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Urteil In den Maßregelvollzug eingewiesen

Das Landgericht Stendal hat eine 52-Jährige in den Maßregelvollzug eingewiesen. Sie hatte ihre Mutter in Gardelegen fast totgeschlagen.

Von Wolfgang Biermann 24.08.2016, 23:01

Stendal/Gardelegen l Im Sicherungsverfahren um versuchten Totschlag in Gardelegen hat das Landgericht Stendal am Dienstagnachmittag das Urteil gesprochen. Die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Galler hat für eine 52-jährige ohne festen Wohnsitz, die beschuldigt war, am 13. Februar dieses Jahres ihre heute 81-jährige Mutter beraubt, sie mit einem Faustschlag niedergestreckt und anschließend mit einem Tritt auf den Kopf schwer verletzt zu haben, die zeitlich unbefristete Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses (Maßregelvollzug) angeordnet, weil sie im Zustand der Schuldunfähigkeit infolge paranoider Schizophrenie gehandelt habe, von ihr infolge ihres Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien und sie deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Die Schwurgerichtskammer wertete die Tat nicht als versuchten Totschlag, sondern lediglich als Raub mit Körperverletzung. Knut Brandstädter, Facharzt für Rechtsmedizin an der Uniklinik Magdeburg, hatte in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Kieferbruch bei der Mutter nicht von einem Sturz herrühren könne. Der Kieferbruch sei für die alte Dame potentiell lebensgefährlich gewesen.

Mit ihrem Urteil folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, der auf dem psychiatrischen Gutachten von Dr. Stephan Pecher vom Harzklinikum Blankenburg basiert. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hatte der Angeklagten in seinem Gutachten aufgrund ihrer psychischen Erkrankung den Ausschluss der Einsichtsfähigkeit und damit eine seelische Störung im strafrechtlichen Sinne bescheinigt. Darauf nahmen die Richter auch im Urteil Bezug. Unter die Schuldunfähigkeit fällt auch eine weitere Tat, die der 52-Jährigen zur Last gelegt wurde. Aus Wut auf eine Friseurmeisterin, die ihre Tochter angeblich unberechtigt als Auszubildende entlassen hatte, soll sie im Vorjahr die vier Reifen eines Mercedes mit einem Küchenmesser zerstochen haben. Das Messer hätte sie aus der Wohnung ihrer Tochter geholt, hatte die Beschuldigte beim Prozessauftakt zugegeben.

Auf dem Schaden von 600 Euro wird der Autobesitzer, es war nicht die Friseurmeisterin, sitzen bleiben. Denn da die Frau im strafrechtlichen Sinn nicht schuldfähig ist, ist auch zivilrechtlich nichts bei ihr zu holen.

Im Prozess gab die Beschuldigte immer wieder wirr klingende Erklärungen ab. Zum Beispiel, dass ihre Nationalität nicht Deutsch sei.

Ihre Verteidigerin wurde von ihr mehrfach dazu angehalten, irrelevante Beweisanträge zu stellen, unter anderem nach Glaubwürdigkeitsgutachten von Zeugen. Außerdem stellte sie auf Geheiß ihrer Mandantin den Antrag auf ein „Gegengutachten“ zum Gutachten des Gerichtspsychiaters.

Derartige Gegengutachten gibt es aber im Strafrecht nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und Revision dagegen beim Bundesgerichtshof möglich.