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Dorfhäuser Zwischen Palast und Privatraum

Für Dorfgemeinschaftshäuser sollen einheitliche Gebühren erhoben werden. Am Sonnabend standen viele zur Besichtigung offen.

Von Gesine Biermann 01.08.2016, 03:00

Gardelegen l Offenbar hatten sich einige Stadtratsfraktionen die Rundgänge in den Dorfgemeinschaftshäusern der Stadt territorial aufgeteilt. Denn es gibt viele Dorfgemeinschaftshäuser und Örtlichkeiten. Insgesamt sind es 29 Dorfgemeinschaftshäuser, Säle, Kegelbahnen, Gemeinde- und Feuerwehrräume, die in den Ortsteilen auch privat für Feierlichkeiten genutzt werden können. Die finanzielle Unterhaltung finanziert die Stadt. Für die Nutzung müssen die Veranstalter eine Gebühr bezahlen, die aber relativ niedrig ist und die Kosten nicht deckt. 150 000 Euro beträgt das Defizit durch die kommunalen Einrichtungen, das aus dem städtischen Haushalt gedeckt werden muss. Zuviel – finden Verwaltung und Stadtrat. Gesucht wird nach Sparmöglichkeiten.

Um die Einnahmenseite zu verbessern, soll eine einheitliche Nutzungsentgeltverordnung für alle Dorfgemeinschaftshäuser und öffentlichen Einrichtungen erarbeitet werden. Aber so unterschiedlich die derzeitigen Nutzungsgebühren für die Häuser sind, so unterschiedlich sind die Häuser auch selbst, was etwa den baulichen Zustand, Ausstattung und Größe betrifft. Kein leichtes Unterfangen, eine einheitliche Gebührenordnung zu erarbeiten. Und weil nun mal nicht jeder Stadtrat schon mal im Köckter oder Kassiecker Dorfgemeinschaftshaus gefeiert hat und somit die Örtlichkeiten kennt, hatte die Verwaltung für Sonnabend einen Tag der offenen Tür in fast allen Dorfgemeinschaftshäusern organisiert.

Und da gab es für den einen oder anderen Stadtrat schon öfter mal einen Grund zum Staunen. SPD-Stadtrat Jörg Marten etwa war völlig überrascht über das Hemstedter Dorfgemeinschaftshaus. Vor der äußeren Fassade lässt sich in der Tat nicht erahnen, welch tolle Räumlichkeiten sich dahinter verbergen. „Das ist ja ein Palast. Dort ist alles sehr schön“, sagte Marten, bei seiner Besichtigung des Algenstedter Dorfgemeinschaftshauses. Zuvor hatte er die Häuser in Schenkenhorst, Laatzke und Lüffingen besucht. Alle Häuser seien sehr schön und gut ausgestattet. „Alle sagen, dass die Häuser relativ wenig genutzt werden, aber es eben schade wäre, wenn sie verkauft werden“, fasste Marten zusammen. Algenstedts Ortsbürgermeister Torsten Mekelberger führte Marten durch das Haus. Nutzbar für 60 Leute, 2001 wurde ans Sportlerheim angebaut und modernisiert mit Küche, Sanitäranlagen und Thresen.

In Lindstedt hatte die einstige Bürgermeisterin des Ortes, Eveline Gottwald, Besucherdienst. 2007 und 2008 wurde die ehemalige Schulspeisung komplett umgebaut. „Alles ist neu“, so Gottwald. Etwa 100 Leute können dort feiern. „Rund 60 Leute haben bei uns bequem Platz“, sagt Wehrleiter Karsten Müller. Er hatte am Sonnabendmittag in Hemstedt einen ruhigen Besuchsdienst und sich gegen die Langeweile seinen Laptop mitgebracht. Immerhin: Einige wenige Besucher waren schon da, sagte er und zeigte stolz die wirklich schmucken Räume samt Ausschank und Spiel- und Sportplätzen hinter dem Haus.

Einen kleinen Ausschank gibt es übrigens sogar in Laatzke. Dort befindet sich der Raum in einem Privathaus, für das die Stadt Miete zahlt. Ortschaftsrat Christian Grothe zählte auf, wie oft was los ist: „Hier treffen sich die Kameraden der Löschgruppe, der Kränzchenreiterverein, die Osterfeuerorganisatoren, die Skatspieler, die Jungen und die Alten, hier wird privat gefeiert oder mit dem Rat getagt. Und die gesamte Ausstattung, außer der Stühle, haben wir selbst angeschafft“, erinnert er.

Richtig groß dagegen ist natürlich das Letzlinger Kulturhaus, zu dem es am Sonnabend die Besucher des Sommermarktes nicht weit hatten. So mancher warf auch dort mal einen Blick hinein. Gemessen an der Bedeutung, die die kommunalen Häuser für die Dörfer haben, war die Besucherzahl allerdings eher verhalten – so die Einschätzung vieler ehrenamtlicher Ansprechpartner, die die Gäste zuweilen exklusiv durch die Räume führten.