit des Männergesangvereins inzwischen den Rückzug angetreten haben.