1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Ein Kümmerer ist gefragt

Sozialraumanalyse Ein Kümmerer ist gefragt

In Letzlingen gibt es Menschen, die einsam sind, beweist eine Analyse der Pfeifferschen Stiftungen. Diese ist jetzt ausgewertet worden.

Von Gesine Biermann 20.09.2017, 01:01

Letzlingen l Rund 1500 Menschen leben in Letzlingen. Gut 20 Prozent von ihnen sind älter als 65 Jahre. Nur wenige arbeiten noch in dieser Altersgruppe. Die allermeisten sind aber gut integriert in Familie und Nachbarschaft. Deutlich mehr als die Hälfte von ihnen fühlen sich sozial gut eingebunden. Alles gute Nachrichten.

Doch einige Zahlen in der Sozialraumanalyse, die Sophie Schönemann, Studentin an der Hochschule Magdeburg, in den vergangenen Monaten in Letzlingen und Umgebung im Rahmen ihrer Bachelorarbeit in der Studienrichtung soziale Arbeit zusammentrug, lassen dennoch aufhorchen.

So gaben 13 Personen an, in einem Einzelhaushalt zu wohnen. 19 Menschen betonten zudem, „nur einen flüchtigen oder gar keinen Kontakt“ zu anderen Menschen zu haben. Nur zehn Befragte erklärten, von der Pflegekasse Unterstützung zu erhalten – aber 37 würden Hilfe benötigen. „Es besteht immer die Gefahr der Vereinsamung“, mahnte Schönemann am Montag im Letzlinger Kulturhaus.

In ihrer Studie hatte die 27-Jährige das gesellschaftliche Leben, die medizinische und die Pflegeversorgung, das Wohnumfeld, Infrastruktur und Ehrenamt in Letzlingen und den Nachbardörfern Roxförde und Wannefeld unter die Lupe genommen. 84 Haushalte mit Personen über 65 Jahren hatten den Fragebogen zurückgeschickt. Aber „Dorf ist nicht gleich Dorf“, fand Schönemann heraus. Vor allem in Sachen Infrastruktur gebe es erhebliche Unterschiede.

Welche Erkenntnisse aus der Studie gezogen werden können und müssen, darüber diskutierten am Montag schließlich Vertreter aus Politik und Sozialwesen: Moderator Christoph Sterl von der Stabsstelle Diakonie und Seelsorge der Pfeifferschen Stiftungen holte sich neben seinen Kollegen, Steffi Ginap, Bereichsleiterin ambulante Dienste, und Vorstandschef Christoph Radbruch auch Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne, Letzlingens Hausärztin Annett Lüders und Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Zepig ins Podium. Die hatte auch gleich praktische Lösungen parat. Zum Thema Beratung könne sie sich zum Beispiel vorstellen, dass der Behindertenbeauftragte der Stadt Sprechstunden in den Dörfern anbietet. „Wir haben auch einen gut funktionierenden Sozialverband. Zusammen mit Landfrauen und Volkssolidarität wäre das ein tolles Paket.“

Auf durch Fördermittel gezielt unterstützte Projektarbeit setzte indes die Sozialministerin: „Nachteil ist hier nur, dass diese endlich sind.“ Projekte weckten Hoffnungen, die nicht langfristig erfüllt werden könnten, mahnte auch Christoph Radbruch. Ihn habe im Vortrag vor allem die Zahl der Pflegebedürftigen erstaunt, so der Vorstandschef. Wichtig wäre deshalb „ein Ansprechpartner vor Ort.“Und auf den laufe es am Ende auch hinaus, machte auch seine Kollegin Steffi Ginap klar: Am besten gefalle ihr dabei der Begriff „Kümmerer“. Das sei für die Menschen besser zu verstehen, als zum Beispiel „Quartiermanager.“

Die Pfeiffersche Stiftung als Diakonie könnte zu solch einem „Kümmerer“ in Letzlingen werden. Eine altbekannte „Kümmerin“ saß indes ohnehin im Zuschauerbereich und schrieb eifrig mit: Letzlingens Ortsbürgermeisterin Regina Lessing.