1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Besucher reisen sogar aus Halberstadt an

Diagnose KrebsBesucher reisen sogar aus Halberstadt an

„Leben mit der Diagnose Krebs“ - unter dieser Überschrift stand am Sonnabend der Patienten-Informationstag in Kalbe.

Von Andreas Puls 21.03.2016, 02:00

Kalbe l Die Krankheit Krebs kann jeden treffen. Oft trifft diese Diagnose die Betroffenen aus heiterem Himmel und schlagartig ändert sich damit für sie das Leben – ebenso wie für die Angehörigen. 2015 sind bundesweit zirka 500 000 Menschen und in Sachsen-Anhalt rund 21.000 Menschen an Krebs erkrankt. Diese Erfahrung teilten die allermeisten der zahlreichen Besucher des Patienten-Informationstages am Sonnabend in der Kalbenser Median-Klinik.

Die Veranstaltung bot ihnen umfassende Informations- und Beratungsangebote. „Alle Betroffenen und ihre Angehörigen sind froh, wenn sie Informationen aus erster Hand bekommen. Der Expertenrat wird sehr gern angenommen. Und genau darum geht es beim Patienten-Informationstag, den wir gemeinsam mit der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft alle zwei Jahre in Kalbe durchführen“, erläuterte die onkologische Chefärztin der Median-Klinik Kalbe, Dr. Katharina Molenda.

Die Ärztin gehörte mit zu den Referentinnen der Vortragsreihe, die den Kern der Veranstaltung bildete. Ihr Thema lautete „Rehabilitation nach Krebserkrankungen“. Molenda: „Die verschiedenen Krebstherapien haben eine Vielzahl von Nebenwirkungen und Folgen, die die Lebensqualität erheblich einschränken können. Diese Folgen zu minimieren, spielt im Gesamtkonzept der Behandlung eine zentrale Rolle.“

Als Beispiele für Nebenwirkungen nennt die Onkologin Inkontinenz, das notwendige Tragen von Stoma (künstlichen Darm- oder Harnausgängen), Polyneuropathien oder auch anhaltende Schwächezustände. Molenda zeigte in ihrem Referat eine Vielzahl von Möglichkeiten auf, mit diesen Krankheitsfolgen bestmöglich umzugehen beziehungsweise diese zu lindern.

Im ersten Teil der Vortragsreihe standen gynäkologische Krebserkrankungen im Fokus. Dr. Andrea Stefek, Leiterin des Brustzentrums Altmark des Johanniter-Krankenhauses Genthin-Stendal, referierte über das Thema Brustkrebs – seine Erkennung, Behandlung und auch Nachsorge. Ebenfalls vom Johanniter-Krankenhaus Genthin-Stendal war Dr. Andreas Neumann nach Kalbe gekommen. Der Gynäkologe sprach über Eierstock- und Gebärmutterkrebs-Erkrankungen und ging ebenfalls auf deren Diagnose und Therapiemöglichkeiten ein.

Aber auch eine häufige Krebsart bei Männern war Gegenstand der Vortragsreihe. „Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms“ lautete das Thema von Dr. Rainer Hein, Chefarzt der Klinik für Urologie des Klinikums Magdeburg. Er verglich unter anderem die verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Im Falle der Notwendigkeit einer „radikalen Prostata-OP“ hob er als eine relativ neue Methode das roboterbasierte „Da Vinci-System“ hervor. Diese OP-Form zeichne sich durch eine große Exaktheit aus. Das gesunde Gewebe werde so geschont, was wiederum unerwünschte Folgen minimiere. In Sachsen-Anhalt werde diese OP-Methode gegen Prostatakrebs bislang nur in Magdeburg und Halle angeboten. Die Wartezeit für Betroffene liege bei rund vier Wochen.

„Moderne Therapiemöglichkeiten in der Behandlung des Harnblasen-Karzinoms sowie der Harninkontinenz“ war der Vortrag von Dr. Guido Kramer, Chefarzt der Urologie des Johanniter-Krankenhauses Stendal Genthin, überschrieben. Er stellte die beiden Auftrittsformen der Erkrankung gegenüber – den oberflächlichen und den in der Tiefe der Blase sitzenden Krebs. Die letztere Diagnose sei fast immer die schlimmere. „Dann kommt die Entfernung der Blase ins Spiel“, so der Mediziner. Aber die moderne Medizin biete vielen Betroffenen Möglichkeiten, die Folgen erträglich zu gestalten.

„Ich freue mich, dass unser Patienten-Informationstag in Kalbe wieder auf eine große Resonanz gestoßen ist. Die Veranstaltung ist weit über die Grenzen der Altmark hinaus bekannt. Das lässt sich daraus ableiten, dass heute beispielsweise sogar Besucher aus Halberstadt mit hier sind“, sagte Sven Weise, Geschäftsführer der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft. Ausschlaggebend für Betroffene und Angehörige, auch weite Wege in Kauf zu nehmen, sei neben den Fachvorträgen vor allem auch die Möglichkeit, hier mit den Experten direkt ins Gespräch zu kommen und sich beraten zu lassen. Weises Vortragsthema lautete „Zurück in mein Leben – Beruflicher Wiedereinstieg nach einer Krebserkrankung“.

Für die Betroffenen sei es von enormer Bedeutung, nach einer Krebserkrankung wieder ins normale Leben zurückzukehren, wobei der Wiedereinstieg ins Berufsleben eine maßgebliche Rolle spiele. „Doch um dies zu erreichen, ist es sehr wichtig, dass die Menschen gut beraten und begleitet werden. Darüber zu informieren, welche Möglichkeiten es dafür gibt, ist mir ein besonderes Anliegen“, unterstrich Weise. Die Nachsorge zu Hause, sprich Rehabilitationsmaßnahmen, spiele in diesem Rahmen ebenfalls eine wichtige Rolle. Weise informierte die Besucher über ihre Möglichkeiten und gab Tipps, was zu tun sei, wenn Krankenkassen dabei nicht mitspielen wollten. Der Schwerbehinderten-Status war ebenfalls Thema.

Auch eine Forderung der Krebsgesellschaft an die Landespolitik stellte Sven Weise heraus. Denn in Sachsen-Anhalt seien die Krebsberatungen bislang leider nur spendenfinanziert und könnten darum nicht in ausreichendem Maße und flächendeckend stattfinden. „Dafür kämpfen wir mit Nachdruck. In anderen Bundesländern wird längst Geld für diesen Zweck zur Verfügung gestellt.“ Während des Reha-Tages gab es für die Besucher noch eine Menge weiterer Informations- und Serviceangebote. Die Psychologin und die Sporttherapeutin der Klinik, Susanne Kleyer und Anja Drews, luden zu Aktivangeboten ein. Verbände, Vereine und Organisationen stellten sich und ihre Arbeit vor, darunter die Krebsgesellschaft Sachsen-Anhalt, der Behinderten- und Rehabilationssportverband oder auch der Ambulante Hozpizdienst Gardelegen.