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MFG-Inszenierung "Der kleine Horrorladen" hatte am Freitag in Zichtau Premiere Essenszeit im Blumenladen

Von Donald Lyko 15.08.2011, 06:37

Am Freitagabend hatte im Zichtauer Waldbad die neue Inszenierung der Musical Factory Gardelegen (MFG) Premiere: "Der kleine Horrorladen". Was die Akteure geboten haben, war alles andere als Horror für die rund 150 Premierengäste. Es ist vielmehr eine Empfehlung wert: Bitte anschauen!

Zichtau. Die MFG ist zurück - und wie! Mit einer tollen Inszenierung hat die Künstlergruppe um Volker Winkel mit ihrem neuen Projekt eindrucksvoll ihr Comeback gefeiert, nachdem die Musical Factory Gardelegen im Frühjahr 2010 ihr Aus verkündet hatte. Vielen gelingt er nicht, der Rücktritt vom Rücktritt. Doch in den Mitwirkenden auf und hinter der Bühne steckt so viel Talent, so viel Energie, so viel Spaß, so viel Mut und so viel Liebe für die Bühnenkunst, dass es gar keinen Zweifel geben konnte: Auch diesmal werden die MFG-ler wieder Unterhaltung auf höchstem Niveau bieten. Und so ist es.

Auch wenn es nach dem starken Regen am Freitagnachmittag einige kleine technische Probleme gab - selbst der kurze totale Stromausfall im zweiten Akt ließ sich verschmerzen -, lief am Premierenabend alles glatt auf der Freiluftbühne, die vom Blumenladen des Mr. Mushnik dominiert wird. Großes Lob an Eike Schartmann und Volker Winkel für das großräumige Bühnenbild, das den Darstellern verschiedene Aktionspunkte bietet. Aktionspunkte, auf denen Volker Winkel, der wieder unter dem Künstlernamen Calvin Relkov Regie führte, das Musical in Szene gesetzt hat. Dabei ist ihm in gewohnter Manier ein kurzweiliges, sehr professionell dargebotenes Stück gelungen, das an die Erfolge der vergangenen Jahre anknüpft. Zu diesem Erfolg haben - auch sie sind Stützpfeiler des jahrelangen MFG-Erfolges - Karin Schartmann als musikalische Leiterin und Franziska Kobert als Choreografin beigetragen.

Der wohl wichtigste Aktionspunkt ist der Blumenladen in einem Vorort einer amerikanischen Stadt. Inhaber ist Mr. Mushnik, gespielt Ulf Wilmerstaedt. Er war im vergangenen Jahr zur MFG gestoßen, als für "Die 12 Geschworenen" erstmals auch ältere Laiendarsteller gesucht worden waren. Wilmerstaedt, der im Magdeburger Studentenkabarett, in der Beetzendorfer Laienspielgruppe und als Leiter der Theater-AG am Beetzendorfer Gymnasium ausreichend Bühnenerfahrung gesammelt hat, ist eine echte Bereicherung für die MFG. Ihm gelingt ein glaubwürdiger Mr. Mushnig. Ihm gelingt der darstellerische Spagat zwischen knallhartem Chef und sentimentalem Ersatzvater, der seinen Angestellten Seymour Krelborn adoptiert.

Seymour - eine Paraderolle für MFG-Urgestein Jens Müller. Ganz sympathisch gibt er den schüchternen, trotz Ausbeutung seinem Chef gegenüber dankbaren Gehilfen, der heimlich die Angestellte Audrey anhimmelt. Die wird von Kristin Müller gespielt, ebenfalls seit Jahren eine feste Größe im MFG-Ensemble und ebenfalls gesanglich und schauspielerisch überzeugend wie immer. Während Seymour für seine Kollegin schwärmt, geht die mit dem sadistischen Zahnarzt Orin Scrivello, dargestellt von Sebastian Schwarzbrunn. Es ist zu spüren, wie begeistert er selbst von dieser Rolle des Bösewichtes ist und mit wie viel Spaß er die Rollenherausforderung annimmt. Und sicher freut er sich, mit einem Trike vorfahren zu dürfen.

Auch wenn die vier Genannten die ausgewiesenen Hauptrollen sind, ist die Inszenierung "Der kleine Horrorladen" eine Ensembleleistung, für die jeder Mitwirkende zurecht den Beifall des Publikums verdient. Sebastian Prignitz zum Beispiel - auch schon in Hauptrollen von MFG-Produktionen zu sehen gewesen - füllt diesmal zwei Nebenrollen aus, deren Kurzauftritte zu den witzigsten im Stück gehören. So ist er als ausgeflippter Radiomoderator zu erleben und als masochistisch veranlagter Patient auf dem Zahnarztstuhl. Unbedingt genannt werden müssen Camilla Metelka, Miriam Heckert und Anne Wandrey, die die drei Mädchen Chrystel, Ronette und Chiffon spielen. Dank ihrer Auftritte im Stil eines kommentierenden Theaterchores sind sie fast immer präsent - selbst singend und tanzend oder als Straßengang am Bühnenrand lungernd.

Nicht zu sehen, dafür aber zu hören ist Marcel Philipp. Er gibt der Pflanze Audrey II (gesteuert von Steffen Rötz) ihre Stimme. Audrey II, von Seymour nach seiner Angebeteten benannt, ist die eigentliche Hauptrolle. Denn ohne die wachsende Pflanze, die erst nur Bluttropfen nascht und dann den Zahnarzt, den Blumenhändler, ihre Namensvetterin Audrey und zuletzt Seymour selbst frisst, wäre der kleine, unbekannte Vorort-Blumenladen niemals zum Horrorladen geworden. Und niemals so berühmt, denn die seltene Pflanze kurbelt das Geschäft an. Kein Wunder, dass die Medien aus dem Häuschen und Geschäftemacher schnell zur Stelle sind. Kein Wunder auch, dass Audrey II am Ende in alle Teile der Welt vermarktet wird, wie es das Schlussbild zeigt. Mit Fahnen verschiedener Nationen marschieren die Mitwirkenden auf die Bühne und warnen: Audrey II ist überall!

Für die beiden kommenden Wochenenden ist sie auf jeden Fall noch im Zichtauer Waldbad. Mit diesem Ort hat die MFG wieder einen guten Griff getan, denn Aufführungen im Freien haben immer eine ganz besondere Atmosphäre. Nicht zufällig wird "Der kleine Horrorladen" in Zichtau gezeigt, denn das neue Projekt kam nur mit Unterstützung von Hasso von Blücher zustande, der sich seit einiger Zeit sehr auf dem Familienbesitz, dem Zichtauer Gut, engagiert. Als Veranstalter ist die Stadt Gardelegen mit im Boot. Auch das ist gut, denn die MFG gehört zu den wichtigsten künstlerischen Aushängeschildern der Hansestadt. Schön, dass es wieder hängt.

Weitere Fotos finden Sie auf der übernächsten Seite.