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Sozialausschuss Gedenktafeln als Lernorte

Die Mitglieder des Gardelegener Sozialausschusses haben am Dienstag über das Aufstellen einer Erinnerungstafel am Postparkplatz beraten.

Von Malte Schmidt 25.02.2021, 04:00

Gardelegen/Letzlingen l Die AfD-Stadtratsfraktion in Gardelegen hat ihren Antrag, eine Gedenktafel in Erinnerung an die 52 Toten des Bombenangriffs der alliierten Verbände vom 15. März 1945 auf Gardelegen finanzieren zu wollen, während der Sitzung des Sozialausschusses am Dienstagabend zurückgezogen.

Vorausgegangen war, dass die Fraktion Anfang Januar einen entsprechenden Antrag für den Stadtrat für die Installation einer solchen Tafel auf dem Postparkplatz verfasst hatte. Und das sorgte für Kritik. Unter anderem kritisierte Hans-Joachim Becker, Kreisvorsitzender der Deutschen Kriegsgräberfürsorge, das Vorgehen. Becker: „Auf keinen Fall sollten Text und Finanzierung einer Gedenktafel in das Ermessen einer Partei gestellt werden, deren Position zu unserer Geschichte Objektivität vermissen lässt.“

Die Entscheidung über das Anbringen einer Gedenktafel auf dem Postparkplatz sei allein durch den Stadtrat und die Stadt zu treffen. „Und das auch erst nach einer entsprechenden Beratung mit den zuständigen Behörden und Institutionen“, machte Hans-Joachim Becker im Januar deutlich, der am Dienstagabend auch zur Sitzung des Sozialausschusses eingeladen worden war.

Zum AfD-Antrag hatte die Verwaltung eigene Vorschläge erarbeitet. In der Beratung gab dann Sozialausschussvorsitzende Sandra Hietel (CDU-Fraktion) zunächst der antragstellenden AfD-Fraktion das Wort. Und die zog den Antrag zurück, wie Stadtrat Georg Krutzfeld (AfD) im Namen der Fraktion erklärte.

„Uns liegt viel daran, dass wir dort die Erinnerungstafel platzieren, ich denke, dass geht den meisten Mitgliedern des Stadtrates genauso“, erklärte Bürgermeisterin Mandy Schumacher. Denn bereits vor dem Antrag der AfD-Fraktion habe es dazu bereits Bestrebungen seitens der Verwaltung gegeben, wie Schumacher weiter informierte.

Zurück geht das Ganze allerdings auf einen Vorschlag von Heinz Möhring aus Gardelegen. Er hatte mit Blick auf den Volkstrauertag festgestellt, dass es viele Orte des Erinnerns und Gedenkens mit entsprechenden Hinweistafeln in Gardelegen und Umgebung gibt. Nur nicht am Postparkplatz. Dort stand einst ein Wohnhaus. Der Keller war als Luftschutzkeller ausgewiesen. Am Nachmittag des 15. März 1945 hatten 52 Menschen dort Schutz vor dem Bombenangriff, dessen eigentliches Ziel die Bahnstrecke Hannover-Berlin war, gesucht. Allerdings traf eine Bombe das Wohnhaus mit dem Luftschutzkeller und den darin befindlichen Menschen.

Möhring hatte vorgeschlagen, eine Gedenktafel in Erinnerung an die Opfer des Bombenangriffs auch am Postparkplatz anzubringen. Der Vorschlag Möhrings war von Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Schumacher positiv aufgenommen worden. Sie wollte die Thematik zunächst in der Verwaltung besprechen (Volksstimme berichtete).

Dann kam die AfD-Fraktion mit ihrem wie eingangs erwähnt, mittlerweile zurückgezogenem Antrag.

„In Gardelegen hat sich in den zurückliegenden Jahren eine Gedenkkultur entwickelt, die dem Geschehen in unserer geschichtlich belasteten Region objektiv Rechnung trägt. Die Verantwortlichen der Stadt, die Kirchen, der Kultur- und Denkmalverein, der Förderverein Isenschnibber Feldscheune, unsere Schulen, die Kriegsgräberfürsorge und noch viele andere Institutionen und vor allem viele Einwohner unserer Stadt haben sich dabei mit eingebracht“, lobte Becker.

Gegen die Errichtung einer zusätzlichen Gedenktafel am Postparkplatz sei somit, wie Becker während des Sozialausschusses erklärte, prinzipiell nichts einzuwenden. Er führte jedoch fort: „Wenn aber die AfD für das Aufstellen einer solchen Gedenktafel plädiert und diese sogar finanzieren will, dann drängt sich die Vermutung auf, dass sie diese für ihre Form des Gedenkens und ihre Geschichtsauffassung an zentraler Stelle in unserer Stadt nutzen möchte“, so Becker.

Deshalb sei es wichtig, Gedenken mit der geschichtlichen Wahrheit zu verbinden und Kriegsgräber sowie Gedenkstätten für nachfolgende Generationen als Lernorte der Geschichte und als Mahnmale gegen das Vergessen zu betrachten, wie der Kreisvorsitzende der Deutschen Kriegsgräberfürsorge betonte. Er schlug während der Sitzung vor, dass unter anderem die Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Gardelegen in einem Projekt einen Text für eine Gedenktafel erarbeiten könnten. Für seine Ausführungen und Ideen erhielt Hans-Joachim Becker Zuspruch von den Mitgliedern des Sozialausschusses. „Ich muss sagen, dass ich den Vorschlag mit dem Gymnasium sehr charmant finde. Dort kann man durch den direkten historischen Bezug unserer eigenen Heimat großes Interesse bei den Jugendlichen wecken“, betonte Schumacher.

Einig waren sich die Ausschussmitglieder letztlich darüber, dass der Text und das Aussehen eines Steines oder einer Gedenktafel nicht in kürzester Zeit vorliegen müssen. In weiterer Folge werde zunächst seitens der Verwaltung im Gymnasium angefragt, ob Interesse daran besteht, das Thema im Rahmen eines Projektes aufzuarbeiten. Im Anschluss soll erneut darüber beraten werden.

Auf Nachfrage, weswegen der Antrag der AfD-Fraktion zurückgezogen wurde, erklärte Georg Krutzfeld: „Sowohl der Antrag der AfD als auch der Verwaltungsvorschlag zielen in die selbe Richtung. Darum hatte ich vorab angefragt, ob der Antrag der AfD in den Verwaltungsvorschlag eingebettet werden könnte, so dass es nicht getrennte Vorgänge sind, sondern ein einziger. Das ging jedoch nicht. Die Alternative war, dass wir den Antrag zugezogen haben.“