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Wahrzeichen Der Torwächter und seine Verehrer

Der Torwächter von Salzwedel erregt an seinem Ruheplatz die Gemüter. Ein unterlegener Mitbieter hätte andere Pläne für ihn gehabt.

Von Cornelia Ahlfeld 09.09.2020, 04:00

Gardelegen/Letzlingen l Mit großer Verwunderung hat Volksstimme-Leser Detlef Schumann aus Gardelegen aus der Volksstimme erfahren, dass der hölzerne Torwächter vom Salzwedeler Tor nun an der Faulen Breite in Letzlingen liegt, beziehungsweise bald wieder steht, und somit quasi ein Wächterauge auf das Gewässer des Letzlinger Angelvereines haben wird.

Schumann gehörte nämlich zu den Bietern, die den Torwächter ersteigern wollten. Das war bereits im Sommer 2016 der Fall, nachdem der Torwächter im Jahr zuvor nach einem Pilzbefall von seinem Sockel am mittelalterlichen Stadttor genommen werden musste. Brennholz oder doch noch eine Verwendung, war damals die Frage. Die Stadt entschloss sich zur Versteigerung.

Vier Bieter gab es seinerzeit. Den Zuschlag erhielt die Firma Gala Serv aus Gardelegen, die den Torwächter wieder aufarbeiten wollte. Bis April 2019 hörte man nichts mehr vom Torwächter. Der nämlich war unterdessen von der Gardelegener Firma zurückgegeben worden. Eine Sanierung sei unmöglich, hieß es.

Danach lag er wochenlang unbeachtet auf dem Gelände der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Südliche Altmark. Bis Letzlingens Ortsbürgermeisterin Regina Lessing in einer Bauausschusssitzung im Mai des vorigen Jahres vorschlug, dem Holzkerl in Letzlingen, am Gewässer der Angler, eine letzte Ruhestätte zu geben. Das passierte dann auch.

Der Torwächter wurde nach Letzlingen gebracht. Ende Juli dieses Jahres fertigten die Angler eine Stahlkonstruktion an – gewissermaßen als Stützhilfe, denn der hölzerne Geselle sollte wieder aufrecht ins Heidedorf blicken können (Volksstimme berichtete).

Detlef Schumann allerdings hätte es nur als fair empfunden, wenn die Stadt im Vorfeld die unterlegenen Bieter gefragt hätte, ob sie denn noch Interesse hätten. „Und das hätte ich gehabt“, betonte Schumann. Der Torwächter sollte unweit seines alten angestammten Platzes wieder aufgestellt werden. Und zwar nahe des Krankenhaus-Kreisverkehrs.

„Dort errichten wir seit fast zwei Jahren ein seniorengerechtes Wohnhaus. Und genau auf dem Bereich der Außenanlage wollte ich für den Torwächter einen erhöhten Sockel errichten“, erzählte Schumann. Der unteren Teil des Michels, der irreparabel verfault war, sollte abgetrennt, und „der Rest dann nach erfolgter Reha“ wieder aufgebaut werden – „gut sichtbar für jeden vorbeischlendernden Bürger unserer schönen Stadt“, so Schumann.

Er hätte sich jedenfalls gewünscht, dass es seitens der Stadt noch einmal eine Nachfrage gegeben hätte. So habe das Ganze den bitteren Beigeschmack, dass man „offene Türen der Lokalpolitik“ genutzt habe.

Das wies Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Schumacher zurück. Es hätte zunächst die Idee gegeben, den Torwächter im Bürgerpark wieder aufzubauen. Als klar gewesen sei, dass dieser Plan wegen seines Zustandes nicht realisierbar war – „weil innen morsch, außen Pilz“ – sei in den Fachausschüssen des Stadtrates darüber gesprochen worden.

Regina Lessing und Wannefelds Ortsbürgermeister Gustav Wienecke hätten dann die Idee mit der Liegeposition am Teich in Letzlingen eingebracht. „Und das war ein schöner Kompromiss, weil er einen schönen Lebensabend haben sollte“, betonte Schumacher.

Angefertigt hatte den Torwächter Roland Lindner aus Zerbst im Jahr 2003 aus dem Holz eines 250 Jahre alten Eichenbaumes, der am Salzwedeler Tor stand und 2001 einem Sturm zum Opfer fiel.

„Und dieser Künstler hat auch gesagt, dass ein Kunstwerk aus Holz eben seine Zeit hat und irgendwann vergeht“, so Schumacher. Und da der Torwächter in einem solchen Zustand war, wo ein Ende abzusehen ist, habe man auch nirgends noch mal nachgefragt.