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Volkstrauertag Aufforderung, es besser zu machen

Auf dem Gardeleger Friedhof fand am Sonntag anlässlich des Volkstrauertages eine Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung statt.

Von Cornelia Ahlfeld 20.11.2017, 02:00

Gardelegen l Eine überaus würdige Gedenkveranstaltung hatten die Organisatoren für den gestrigen Volkstrauertag auf dem Gardeleger Friedhof vorbereitet – mit Gedenkreden und einer Fürbitte, die das Anliegen auf den Punkt brachten und die zu Herzen gingen, die dazu führten, dass die meisten Teilnehmer gedankenvoll den Friedhof verließen.

„Den Älteren von uns wird das Gedenken wichtig sein, weil sie eventuell noch aus eigenem Erleben wissen, was kriegerische Gewalt und Zerstörung bedeuten oder weil sie selbst Angehörige oder Freunde verloren haben“, sagte der Vorsitzende des Kreisverbandes der Deutschen Kriegsgräberfürsorgen, Dr. Hans-Joachim Becker. Aber wie könne es gelingen, „nach mehr als 70 Jahren seit Ende des Zweiten Weltkrieges das Gedenken und die Erinnerung an die verheerenden Kriege des 20. Jahrhunderts mit Millionen und Abermillionen Opfern im Bewusstsein unserer Jugend wach zu halten“, so Becker. Er warnte davor, die Deutungshoheit über die Geschichte Rechtspopulisten wie Björn Höcke von der AfD zu überlassen, der als Gymnasiallehrer das Holocaustdenkmal in Berlin als ein „Denkmal der Schande im Herzen Deutschlands “ bezeichnet hatte. Er habe damit das Gedenken an die im Dritten Reich grausam ermordeten sechs Millionen Juden beschädigt. „Umso mehr ist es unsere Pflicht, an diesen beispiellosen Völkermord zu erinnern und der Opfer zu gedenken“, forderte Becker.

Mit Sorge müsse man feststellen, dass viele Menschen aus der Geschichte nichts gelernt hätten. Man habe den Eindruck, dass völkisches Gedankengut, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus wieder auf dem Vormarsch seien. Zur Wahrung der Erinnerungskultur gehöre auch der Erhalt der Orte des Gedenkens. Alle Kriegstoten müssten würdevoll bestattet werden. Dazu würden völkerrechtliche Bestimmungen, wie die Menschenrechtscharta, verpflichten. Noch jetzt würden jährlich tausende Kriegstote von Mitarbeitern des Volksbundes geborgen und bestattet. Seit 1992 seien allein in Osteuropa 900.000 Kriegstote gefunden und umgebettet worden. Insgesamt werden vom Volksbund derzeit 843 Kriegsgräberstätten in 46 Ländern mit 2,7 Millionen Kriegstoten betreut. „Die Gräber sind für uns Aufforderung, es besser zu machen und den Anfängen neuen Unrechts und neuer Gewalt entgegenzutreten“, so Becker mit Blick auf weltweiten Terror, Bürgerkriege und den schwelenden Koreakonflikt.

Sehr emotional war dann auch die Rede von Detlef Stimbra von der Gardeleger Marinekameradschaft im Gedenken der vielen Opfer, die in beiden Weltkriegen auf hoher See ihr Leben verloren haben. „Und wir gedenken aktuell all der Männer, Frauen und Kinder, die auf der Flucht vor religiösem Wahn, Menschenverachtung und Rassenhass aus dem Nahen Osten oder Afrika sich dem Meer, das sie vielleicht noch nie zuvor gesehen haben, anvertrauten und auf der Überfahrt in die Freiheit und Sicherheit den Tod fanden. Möge einmal die menschliche Vernunft soweit sein, dass auf allen Meeren Frieden herrscht“, so Stimbra.

Annika Leue, Elisabeth Schönegge, David Wolfowski und Nils Hohmann vom Gardeleger Gymnasium trugen dann Namen von Gardeleger Kriegsopfern vor, um die Anonymität aufzubrechen. Gardelegens Pfarrer Martin Goetzki sprach im Fürbittgebet unter anderem davon, zu was der Mensch, geschaffen als Ebenbild Gottes, fähig sein kann, zu Gewalt, Missbrauch und Krieg. Im Anschluss folgte die Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges stellvertretend für alle Opfer von Krieg und Gewalt.