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Holocaust Gedenken an Auschwitz und Isenschnibbe

An der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe haben am Freitag 170 Bürger der Opfer des Faschismus gedacht.

Von Petra Hartmann 28.01.2017, 02:00

Gardelegen l Zum Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz versammelten sich Gardeleger und zahlreiche auswärtige Besucher auf dem Gelände, auf dem am 13. April 1945, kurz vor Kriegsende, mehr als 1000 Gefangene ermordet worden waren. Die Häftlinge, die aus verschiedenen Konzentrationslagern, unter anderem aus dem bereits befreiten Auschwitz, nach Gardelegen getrieben worden waren, waren in und an der Feldscheune umgebracht worden.

Geschichtsunterricht über den Nationalsozialismus und die Vernichtungslager sei oft sehr abstrakt, sagte die Gardeleger Bürgermeisterin Mandy Zepig. „Doch für uns hatte die Geschichte immer ein Gesicht, das Gesicht von Lucien Colonel.“ Colonel war einer der letzten Überlebenden der Todesmärsche nach Gardelegen. Er verstarb in der Nacht zum 21. Januar 2017 und wurde am Tag der Gedenkveranstaltung beigesetzt.

Andreas Froese-Karow, der Leiter der Gedenkstätte, zeichnete in seinen einleitenden Worten den Todesmarsch der Häftlinge nach. Viele der aus Auschwitz stammenden Gefangenen seien in den Harz getrieben worden und von dort nach Gardelegen. Sie wurden bewacht von ihren Aufsehern aus Auschwitz. „So setzte sich das System des Konzentrationslagers Auschwitz strukturell und personell fort“, sagte er.

Die Gedenkrede hielt Dieter Steinecke, der Landesvorsitzende des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und ehemaliger Landtagspräsident von Sachsen-Anhalt. „Sie alle sind uns ein Mahnmal, dass wir nicht nachlassen dürfen in unserem Streben, allen Menschen ein Leben in Frieden und Freiheit zu ermöglichen“, sagte am Gräberfeld. Als wichtige Aufgabe bezeichnete er, „die Opfer vor dem Vergessen zu bewahren, denn wenn niemand mehr an sie denkt, dann sind sie endgültig tot“. Er forderte auf zu einem „Gedenken, das nicht in der Vergangenheit endet, sondern auf die Gegenwart und Zukunft blickt“. Wer nicht an die Zukunft und die Werte Europas glaube, der solle sich einmal auf einen solchen Friedhof stellen, zitierte er den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Junckers: „Wer hier steht, der begreift Europa.“

Mit einem Nachdenk-Dialog riefen Pauline Hintze und Johann Otto die Ausschreitungen und Mordanschläge auf Asylbewerberheime und ausländische Mitbürger ins Gedächtnis. Die beiden Zwölftlässler sind Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Sie erinnerten an die Anschläge und Morde von Mölln, Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, aber auch an die NSU-Morde.

Der Männerchor Eintracht Gardelegen hatte die Veranstaltung mit dem Moorsoldetenlied eröffnet, zum Abschluss der Kundgebung sangen die Chormitglieder „Unsterbliche Opfer, ihr sanket dahin“.

Im Anschluss an die Veranstaltung hatten Bürgerinitiativen aus der Altmark zu einer Aktion unter dem Motto „Hand in Hand für ein lebendiges Haus“ aufgerufen. Sie markierten mit einer Lichterkette die Umrisse des geplanten Besucher- und Dokumentationszentrums der Gedenkstätte. Viele Bürger beteiligten sich und hatten eigene Kerzen mitgebracht. Kerzen und Windlichtern wurde auf das ausgelegte weiß-rote Absperrband gestellt, und in der hereinbrechenden Dunkelheit wurde so für alle der geplante des Informationszentrums sichtbar.

Die Besucher sprachen von einer würdigen und sehr gelungenen Gedenkveranstaltung. Die Redner haben leise Töne angeschlagen und die richtigen Worte gefunden. Unschön war eine Störung im Anschluss an die Feier, als eine Lehrerin aus Osterburg einige Gedanken ihrer Schüler zum Thema Gedenkorte vorlas. Eine filmende Drohne des MDR-Fernsehens stand mit laut ratternden Rotoren über der Versammlung in der Luft und machte dabei einen solchen Lärm, dass von dem Vortrag kaum ein Wort zu verstehen war.