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Kriminalität Nach dem Einbruch ist alles anders

Ein Schaden im fünfstelligen Bereich und dazu jede Menge Ärger: Ein Einbruch in sein Unternehmen macht einen Letzlinger nachdenklich ...

Von Gesine Biermann 19.10.2018, 19:11

Letzlingen l Diesen Morgen wird Dirk Mühlmann wohl so schnell nicht vergessen. Es ist ein Dienstag. Arbeitsbeginn. Ausnahmsweise ist der Firmenchef mal nicht der erste, auch wenn er nur über den Hof muss. Mühlmann wohnt nämlich auf dem selben Grundstück. Heute sind seine Leute aber schon da. „Dass die Autotüren und Klappen alle offen waren, habe ich deshalb gar nicht so beachtet.“ Und auch dass im Maschinen- und Werkzeuglager Licht brennt, kommt ihm nicht komisch vor.

Das indes haben nicht seine Monteure angemacht. Das Licht brennt schon seit Stunden. Irgendwann in den Morgenstunden haben es Fremde angeknipst. Und einfach angelassen und zuvor ganz entspannt sein Lager ausgeräumt.

„Es war alles weg“, sagt Mühlmann. Alle Regale sind leer. Die beiden Firmenfahrzeuge ebenfalls. Zumindest alle wertvollen Maschinen von namhaften Herstellern haben die Diebe mitgenommen. Gesamtwert: Rund 26 000 Euro.

„Es war, als ob die da mit einem Einkaufszettel reingegangen wären.“ Alles was eine Marke hatte, war verschwunden. Etliche No-Name-Baumarktmaschinen, teilweise noch originalverpackt, hatten die Diebe dagegen stehen lassen. „Die wussten genau, was sie wollten“, glaubt Mühlmann. „Billigmaschinen wollten sie nicht.“ Und seltsamerweise bleiben auch teure Materialien unangetastet. Wertvolle Armaturen hatten die Einbrecher gar nicht beachtet. „Ein geplanter Einbruch war das“, davon ist der Letzlinger überzeugt. Vielleicht sogar ein Auftragsdiebstahl.

Das Grübeln allerdings kommt erst später. An diesem Tag hat der Chef ganz andere Sorgen. „Ich habe meine Leute erstmal nach Hause geschickt“, erzählt er. Arbeiten konnten sie ohnehin nicht. Installateure ohne Werkzeug? „Da geht gar nichts.“

Sein Telefon geht dafür permanent an diesem Vormittag. „Die Leute wollten wissen, wo wir bleiben.“ Zum Glück, sagt Mühlmann, seien alle sehr verständnisvoll gewesen.

Währenddessen nehmen Polizeibeamte die Anzeige auf. Für sie ist klar, dass die Diebe von hinten über ein Feld gekommen sind, denn das Firmentor ist völlig unbeschädigt. „Die haben nicht mal einen Hund eingesetzt.“ Anzeige gegen unbekannt. Das war‘s.

Für Mühlmann geht der Stress da erst los. Neues Werkzeug muss angeschafft werden. „Schließlich wollen die Leute am Ende des Monats ihren Lohn haben.“

Die Versicherung indes ist nicht so schnell. Und zu seiner Überraschung gibt es da auch plötzlich Klauseln im Vertrag, die er vorher gar nicht so genau gelesen habe.

Fakt ist: „Man lernt in solchen Situationen auch eine Menge über Versicherungen“, sagt Dirk Mühlmann. Aus seinen Erfahrungen hat er bereits eine Lehre gezogen – und gekündigt.

Und es gibt eine Menge weiterer Schlüsse, die er aus diesem Tag gezogen hat. Denn derzeit rüstet der Unternehmer auf. Sein Grundstück soll nun auch im hinteren Bereich eingezäunt werden, ein Hund ist bereits bestellt, das Firmen- areal wird mit Kameras ausgestattet, die über eine App sein Handy informieren, und Bewegungsmelder werden montiert, auch mit akustischem Signal.

„Wär gut, wenn wir die mit der Sirene auf dem Dach koppeln könnten, aber ich glaube da würde die Stadt nicht mitspielen“, sagt Mühlmann augenzwinkernd. Ein bisschen lachen kann er nämlich schon wieder. Zumindest tagsüber.

Wenn es Nacht wird, geht Dirk Mühlmann seither lieber einmal öfter über den Hof und schaut nach, ob alles verschlossen ist. „Man hat irgendwie immer so eine Unruhe, man achtet plötzlich auf jedes Geräusch“, sagt er. „Und man grübelt mehr, und wird misstrauischer.“

So frage er sich, ob es möglicherweise sogar jemand war, der schon mal da war? „Mir kam es nämlich so vor, als ob sich hier wer ziemlich gut auskannte“, sagt er nachdenklich. Und dann fange man unwillkürlich an zu überlegen, wem man so was zutrauen würde. Das sei Mist, das wisse er, aber solche Gedanken kämen automatisch. Kein gutes Gefühl für einen regionalen Handwerker, für den gegenseitiges Vertrauen bisher immer Geschäftsgrundlage war.

Und es wird wohl auch noch lange dauern, ehe er jedem Geschäftspartner, jedem Besucher und jedem Lieferanten wieder unbefangen in die Augen schauen kann.

Ein solcher Einbruch, sagt Dirk Mühlmann, „richtet viel mehr an, als nur den materiellen Schaden“.

Dass er seine Maschinen wiedersieht, den Gedanken hat er schon jetzt aufgegeben. Vielleicht finde er ja mal eine irgendwann im Internet auf einer Plattform für gebrauchte Werkzeuge.

Die Chance indes ist gering. Das weiß Mühlmann auch aus Gesprächen mit Kollegen, denen es genau so ging. Denn der Letzlinger Installationsbetrieb ist längst nicht der einzige, der in den vergangenen Monaten von Dieben heimgesucht wurde. Erst kürzlich hatten Unbekannte nach einem Einbruch in eine Gardeleger Firma das Firmenfahrzeug in Letzlingen abgestellt. Offenbar hätten sie dort die Ware umgeladen. „Vielleicht haben sie dabei meine Firma entdeckt“, sagt Mühlmann achselzuckend. „Ich weiß es nicht.“

Raten kann Mühlmann allen Handwerkerkollegen nur, die Gerätenummer teurer Maschinen beim Händler registrieren zu lassen. „Das ist kostenlos, hilft aber möglicherweise, sie wiederzubekommen.“ Und auch bei der Aufstellung für die Versicherung. Er selbst wird das von nun an auch machen. „Man weiß ja nie: Wenn es einmal geklappt hat, vielleicht kommen die ja wieder?“ Dann, so viel ist sicher, haben sie es bei ihm aber ziemlich schwer.