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Russischunterricht Anastasija wirbt für ihre Muttersprache

Eine Muttersprachlerin begleitet derzeit im Gymnasium Gardelegen den Russischunterricht, leitet die Russisch-AG und gibt Nachhilfe.

Von Doreen Schulze 18.01.2018, 20:00

Gardelegen l Wie kann das Interesse für den Russischunterricht geweckt werden? Diese Frage stellten sich die Lehrer des Geschwister-Scholl-Gymnasiums nachdem vor zwei Jahren Spanisch als zweite Fremdsprache eingeführt wurde. Zuvor konnten die Schüler ab der 7. Klasse zwischen Russisch und Französisch wählen. „Da hielten sich die Anmeldungen für beide Fremdsprachen in der Waage“, berichtete Sandra Riethmüller, Fachbetreuerin für Russisch in Sachsen-Anhalt Nord und am Gymnasium in Gardelegen Russischlehrerin. Seitdem auch Spanisch angeboten wird, ging das Interesse für den Russischunterricht bei den Schülern zurück. Mit Lehrern aus anderen Schulen, in denen Russisch ebenfalls von deutlich weniger Schülern gewählt wird, überlegte Riethmüller, wie dem entgegen gewirkt werden könne. „Eine Bewerbung für Fremdsprachenassistenten war hilfreich“, sagte sie.

Über ein Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) kam Anastasija Djomina Ende Oktober nach Gardelegen. Die 22-Jährige wurde in Weißrussland geboren, Vater Russe, Mutter Weißrussin. „Den größten Teil meines Lebens verbrachte ich aber in Russland“, erzählte sie. Dort studierte sie auch Deutsche Sprache und Literatur und absolvierte im vorigen Jahr den Bachelorabschluss. Als 16-jährige Schülerin war sie bereits für drei Monate als Austauschschülerin in Deutschland, besuchte eine Schule in Pritzwalk (Brandenburg). Vor drei Jahren war sie als Touristin in Berlin, Dresden und Wien unterwegs. Bis Mai lebt sie in einer Gastfamilie in Gardelegen und wird Gymnasiasten für die russische Sprache begeistern.

Ihre Aufgabe ist es, Übungen für den Russischunterricht der 7., 9. und 10. Klassen (Schüler der derzeitigen 8. Klassen haben sich nicht für Russisch entschieden) vorzubereiten. Im Unterricht wirkt sie selbst mit und berichtet auch viel über ihre Heimat und den Alltag in Russland. Außerdem bietet Djomina Nachhilfeunterricht für Russisch an, und sie leitet die Russisch-AG, die speziell Schüler der 5. und 6. Klasse erste Einblicke in das Fach, aber auch in Sprache und Kultur gewährt. „Es gibt viele Schüler der 5. und 6. Klasse, die gern Russisch lernen. Neulich wurde ich sogar von ihnen gefragt, ob wir nicht noch eine zusätzlich Stunde machen wollen“, freute sich die junge Frau über das große Interesse. „Als authentischer Sprachträger kommt Anastasija bei den Schülern gut an. Russland ist ein Land, das sich derzeit rasant entwickelt. Anastasija kann uns zum Beispiel berichten, wie sich das Frauenbild dort entwickelt, welche Wünsche und Perspektiven junge Leute haben“, fasste Riethmüller zusammen.

Und nicht nur Schülern gibt die Akademikerin Einblicke in die Entwicklung ihres Heimatlandes. Sie bietet gemeinsam mit Sandra Riethmüller in Gardelegen die Fortbildung „Neues Russland“ für Russischlehrkräfte an. Nach ihrem Deutschlandaufenthalt möchte Djomina in Russland den Masterabschluss absolvieren. Später möchte sie als Dozentin an einer Universität arbeiten. Ihren Interessenschwerpunkt lege sie dabei auf Psycholinguistik, eine wissenschaftliche Disziplin, die beschreiben und erklären will, wie Sprache mit dem Gehirn gekoppelt ist, wie der Mensch Sprache erwirbt und versteht. „Wir überlegen derzeit, ob wir die Bewerbung um eine Fremdsprachenassistentin wiederholen“, fügte Riethmüller hinzu. Gern möchte Anastasija Djomina im nächsten Jahr wieder ans Gardeleger Gymnasium kommen.

An Deutschland gefällt der 22-Jährigen die offene, höfliche Art der Menschen. „Mich persönlich fasziniert, dass es hier so viele Maßnahmen für den Umweltschutz gibt. Mülltrennung, umweltfreundliche Verkehrsmittel, dass kenne ich von zu Hause nicht.“ Nur eines findet sie komisch: die GEZ-Gebühren. „Dass man für Radio und Fernsehen zahlen muss, dass habe ich nicht verstanden.“