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SkandalOperation an falscher Stelle

Opfer des "OP-Skandals von Gardelegen" erhält 30.000 Euro Schmerzensgeld.

24.05.2017, 15:59

Stendal l Für den Sachverständigen war es ein eindeutiger Fall: Die Operation an der Wirbelsäule habe „in der falschen Etage“ stattgefunden. Doch hat der 2012 am Altmark-Klinikum Gardelegen erfolgte Eingriff jene Schmerzen verursacht, an denen der Kläger aus Gardelegen heute leidet? Oder hat die nicht erfolgte OP an der „richtigen Stelle“ diese Folgen?

„Eine ganz komplizierte Situation“, erläuterte der Leipziger Neurochirurg Dr. Julian Prell am Mittwoch vor dem Landgericht in Stendal. Praktisch sei dies nicht zu diagnostizieren.

Darauf kam es am Ende bei diesem Prozess indes gar nicht mehr an. Die Vorsitzende Richterin Haide Sonnenberg signalisierte bei dem Termin, der nach einjähriger Unterbrechung wieder aufgenommen wurde, gleich zu Beginn, dass die Erste Zivilkammer eine höhere Summe als Schadensersatz anerkennen würde, als jene 15.000 Euro, die Kläger-Anwalt Thomas Voigt in dem Verfahren gefordert hatte.

So kam es dann auch, als beide Parteien nach einer knappen Stunde dem Vergleich zustimmten: Der Patient soll insgesamt 30.000 Euro erhalten, 20.000 Euro davon als Schmerzensgeld. Damit sind aber auch alle Ansprüche des Mannes abgegolten, der derzeit arbeitsunfähig ist und durch eine Umschulung zumindest wieder für einige Stunden ins Arbeitsleben integriert werden soll, wie sein Anwalt erklärte.

Das Gericht machte dabei deutlich, dass der jetzige Zustand des Patienten keinesfalls allein auf die von den Operateuren Dr. T. und N. damals durchgeführten Eingriff zu begründen sei. Vielmehr seien bei dem Mann „mehrere Grundleiden“ vorhanden.

Sonnenberg hatte den höheren Schadensersatz mit Urteilen aus Nordrhein-Westfalen in vergleichbaren Fällen begründet, wo 20.000 bis 25.000 gezahlt worden sind.

Der Prozess ist einer von mehreren Schadensersatzprozessen, die nach dem so genannten OP-Skandal von Gardelegen in Stendal geführt werden. Sie hatten bislang unterschiedliche Ausgänge – manche Forderungen wurden als berechtigt eingestuft, in anderen Fällen war die Operation sachgerecht durchgeführt worden.

Das Gardeleger Altmark-Klinikum und Wirbelsäulen-Spezialist Dr. T. hatten Ende vorigen Jahres einen Vergleich geschlossen, bei dem das Klinikum seine Vorwürfe wegen medizinischen Fehlverhaltens zurückzog.

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum „OP-Skandal von Gardelegen“, der vor fünf Jahren überregional für Schlagzeilen sorgte, dauern dagegen noch an. Wie es heißt, sind nur noch eine kleine Anzahl von einstmals 400 Fällen strittig. Das Klinikum hat sich inzwischen längst als Krankenhaus für die medizinische Grundversorgung profiliert. Lukrative Wirbelsäulen-Operationen, die mehrere Jahre ohne entsprechend qualifizierte Fachleute durchgeführt wurden, gehören der Vergangenheit an.