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Kirchenwandbild Unwetter fördert Historisches zutage

Über Jahrhunderte war es übertüncht. Dann brachten Umwelteinflüsse ein uraltes Wandbild in Güssefelds Kirche wieder zum Vorschein.

Von Cornelia Kaiser 16.10.2018, 09:00

Güssefeld l Dem Laien fällt es erst beim zweiten Blick richtig auf: das alte Wandbild in der Apsis der Güssefelder Kirche beziehungsweise das, was noch von ihm übrig ist. Denn über Jahrhunderte war es dem Betrachter verborgen. Der Grund: Es war, möglicherweise schon zu Zeiten der Reformation, mit weißer Farbe übertüncht worden.

Ausgerechnet ein Unwetter hat dafür gesorgt, dass die Nachwelt nun wieder einen Eindruck davon gewinnen kann, welche Kunstfertigkeiten da einst bei der Ausgestaltung der um 1200 entstandenen Kirche angewendet worden sind. Denn in den 1970er Jahren stürzten bei einem Sturm Teile der Kirche ein. Durch anschließende Verwitterung bröckelten oberflächliche Farbschichten ab. Teile des mittelalterlichen Wandbildes wurden wieder sichtbar. Und schon in den 1980er Jahren gab es dann erste Bemühungen, diese Überreste zu sichern.

Corinna Scherf, Diplom-Restauratorin aus Halle, hat sie nun vor einigen Monaten fachmännisch konserviert. „Weil hier Gefahr im Verzug war“, wie sie sagt, konnte dafür ein Sonderfonds des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie genutzt werden. Das Instrumentarium, das in Güssefeld eingesetzt worden ist, erinnert optisch an das eines Arztes. Denn auch Einwegspritzen und -kanülen gehören dazu. Damit wurde ein spezielles Material zur Befestigung unter die noch erhaltenen Bilderreste gebracht.

Am Sonntag war dieses Instrumentarium auch in der Güssefelder Kirche zu bestaunen. Denn dort stand Corinna Scherf aus Anlass des Tages der Restauration, der erstmals europaweit stattfand, Rede und Antwort. Und nicht nur sie selbst zeigte sich erstaunt und erfreut zugleich, dass so viele Menschen Interesse zeigten.

Ihnen beleuchtete die Restauratorin im wahren Sinn des Wortes die Überreste des Wandbildes. Demnach ist darin Jesus mit Heiligenschein abgebildet. Drumherum Löwe, Stier und Vogel, die sogenannten apokalyptischen Tiere. Das Bild gehe demnach auf eine Offenbarung des Johannes, die auch in der Bibel nachzulesen sei, zurück und bedeute, dass Jesus als König zurückkomme und das Buch der sieben Siegel öffne, mit dem dann über die Lebenden und die Toten gerichtet werde. Eine Figur, von der nur noch Fragmente erhalten seien, könnte zudem Maria Magdalena darstellen, so Scherf. Weiterhin seien Überreste von Arkaden, unter denen wohl die 12 Apostel abgebildet gewesen sind, zu sehen. „Wenn man genau hinguckt, sieht man sogar noch die Einstichstellen des Zirkels, der damals für die Arkadenmalerei verwendet worden ist“, so Scherf.

Grundsätzlich, so ihre Worte, könne zwar versucht werden, das Bild zu restaurieren. „Aber hier ist es das Anliegen, das Original zu erhalten. Alles andere wäre eine Fälschung.“