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Vor Gebäudeabriss Rettungsaktion für ein DDR-Kunstwerk

Das riesige Wandbild aus Glas, das einst in Kalbe den KfL-Eingang zierte, ist am Montag mit einer spektakulären Aktion gesichert worden.

Von Cornelia Kaiser 05.10.2017, 03:00

Kalbe. Es grenzt fast an ein Wunder. Während im früheren KfL-Sozialgebäude an der Alten Bahnhofstraße in Kalbe in den vergangenen Jahren sämtliche Scheiben zu Bruch gegangen sind, ist eine Glasfläche von den Vandalen verschont geblieben: Das Wandbild im Eingangsbereich des Gebäudes. Dieses wird gerade dem Erdboden gleichgemacht, weil auf dem Areal ein Einkaufsmarkt gebaut werden soll, für den am Freitag die Grundsteinlegung stattfindet. Doch besagtes Bild ist gesichert worden: nicht etwa von Kalbensern, sondern von einem Gardeleger.

Gerd Kraushaar heißt der Mann, der als freischaffender Architekt tätig und der davon überzeugt ist, dass sich irgendwo irgendwann Verwendung für diese baugebundene Kunst aus DDR-Zeiten finden lässt. „Ich bin schon lange dran an diesem Thema“, sagt der Fachmann, der seit Ende der 1960er Jahre Kontakte zu Glaskünstlern aus dem Raum Magdeburg gepflegt hat, von denen einige später auch für die Gläserne Blume im Palast der Republik, also dem wohl bekanntesten Glaskunstwerk der DDR-Geschichte, verantwortlich zeichneten.

Schon zur Jahrtausendwende beschäftigte sich Gerd Kraushaar intensiver mit dem Kalbenser Glasbild, konnte aber keine Verbindung zum Eigentümer des KfL-Areals herstellen. Als er dann vor einiger Zeit davon gehört habe, dass das frühere Sozialgebäude abgerissen werden solle, habe er, so berichtet der Gardeleger, den Investor, das Handelsunternehmen Norma, kontaktiert und sich dort schließlich die Erlaubnis geholt, das Kunstwerk zu sichern. „Mir wurde das unter der Voraussetzung gestattet, dass ich die Abrissarbeiten nicht behindere. Aber es war gar nicht so einfach, noch einen passenden Termin zu finden. Schließlich brauchten wir ja auch einen Autokran“, so Kraushaar.

Und dieser Kran ist nun am Montagvormittag am ehemaligen KfL-Sozialgebäude vorgefahren und hat das Buntglas aus der Verankerung und später auf einen Transporter-Anhänger gehoben. In Gardelegen wartet es nun auf seine weitere Verwendung. Bereits am Vortag hatten Gerd Kraushaar und ein Helfer die Vorarbeiten für diese Aktion getätigt. So hatten sie nicht nur die Einfassungen des riesigen Buntglasfensters gelöst – seine Einzelteile waren übrigens einst nicht mit Blei, sondern mit Beton befestigt worden –, sondern sie hatten das meterhohe Element auch noch an extra Gerüsten gesichert. Am Montag musste es also nur noch an den Haken genommen werden.

Bei der Vorbereitung, so berichtet Kraushaar, habe er auch einen eingravierten Hinweis auf den Schöpfer dieser baubezogenen Glaskunst gefunden. Sein Name: Otto Hamann. Nicht nur diesem beziehungsweise dessen Familie dürfte es freuen, dass das Bild, das über Jahrzehnte den Anblick der Alten Bahnhofstraße geprägt hat, gerettet worden ist.