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KiFöG Einrichtungen sind am Limit

Eltern sollen entlastet, Träger und Erzieher unterstützt werden. Auf Einladung des CDU-Stadtverbandes wurde in Gardelegen diskutiert.

Von Gesine Biermann 07.06.2018, 23:00

Gardelegen l „Wortwechsel KiFöG – Was braucht gute Kinderbetreuung“ hieß das Thema. Und durchaus spannende Wortwechsel gab es im Gardeleger Schützenhaus. Die CDU hatte eingeladen. Interessierte und einen Fachmann. Tobias Krull, sozialpolitischer Sprecher der CDU im Landtag, erläuterte die Eckpunkte des überarbeiteten Kinderförderungsgesetzes (KiFöG).

Transparenter soll es werden, gerechter auch, verspricht der Landtagsabgeordnete. So sollen Eltern nur noch für ein Kind zahlen, wenn mehrere Geschwister die Einrichtung besuchen. Erzieher sollen entlastet werden, indem zehn Arbeitstage pro Jahr für Fortbildung, Krankheit und Urlaub eingerechnet werden.

Zunächst hat Krull aber ein paar Zahlen mitgebracht. Über 1800 Einrichtungen gebe es in Sachsen-Anhalt und rund 20.000 Personalstellen, bezifferte er. Und wie in allen ostdeutschen Ländern würden auch in Sachsen-Anhalt überdurchschnittlich viele Kinder in Einrichtungen betreut. Unterdurchschnittlich niedrig seien hierzulande allerdings die Pro-Kopf-Kosten. Das liege am Betreuungsschlüssel, so Krull. Der sei im Land rund doppelt so hoch, wie von der Bertelsmannstiftung empfohlen. Um bis zu zwölf Kindergartenkinder kümmert sich eine Erzieherin in Sachsen-Anhalt durchschnittlich. Eine Zahl, die einige Besucher verkniffen lächeln lässt. „Ja, auf dem Papier“, rief eine Erzieherin halblaut. Etwas später spricht sie Tacheles: „Wissen Sie, Geld ist nicht meine Aufgabe“, sagt Erzieherin Maren Schwarzlose. „Ich komme aus der Praxis. Und es tut mir leid, aber ich hoffe, dass ihr Entwurf so nicht durchkommt.“

Viel wichtiger als Eltern mehrerer Kinder finanziell zu entlasten, sei es ihrer Ansicht nach, kostenlos Essen für alle Kinder anzubieten, betont die Letzlingerin, die im Bördekreis arbeitet. „Es gibt nämlich immer mehr Eltern, die nicht bezahlen.“ Und auch die geplante Entlastung der Erzieher sei „lächerlich“, betont Schwarzlose. Zeit für Vor- und Nachbereitung gebe es längst nicht mehr. Bei mehreren Krankheitsfällen im Team sei der Betreuungsschlüssel utopisch.

„Jede Einrichtung ist doch am Limit.“ Bildung Elementar (vorgeschriebenes Programm für alle Einrichtungen) finde sie super, so Schwarzlose. „Aber wann sollen wir es leisten?“ Für sie gehe die Novellierung weit am Nötigen vorbei. „Wir Erzieher sind immer so sozial, sagen zu allem ja, aber wir schaffen es nicht mehr.“

Kritik an einem weiteren Punkt gibt es schließlich auch von Elisabeth Mewes aus Estedt. Sie finde es angesichts des Personalmangels in den Kitas unglaublich, wie schwer es das Land Quereinsteigern mache. Selbst wer Pädagogik studiert habe, müsse eine 600 Euro teure Zusatzausbildung machen. „Und Kinderpfleger dürfen nicht mal eingestellt werden“, so Mewes kopfschüttelnd. „Dabei könnten sie die Erzieher erheblich entlasten.“ Krull verspricht, die Kritikpunkte in die Vorberatungen mitzunehmen. Allerdings warnt er vor zu großen Erwartungen: „Kitas müssen auch wirtschaftlich sein. Dass Hoffnungen enttäuscht werden, ist wohl nicht zu vermeiden.“

Eltern in der Einheitsgemeinde Gardelegen können indes hoffen, und zwar darauf, dass ihre Elternbeiträge in absehbarer Zeit nicht erhöht werden, wie Bürgermeisterin Mandy Zepig am Mittwoch versichert: „Wir wollen eine kinderfreundliche Gemeinde sein. Deshalb bauen wir derzeit auch so viele Kitas um und aus.“

Sie weist Krull am Mittwoch zudem noch einmal auf die unterschiedlichen Betriebskosten in alten und neuen Einrichtungen hin. Deshalb, so Krull, könne auch nur mit Mischkalkulationen gearbeitet werden. „Und hier könnten möglicherweise auch Mindestgrößen noch Thema werden. Kleine Einrichtungen lassen die Kosten nämlich extrem in die Höhe schießen.“ In Kloster Neuendorf und Berge dürfte dieser Expertensatz wohl nicht besonders gut ankommen.