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Travestieshow Wenn die Tante ein Onkel ist

Ausverkauftes Schützenhaus: Die Travestieshow "Jingle Balls" bot in Gardelegen viel Gelegenheit für Amüsement.

Von Cornelia Kaiser 27.11.2017, 02:00

Gardelegen l Die Haare und Fingernägel sind gepflegt – die Witze sind es eher weniger. Wer eine Travestieshow besucht, muss sich darauf gefasst machen, dass nicht alles jugendfrei ist. Und wer sich als Mann in die Reichweite der auftretenden Künstler(innen) begibt, muss damit rechnen, dass es ihm an die Wäsche oder zumindest ans Haupt geht.

Eine Erfahrung, die am Freitagabend auch Martin Kießling aus Gardelegen macht. Und das gleich mehrfach. Er, der sich mit der Dame seines Herzens direkt vor der Bühne platziert hat, kann gar nicht so schnell gucken, da ist sein Kopf schon im Dekolleté von Miss Starlight verschwunden. Die Chefin der frechen Riege, die da auf der Bühne des ausverkauften Schützenhauses mit „Jingle Balls“ – das E ist bewusst durch ein A getauscht worden – nicht nur Bälle zum Klimpern bringt, trägt unter ihrem glitzernden Fummel einen Fettsuit und singt davon, dass dicke Mädchen ja immer die besten seien.

Überhaupt: Gesungen wird an diesem Abend viel. Getanzt und gezaubert auch. Und die Herrschaften auf der Bühne, die auf so hinreißende Namen wie Ivy Star, Monique oder Chantal Gpunkt hören, funkeln dabei mit der bereits aufgestellten Weihnachtsdekoration um die Wette. Ansonsten geht es wenig weihnachtlich zu. Dafür aber sehr frivol. Eine Bühnenfigur, die diesbezüglich besonders hervorsticht, ist Gene Pascal. Die hat nicht nur beeindruckende Körperproportionen und Perücken, sondern auch ein beeindruckendes Mundwerk inmitten eines perfekt geschminkten Gesichtes. Sie sei eine „Dame mit Stiel“, sagt sie. Und wenn Kinder angesichts ihres spektakulären Äußeren staunend vor ihr stünden, dann müsse sie erst einmal aufklären: „Ja, die Tante ist ein Onkel.“ Das komme davon, wenn sich, wie in ihrem Fall, der Vater einen Sohn und die Mutter eine Tochter wünsche. „Herausgekommen ist ein Cocktail“, so die Schönheit, die im wirklichen Leben Olaf heißt und aus München stammt. Dort ist auch Chantal Gpunkt alias Robert beheimatet. Ivy Star, die in Wirklichkeit auf den Namen Benny hört, kommt aus Hameln. Monique, die an diesem Abend gemeinsam mit Miss Starlight die Conference übernimmt, heißt eigentlich Dirk und ist in Düsseldorf zu Hause. Und die Chefin? Die ist ein Thomas und wohnt in Hannover.

Quasi auf halber Strecke in Richtung Gardelegen, nämlich in Wolfsburg, hat die Lonny Crew ihren Hauptsitz. Sie besteht aus jungen Hip-Hop-Dancern, die am Freitag einen großen Auftritt mit den Künstler(inne)n der Travestieshow haben. Dieser findet gleich nach der Pause statt, die an diesem langen Abend (mehr als drei Stunden) allerdings anders aussieht als bei Unterhaltungsprogrammen üblich. Die Hauptakteure verschwinden nicht etwa verschwitzt hinter der Bühne, sondern laden das Publikum dazu ein, sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Viele nutzen diese Gelegenheit. Vor allem Damen. Damen, an denen im Gegensatz zu den Fotoobjekten alles echt ist.