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Bürokratie Führerschein: Nachfrage spart Kosten

Zu ehrlich gewesen: Eine Miesterin hat Probleme beim Führerscheinwerwerb - wegen einer Operation, die sie als Zweijährige hatte.

Von Doreen Schulze 17.09.2017, 03:00

Mieste l Sie joggt regelmäßig, spielt sogar Fußball. Sie hat in ihrer Schulzeit nie eine Sportbefreiung gehabt. Sie muss in ihrem Beruf als Altenpflegerin täglich schwer heben, viel laufen und viele Treppen steigen. Nur Autofahren darf sie nicht. Jana Majewski aus Mieste verstand die Welt nicht mehr.

Dabei hatte sie sich so darauf gefreut, das Geld hatte sie endlich zusammen. So ein Führerscheinkurs ist kostentechnisch für eine junge Frau schließlich kein Pappenstiel. Am 9. Januar dieses Jahres war es so weit: Stolz meldete sie sich bei einer Gardeleger Fahrschule an, füllt – wie alle Führerscheinanwärter – ein Formular aus, mit dem sie bei der Führerscheinbehörde des Kreises die Erteilung der Fahrerlaubnis Klasse B beantragt. Bei der Frage nach körperlichen oder geistigen Behinderungen zögert sie kurz. Sie ist zwar weder körperlich noch geistig beeinträchtigt, geboren wurde die heute 22-Jährige allerdings mit einem sogenannten Spitzfuß. Mit dem rechten Fuß stand sie als Baby auf der Spitze. Das jedoch ist längst behoben. Schon im Kleinkindalter war sie operiert worden, kann ihren Fuß ganz normal bewegen. Und seither hatte sie eigentlich auch nie mehr daran gedacht. Doch dann war sie „so ehrlich" und gab die einstige Behinderung an, erzählte die junge Frau im Volksstimme-Gespräch. Sie schrieb die längst behobene Deformation in den Antrag und begann mit dem Kurs.

Und der lief gut. Theorie und praktische Fahrstunden hat sie längst hinter sich. Ihr Fahrlehrer ist zufrieden. Es fehlte quasi nur noch die Prüfung. Doch dann bittet die Führerscheinstelle, ein Schreiben jenes orthopädischen Facharztes zu besorgen, der ihre Deformierung einst gerichtet hat. Jana Majewski fährt also Anfang Mai auf eigene Kosten nach Magdeburg, stellt sie sich nochmals ihrem Operateur, PD Dr. Niels Follak, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Physio- und Chirotherapie, vor. Und der bescheinigt ihr, dass sie „orthopädischerseits uneingeschränkt in der Lage ist, den Führerschein der Klasse B zu erlangen".

Das Schreiben geht raus. Nun kann nichts mehr schief gehen, denkt Jana Majewski. Das jedoch stellt sich als Irrtum heraus. Denn nun soll sie sich plötzlich einer „Begutachtungsstelle für Fahreignung" vorstellen, die „die Anforderungen erfüllt, zur Klärung dieser Eignungszweifel beizutragen". Für die geforderte „Begutachtung" ihres Fußes bei der DEKRA in Magdeburg soll sie 415 Euro zahlen – in bar am Untersuchungstag. „Woher soll ich das Geld denn nehmen", fragt sie im Gespräch verzweifelt. Schließlich sei sie froh, dass sie das Geld für die Fahrschule zusammen hatte. „Das ist ein halber Führerschein, den ich dann schon bezahlt habe." Auch in der Fahrschule konnte  man die Problematik offenbar nicht nachvollziehen. „Wir haben so etwas noch nie erlebt", sagt die Mitarbeiterin der Fahrschule auf Nachfrage. Denn für Jana Majewski bedeutet die derzeitige Situation auch, dass sie nicht zur theoretischen Prüfung antreten kann. „Meine letzte Theoriestunde war am 13. April. Seither sitze ich täglich vor dem PC und übe, damit ich nichts vergesse", erklärt sie.

Verzweifelt wendet sich die junge Frau schließlich an die Volksstimme, die fragt beim Altmarkkreis nach. Und die Behörde im Altmarkkreis Salzwedel reagiert umgehend und zeigt sich sehr offen für das Problem. Auf Nachfrage der Redaktion, weshalb das Schreiben ihres Operatuers nicht genüge, hieß es aus dem Amt in Salzwedel nämlich, dass dieses dort gar nicht in den Unterlagen zu finden sei.

Der Behörde wurde das Schreiben nun erneut zugestellt, der Antrag wurde erneut geprüft. Und jetzt gibt es endlich einen guten Ausgang für Jana Majewski. Vor wenigen Tagen wurde ihr mitgeteilt, dass die „Aufforderung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens von einem Arzt in einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung" zurückgenommen sei.

Die Miesterin kann nun endlich die theoretische Prüfung antreten – und die 415 Euro lieber in die ersten eigenen Fahrten investieren.