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Segelfliegen Einfach durchstarten und abheben

Eine Woche lang können Jugendliche derzeit auf dem Gardeleger Flugplatz mal probehalber durchstarten natürlich mit Begleitung.

Von Petra Hartmann 19.07.2017, 21:00

Gardelegen l Maja Klaubert tuckert auf dem Traktor über den Flugplatz. Die 16-Jährige ist Organisatorin des Jugendlagers und schleppt gerade im Schritttempo den zweisitzigen „Puchacz“ (Polnisch für „Uhu“) hinter sich her. Flugschüler Oliver Pohl marschiert neben dem Flieger her und hält den linken Flügel fest, schön waagerecht, damit das kleine Segelflugzeug nicht umkippt. Heute haben die beiden den Gardeleger Flugplatz fast für sich allein. Abgesehen von den erwachsenen Vereinsmitgliedern, die sich um die beiden Nachwuchs-Piloten kümmern, natürlich.

Oliver Pohl hat sich für das Schnuppertraining angemeldet, Maja Klaubert hat schon eine Menge Flugerfahrung mit dem Puchacz. Jetzt hat sie ihren ersten Alleinflug mit dem „Pirat“ unternommen. Einem kleinen Einsitzer, etwas wendiger und reaktionsschneller als der gemütliche Uhu, auf dem sie gelernt hat. „Es ist, als ob man gerade den Führerschein gemacht hat, und dann fährt man plötzlich ein neues Auto – ganz allein“, sagt die Pilotin. „Man kann das ja vorher nicht ausprobieren.“ So stieg sie in den Piraten, ließ sich von der Winde hochreißen auf rund 400 Meter über dem Boden und musste dann sehen, wie sie mit dem Flugzeug klarkam. Nach einem kurzen, zwanzigminütigen Testflug und sanfter Landung war aber klar, dass sie auch den Einsitzer tadellos beherrschte.

Seit kurzem können die Segelflugzeuge auf dem Gardeleger Flugplatz nicht nur von einer Motormaschine auf die richtige Flughöhe geschleppt werden, es gibt nun auch eine Seilwinde, um die Flieger hochzuziehen. Das 1200 Meter lange Stahlseil wird mit einer Geschwindigkeit von rund 70 bis 80 Stundenkilometern eingezogen, durch den steilen Steigwinkel beschleunigt das Segelflugzeug dabei auf bis zu 140 Stundenkilometer. Dann nur noch rechtzeitig ausklinken und losfliegen.

Für den Verein ist der Windenschlepp ein attraktives Zusatzangebot in der Ausbildung, wie Fluglehrer Harald Lange erklärt. Denn für Segelflieger gibt es für Flugschlepp- und Windenschlepp-Starts zwei unterschiedliche Berechtigungen, die nun beide in Gardelegen erworben werden können. Vor allem aber sei der Windenstart wesentlich preisgünstiger als der Flugzeugschlepp, der mit bis zu 5 Euro pro 100 Meter Flughöhe zu Buche schlägt. Da ist die Winde mit einem Kostenaufwand von 6 Euro pro Start eine echte Alternative, besonders für das schmale Budget der jugendlichen Nachwuchsflieger.

Mit den beiden Schülern ist der Fluglehrer zufrieden. Bei Maja Klaubert gehe es eher darum, dass sie im vergangenen Jahr zu wenig Starts und Landungen absolviert habe. „Oliver hat sich gut gemacht. Ich bin mit ihm thermisch geflogen und habe ihm gezeigt, wie die Ruder wirken. Wenn wir große Höhen haben, dann können sie schön lange üben.“

Die meisten Probleme hätten Flugschüler bei der Abstimmung der Ruderwirkungen, sagt Lange. Kunstflug und Loopings gibt es beim Fliegerklub in Gardelegen nicht, das hat der Verein aus Sicherheitsgründen beschlossen. Mit einer Ausnahme: Zur Ausbildung gehört auch das Trudeln, damit die Flugschüler die Gefahren erkennen und lernen, aus dem Tudelflug wieder herauszukommen. „Das ist erst jetzt ins bundesweite Ausbildungsprogramm aufgenommen worden. Zu DDR-Zeiten hatten wir das immer.“

Und was ist das Schwerste für einen Fluglehrer? „Loslassen können“, sagt Lange, „zusehen, wie der Schüler seinen ersten Alleinflug macht“, und verweist schmunzelnd auf das Gedicht „Fluglehrers Nachtgebet“, das an der Wand hängt: „Der Tag geht nun zu Ende, ich falte meine Hände und kann es immer noch nicht fassen: Der Schüler hat mich leben lassen! Gott sei Dank verging der Tag ohne Bocian-Überschlag. Nun grüble ich die ganze Nacht, was der wohl morgen mit mir macht.“