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Diebstahlsprozess Geklaut oder nur das Eigentum zurückgeholt?

Wegen Diebstahls musste sich ein Gardeleger vor dem Amtsgericht verantworten. Es ging um ein Kinderrad.

Von Gesine Biermann 22.02.2016, 13:57

Gardelegen l Gehörte es ihm nun eigentlich noch oder hat der 28-jährige Gardeleger im Oktober des vergangenen Jahres tatsächlich einen Diebstahl begangen, als er des Nächtens ein Kinderfahrrad von einem Hof holte? Diese Frage hatte Strafrichter Axel Bormann vor wenigen Tagen im Gardeleger Amtsgericht zu klären.

Angeklagt war der Mann jedenfalls wegen Diebstahles. In der benannten Herbstnacht soll er laut Anklage nämlich an der Gardeleger Bahnhofstraße eine Hoftür eingetreten und vom dahinterliegenden Hof ein Kinderrad gestohlen haben. Zumindest hatte er es versucht. Die Besitzerin des Rades, sie sagte während der Verhandlung als Zeugin aus, hatte es nach eigener Aussage „knallen gehört, und dann saß er da besoffen vor dem Döner auf dem Rad“. Schnell wird klar, dass sich Angeklagter und Zeugin recht gut kennen. Die Zeugin sei eine ehemalige Freundin seiner Lebensgefährtin, klärt der Angeklagte auf.

Und er gibt auch zu, dass er tatsächlich an dem genannten Abend auf den Hof eingedrungen war. „Die Tür habe ich aber nur ein bisschen angehoben und dann ließ sie sich aufdrücken. Eingetreten habe ich sie nicht!“ Und er erzählt auch, wie es dazu kam: Er sei von einer Feier gekommen, und beim Vorbeigehen am Wohnort der ehemaligen guten Freundin sei es mit ihm durchgegangen, berichtet er. Denn das Fahrrad, das dort auf ihrem Hof stand, wie er wusste, gehöre eigentlich seiner Lebensgefährtin. Zum Beweis legte er auch den Kaufvertrag eines Onlinehändlers aus dem Jahr 2014 auf den Tisch. „Sie hat es bestellt und bezahlt“, versicherte der Metallbauer.

Zu dieser Zeit war das Trio noch gut miteinander ausgekommen, lebte sogar zeitweise in einer Wohnung. „Sie hat uns auch was zur Miete und zu den Betriebskosten dazu gegeben“, berichtet der Angeklagte, „deshalb haben wir geglaubt, dass wir ihr vertrauen können.“ Für das Kinderrad, das die Tochter der Zeugin bekommen sollte, sei eine monatliche Rate von 25 Euro vereinbart worden. Diese Raten seien aber nie gezahlt worden, erzählt der Gardeleger. Das Rad gehöre also rechtlich eigentlich noch ihm, beziehungsweise seiner Lebensgefährtin. Deshalb habe er es sich in jener Nacht zurückgeholt.

Das allerdings will die Zeugin, vom Richter mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht auf sich sitzen lassen: „Ich hab das immer bezahlt, nur die letzten zwei Raten sind offen“, versichert sie. Erst am Vortag habe sie sich mit der Lebensgefährtin des Angeklagten darüber verständigt. „Sie hat mir auch bestätigt, dass ich bezahlt habe.“ Und an den Angeklagten gewandt: „Ihr sagt bei Freunden, dass ihr mir richtig einen reindrücken wollt!“

Auf Bormanns Frage, ob sie die zwei Restraten nun mittlerweile bezahlt habe, verneint die 23-jährige Mutter: „Das sehe ich gar nicht ein, er hat ja auch die Stützräder kaputtgemacht.“ Diese Auffassung kommt beim Richter zwar nicht gut an, der Angeklagte findet allerdings bei ihm auch keinen Beifall: „Ich glaube, dass Frau S. das Rad bezahlt hat, ich glaube auch Ihnen, dass man irgendwann sauer ist, wenn das Geld nicht komplett kommt.“ Es aber einfach vom Hof zu holen, sei aber der falsche Weg, so Bormann. „Was Sie miteinander haben, ist ein typischer Fall von zivilrechtlichem Streit.“ Mit Einverständnis der Staatsanwältin stellt er das Verfahren ein.