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Fotofreunde Gardeleger malen mit dem Licht

Was ihnen vor die sprichwörtliche Linse kommt, wird nicht einfach so geknipst oder abgeschossen. Was sie ablichten wird meist schöner.

Von Gesine Biermann 18.11.2018, 05:00

Gardelegen l Sie reden über Licht, sie denken an Licht, sie spielen und sie malen mit Licht. Nichts anderes heißt das Wort schließlich auch, das für sie mehr als ein Hobby ist: Fotografie, also „photós“ das Licht und „graphein“, schreiben, malen, zeichnen.

Und doch, wer sie besucht, die Gardeleger Fotofreunde in ihrem Clubraum an der Robert-Breitscheid-Straße, wo sie sich allmonatlich treffen, findet sie dort eher im Schummerlicht sitzend.

Aber auch das ist klar. Manchmal ist weniger Licht eben mehr. So leuchten die Bilder auf dem Computermonitor besonders schön. Und diesmal hat das Leuchten sogar einen Namen. Denn an diesem Oktoberabend werten die zehn Hobbyfotografen die Ergebnisse ihrer jüngsten Herbstbilder aus. Da leuchtet natürlich vor allem gelb, orange und grün.

Indes: Nicht nur darauf kam es an. Das Thema hieß schließlich „Bewegter Herbst“. Gar nicht so einfach, den einzufangen. Und so gibt es auch viel Gelächter. „Beim Nüsse aufsammeln“ für ihr Stillleben, habe sie sich nämlich „ganz schön bewegt“, versichert Dagmar Hesse augenzwinkernd. Und auch die Ente, die Petra Tietze als Motiv mitgebracht hat, „hat sich wirklich bewegt“, versichert die Fotografin fröhlich. Somit gehöre sie ja wohl eindeutig zum bewegten Herbst. Genau so wie der schräg liegende Baum auf ihrem nächsten Bild, obwohl eigentlich völlig unbewegt, passe der ja wohl ganz klar. „Er ist schließlich das Ergebnis vom sturmbewegten Herbst...“

Gutmütiges Grinsen ringsum. „Und bei dem Bild warst du wahrscheinlich selbst bewegt“, neckt sie einer ihrer Fotokollegen beim letzten Foto ihrer Auswahl. Es ist ein wunderschöner Sonnenuntergang, toll in Szene gesetzt. Jeder lässt das Foto auf sich wirken. Anerkennendes Nicken ringsum. „Schön“ sagt einer. „Ganz toll“ eine andere. „Wow“, die nächste. Neidlos.

Und genau das macht sie irgendwie auch aus, diese lockere Runde. Hier geht es nicht um Konkurrenzkampf. Hier geht es um die Sache. „Du hättest einen Poolfilter nehmen können“, rät einer Dagmar Hesse zu ihrem mystischen Foto einer diesigen Herbstlandschaft.

„Geh öfter mal in den manuellen Modus“, hört Karin Leppek, die ihren Garten im Nebel eingefangen hat. Doreen Schöne verrät allen den „Trick“, der ihr atemberaubendes Schmetterlingsbild entstehen ließ: „Ich hab einfach hundert Mal abgedrückt.“

Karsten Langhoff beschreibt detailliert, mit welcher Technik er seine Herbstblätter so durchscheinend erscheinen lassen konnte, und Werner Rönisch erntet staunende Blicke für ein Bild, das trotz hoher Isozahl kein bisschen „rauscht“ ...

Ganz klar: Hier treffen sich längst keine Hobbyfotografen mehr. In dieser „lockeren Runde“ entsteht professionelle Kunst. Eine leuchtende Heidelbeere von Karin Leppek oder der Sanddornzweig, fotografiert von Gabi Bortz, lassen alle die Luft anhalten, ebenso wie die Farben von Enrico Tietzes Madeira-Bildern. Sabine Püttger und Undine Lüders beweisen schließlich mit ihren Fotos, einer Transall vor malerischer Waldkulisse und einem Mähdrescher samt Staubfahne auf dem Feld, dass der Herbst auch technisch bewegt sein kann.

Der Hund, samt Stock im Maul, im herbstlichen Wald, den Werner Rönisch den Kollegen mitgebracht hat, oder auch die Windkraftanlagen mit bewegungsunscharfen Flügeln als Gestaltungselement sind dann eigentlich der Inbegriff eines bewegten Herbstes.

Und doch ist es eines seiner stillen Bilder, das die zehn Hobby-Profis an diesem Tag besonders begeistert. Rönischs Bild von der tiefstehenden Sonne im Wald (oben) küren nämlich alle einstimmig zum Foto des Monats. Hier stimmt einfach alles, finden seine Kollegen. Farben, Technik und Motiv. Davon sind sie beeindruckt, lassen das Bild ein Weilchen auf sich wirken.

Aber es gibt auch noch mal viel Gelächter. Denn Undine Lüders besteht darauf, dass sich sogar die Schnecke bewegt hat, die auf einem ihrer Fotos durchs Herbstlaub kriecht, wenn auch nicht so schnell „aber davon war ja auch nicht die Rede.“ Und sie hat auch noch ein Archivfoto vom DDR-Herbst 98 mitgebracht und kann gar nicht verstehen, dass sie die anderen ratlos anschauen: „Also Leute, wenn das kein bewegter Herbst war...“

Sich nicht so ernst zu nehmen, gehört also eindeutig auch dazu, bei den Gardeleger Fotofreunden. Eine gute Voraussetzung für alle, die Lust haben, bei ihnen mitzumachen. Denn nach wie vor freuen sich die Frauen und Männer mit dem fotografischen Auge über Verstärkung.

Willkommen sei jeder, der Spaß hat beim Fotografieren, versichern die Fotofreunde. „Toll wäre es natürlich, wenn mal ein Profi zu uns stoßen würde“, sagt Werner Rönisch. „Wir sind ja schließlich alle nur Laien.“

Das allerdings, nimmt den Fotofreunden natürlich ohnehin niemand mehr ab.