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Lebenshilfe Gemeinsam durch die schwere Zeit

Die Lebenshilfe Altmark West versucht in der Corona-Krise neue Wege zu gehen, um weniger abhängig von der Automobilindustrie zu sein.

Von Stefanie Brandt 30.12.2020, 04:00

Gardelegen l Maske tragen, im Homeoffice arbeiten, den Kontakt zu anderen reduzieren – das Coronavirus hat im Jahr 2020 für alle neue Regeln und Einschränkungen mit sich gebracht. Das trifft natürlich auch auf jene Menschen zu, die von der Lebenshilfe betreut werden. „Alle unsere Einrichtungen sind von der Situation betroffen“, berichtet Geschäftsführerin Beatrice Achtert. Zur Lebenshilfe gehören neben den Werkstätten mit rund 400 Beschäftigten auch Wohnheime mit intensiver und weniger intensiver Betreuung, eine Fördergruppe, die Tagesförderung der Rentner und integrative Kitas.

Und überall gibt es Einschränkungen, aber auch Ängste. „Das Gros der Leute hier versteht, warum die neuen Regeln notwendig sind, und setzt sie besser um, als manch anderer“, ist Achtert stolz. Sie erzählt, wie ihr eine Mitarbeiterin der Wäscherei selbstbewusst berichtete, dass sie jüngst beim Einkauf jemandem, der keine Maske trug, eine Ansage gemacht habe.

„Ich ziehe den Hut vor all unseren Betreuten, davor, wie sie selbst aufpassen und sich auch gegenseitig kontrollieren“, betont Achtert, die aber auch sehr dankbar für die gute Kollegialität ihrer Angestellten untereinander ist: „Wir konnten die Mehrarbeit, die in einigen Bereichen natürlich entsteht, bisher gut auffangen, weil die Kollegen aus anderen Bereichen aushalfen. Gemeinsam haben wir die Situation bisher gut gemeistert.“

Gerade die Schließung der Werkstätten während der ersten Corona-Welle hätte in den Wohnunterkünften natürlich einen viel größeren Betreuungsaufwand erforderlich gemacht. Zudem waren und sind aufwendige Hygienekonzepte umzusetzen. Inzwischen würden auch zweimal in der Woche Corona-Tests durchgeführt. Dabei habe es in der Lebenshilfe auch im Sommer keine Lockerungen gegeben. Sie könnten nicht ständig die Konzepte wechseln, da es für viele ihrer Betreuten nicht einfach wäre, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen, berichtet Achtert.

Der regelmäßige Ablauf, der eine Sicherheit gibt, sowie die Arbeit in den Werkstätten, das Gefühl, eine Aufgabe zu haben, gebraucht zu werden, aber auch die sozialen Kontakte sind sehr wichtig für die Menschen, die in der Lebenshilfe betreut werden. Das zeigt sich auch darin, wie die Schließungen der Werkstätten im Frühjahr jetzt noch immer in den Gedanken nachhallen.

„Das ist jetzt dolle zu spüren. Viele haben Angst, dass sie wieder nach Hause geschickt werden. Manche waren drei Monate daheim. Neben der schlechteren finanziellen Lage ist dann auch die Gefahr der Vereinsamung da“, weiß Werkstattleiter Harry Wenzel. Sehr froh ist man bei der Lebenshilfe deshalb darüber, dass die Werkstätten dieses Mal offen bleiben durften. Dennoch ist auch hier mit wirtschaftlichen Folgen zu rechnen. Wenzel glaubt an eine Kettenreaktion, die im Frühjahr 2021 zu spüren sein wird. 70 Prozent der Arbeit in den Werkstätten sei auf die Automobilbranche ausgelegt, und in dieser gäbe es natürlich coronabedingte Auswirkungen, so dass der Absatz einbrechen würde. Derzeit sei man deshalb bemüht, neue Aufträge zu akquirieren.

„Zum Teil ist uns das auch schon gelungen. Wir fertigen zum Beispiel Netze für den Schutz von Obstbäumen oder als Verpackung für die Weihnachtsbäume. Es werden seit einer Weile Insektenhotels gebaut. Und auch für eine Firma aus Oebisfelde arbeiten wir – das kommt sehr gut an“, zeigt sich Wenzel und hofft, dass es 2021 weitere Aufträge geben wird.