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Landgericht Patient will 50 000 Euro Schmerzensgeld

Vor dem Landgericht Stendal läuft derzeit ein Zivilprozess im Zusammenang mit dem sogenannten OP-Skandal im Gardeleger Klinikum.

Von Wolfgang Biermann 26.07.2016, 19:00

Stendal/Gardelegen l Vor dem Landgericht in Stendal ging es jetzt in einem weiteren Zivilprozess um den sogenannten OP-Skandal und angeblich unnötige Wirbelsäulen-Operationen am Altmark-Klinikum (AMK) Gardelegen um Schmerzensgeldansprüche eines Patienten, der zum einen am 8. März 2011 unnötig und noch dazu falsch operiert worden sein soll. Auch eine zweite OP am 10. Januar 2012 soll seiner Klage nach nicht nötig gewesen sein.

Der Mann, Anfang 50, will in dem Prozess 50 000 Euro erstreiten: für die erste OP 35 000 Euro und für die zweite 15 000 Euro. Er klagt gegen aus seiner Sicht mehrere Verantwortliche: die beiden an den Eingriffen beteiligten externen Operateure, Diplom-Mediziner N. (OP am 8. März 2011) und Dr. T. (OP am 10. Januar 2012), den Altmarkkreis Salzwedel in Persona von Landrat Michael Ziche, die Krankenhausträgergesellschaft, den damaligen und zwischenzeitlich verstorbene Chefarzt Dr. F., einen angeblich den Operateuren „zur Hand gehenden“ Medizinprodukteberater und Dr. B., ein weiterer externer Arzt, der für einen in Nordrhein-Westfalen ansässigen Implantat-Hersteller involviert gewesen sein soll.

Dr. T. bestreitet im Prozess, den Kläger beim zweiten Eingriff am 10. Januar 2012 operiert zu haben. Jedoch soll laut Klägeranwalt sein Name im OP-Bericht auftauchen. Unstreitig ist, dass bei dem Patienten und dessen erster OP etwas „schiefgelaufen“ ist. Das Rückenmark wurde beschädigt. Unabhängig davon führt der Patient über seinen Anwalt an, dass er an falscher Stelle operiert worden sei. Zudem sei die eingesetzte Prothese zum Zeitpunkt des Eingriffs nicht zugelassen und außerdem unvollständig gewesen. Sie wurde ihm im Vorjahr in einer anderen Klinik wieder entfernt. Der Patient gibt zudem an, infolge der OP im März 2011 einen Bandscheibenvorfall erlitten zu haben. Außerdem habe er einen Dauerschaden am Fuß davongetragen und Schmerzen im linken Bein.

In der Verhandlung vor der 1. Zivilkammer unter Vorsitz von Michael Steenbuck bestritten die drei Anwälte der Beklagten am Mittwoch die Vorwürfe des Patienten und forderten Klageabweisung. In einer Zeugenbefragung ging es darum, ob ein Medizinprodukteberater dem OP-Team im März 2011 „zur Hand gegangen“ ist, wie vom Patienten behauptet. Er sei zwar nicht dabei gewesen, aber unüblich sei das nicht, sagte ein Stationsarzt von der chirurgischen Abteilung des AMK zur offensichtlichen Verwunderung der Prozessbeteiligten. Dabei komme es durchaus vor, dass Mitarbeiter der Firma, von denen das AMK das OP-Instrumentarium ausleiht und die „fast nie Ärzte sind“, für „haltende Tätigkeiten“ einen Arzt bei der OP ersetzen. Wobei dieser „natürlich“ kein Skalpell in die Hand nehme. Auf konkrete Fragen des Gerichts vermochte er nicht zu antworten. „Die Verantwortlichkeiten lagen nicht unserer Hand“, sagte der Zeuge aus. Er wollte darunter verstanden wissen, dass das „Stammpersonal“, zu dem er sich zähle, „keinen Einfluss“ gehabt habe.

„Die Neurochirurgen hatten das alleinige Sagen, es lag in ihrer Hand.“ Er sei zwar öfter am Krankenbett des Klägers „vorbeigegangen, aber nicht zuständig gewesen“. Der Klägeranwalt beantragte, einen zur fraglichen Zeit im AMK tätigen Anästhesisten (Narkosearzt) aus Tschechien als Zeugen zu hören. Das Landgericht will zunächst aber einen Facharzt für Neurochirurgie, der zudem noch in einem Krankenhaus tätig sein soll, mit einem Gutachten zur Notwendigkeit und zur korrekten Ausführung der bei dem Kläger vorgenommenen Operationen beauftragen. Dazu legte Richter Steenbuck den Anwälten eine Liste von infrage kommenden Spezialisten vor. Die Anwälte haben nun bis Anfang August Zeit, sich für oder gegen einen der Gutachter auszusprechen.

Am 10. August wird das Landgericht in einem Fortsetzungstermin die weitere Vorgehensweise bekanntgeben. Wie außerhalb des Gerichtssaales bekannt wurde, soll im November ein weiterer Prozess um Schmerzensgeld im Gardeleger OP-Skandal beginnen. Wie die Volksstimme im Juni berichtete, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stendal in rund zwei Dutzend Fällen strafrechtliche Verantwortlichkeiten. Das Gutachten dazu stehe nach drei Jahren kurz vor dem Abschluss, hieß es.