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Wirtschaft König Arbeiter: Wie Firmen um Personal werben

Für Unternehmen wird es immer schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden. Bei der NTN Antriebstechnik Gardelegen geht man nun neue Wege.

Von Gesine Biermann 05.12.2017, 20:00

Gardelegen l Maschinen, verkleidet mit weiß lackiertem Stahlblech, saubere Fußböden, blinkende Lämpchen – wer nicht weiß, was hier produziert wird, kann es zumindest auf den ersten Blick auch nicht erkennen. Unter einem metallverarbeitenden Betrieb stellt sich der Laie ja eigentlich etwas anderes vor. Doch hier ist keine Spur von fliegenden Metallspänen oder öligen Werkbänken. Fast steril wirken die Arbeitsplätze. Und doch wird in der modernen Produktionshalle der NTN Antriebstechnik GmbH in Gardelegen Stahl bearbeitet. Und zwar sehr präzise. Die Firma produziert Gelenkwellen unter anderem für VW und Daimler.

Rund 140 Mitarbeiter arbeiten in drei Schichten. Ihre Arbeitshosen sind sauber. Und auch körperlich schwer ist die Arbeit an den modernen, computergesteuerten Maschinen eigentlich nicht. Die hochtechnologischen Prozesse, die in den Maschinen ablaufen, müssen hauptsächlich überwacht werden. Anspruchsvoll ist der Job deshalb schon. Aber dafür auch nicht langweilig.

Eigentlich alles gute Voraussetzungen für Mitarbeiter. Und doch ist es heute für viele Firmen schwer, gutes Personal zu finden. Genau deshalb bieten Unternehmer mittlerweile oft viel mehr, als nur einen Arbeitsplatz, weiß auch NTN Personalchefin Doreen Kaiser. Denn auch sie kennt den Kampf um gute Leute aus ihrem Alltag.

Dass man ihn gewinnen kann, beweist das Unternehmen indes seit Jahren. „Die Fluktuation bei uns liegt bei etwa 0,1 Prozent“, beziffert Kaiser, „wenn jemand das Unternehmen verlässt, dann meist wegen eines Umzuges.“ Etliche Mitarbeiter der NTN seien sogar schon seit 46 Jahren im Unternehmen, also seit Firmengründung der IFA in Haldensleben als Ursprungsfirma der NTN Antriebstechnik.

Dass aktuell dennoch immer wieder neues Personal benötigt wird, liegt vor allem an der guten Auftragslage, betont Kaiser. Deshalb sei auch das Thema Ausbildung ganz wichtig. „Wir wollen uns schließlich auch eigenes gutes Personal sichern.“

Vier Azubis lernen derzeit im Betrieb. Ihnen ist, wenn sie ihre Prüfungen schaffen, ein Arbeitsplatz sicher. „Auch für 2018 sind bereits sechs neue Ausbildungsplätze geplant.“ Doch ob die besetzt werden können, hänge natürlich von den Bewerbern selbst ab. Denn längst kommen nicht mehr so viele Bewerbungen auf einen freien Ausbildungsplatz, wie noch vor zehn Jahren. Der Geburtenknick mache dem Unternehmen da schon zu schaffen, weiß Kaiser. Aber leider komme auch hinzu, dass die Jugendlichen heute oft zunehmend schlecht vorbereitet seien auf ihr künftiges Arbeitsleben. Und das liegt bei NTN natürlich hauptsächlich im Bereich der Produktion.

90 Prozent der 140 Mitarbeiter arbeiten in diesem Bereich. Und immerhin 60 Prozent kommen tatsächlich aus branchentypischen Berufen, sind Metallfachleute, meist Zerspanungs- oder Industriemechaniker und Industrieelektoniker. „Es ist gut, wenn die Mitarbeiter Hintergrundwissen haben und die Abläufe nachvollziehen können“, betont Doreen Kaiser. Aber auch Quereinsteiger bekommen im Unternehmen eine Chance. „Es gibt gute Leute, die sich wirklich für diese Arbeit interessieren.“ Genau ihnen biete die Firma dann auch gern die Möglichkeit, sich einzuarbeiten. Weiterbildungen, die im Zusammenhang mit dem Job stehen, werden sogar finanziell gefördert. So unterstützt NTN zum Beispiel Mitarbeiter, die nebenberuflich die Technikschule besuchen und sich so Karrierechancen sichern. Denn auch die gibt es im Unternehmen. Am Anschlagbrett in der Produktionshalle sind sie im Bedarfsfall ausgeschrieben. Denn es sei ideal, wenn sich gute Leute aus den eigenen Reihen auf solche Posten bewerben, betont Kaiser. Die wissen eben schon, wie es läuft.

Ganz wichtig findet die Personalerin zudem das Thema Gesundheitsfürsorge. Und das bedeute nicht nur, die Arbeitsschutzausstattung bereitzustellen, die gesundheitsfördernd ist.

Regelmäßig viermal im Jahr finden auch Meetings zum Thema statt. „Wir schauen dabei immer, ob wir etwas verbessern können.“ Mitarbeitern, die nach einer längeren Krankschreibung wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren, werden zudem Krankenrückkehrgespräche angeboten, um beim Wiedereinstieg zu helfen. „Und das sind keine Angstgespräche“, betont Kaiser, „wir wollen, dass sich unsere Leute wohlfühlen. Und wo es geht, helfen wir dabei.“

Das Ergebnis ist messbar. „Wir haben nämlich einen sehr geringen Krankenstand“, versichert die Personalerin. Ein besonderes Bonussystem spielt dabei aber sicher auch eine Rolle: Bei NTN gibt es nämlich pro Quartal eine Gesundheitsprämie, einen Bonus, der auch gesundheitsbewusstes Verhalten belohnen soll. „Es ist ja für alle gut, wenn die Leute selbst ein bisschen auf sich aufpassen.“

Immer wieder ein großes Thema, insbesondere bei Einstellungsgesprächen, sei allerdings die Schichtarbeit. „Die macht es Unternehmen auch besonders schwer, Personal zu finden.“ Leider sei sie unumgänglich, aber derzeit wird das Schichtsystem in der Produktion gerade umgestellt, auf einen gesünderen Rhythmus, bei dem die Mitarbeiter unter anderem auf zwei freie Wochenenden im Monat vertrauen können. Zudem gibt es bei NTN ein Zeitkonto, über das die Angestellten und Arbeiter selbst entscheiden können. Bei Überstunden sei eine Auszahlung der Mehrarbeit ebenso möglich, wie das Abbummeln.

Außerdem bietet die Firma Gespräche zur betrieblichen Altersvorsorge an, es gibt 30 Tage Urlaub im Jahr und auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld. „Das ist auch nicht überall selbstverständlich.“

Ein weiteres Extra betrifft die Arbeitskleidung. „Die wird bei uns gestellt und auch regelmäßig gereinigt“, betont Kaiser, „der Mitarbeiter hat damit nichts zu tun.“

Zeiten zum Umziehen und Duschen zählen bei NTN zudem zur Arbeitszeit und werden bezahlt. Wer nach der Spät- oder Nachtschicht nach Hause kommt, könnte also theoretisch gleich sauber ins Bett fallen, sagt Doreen Kaiser schmunzelnd. Manchmal sind es eben auch die kleinen, alltäglichen Dinge, die die Mitarbeiter aber zu schätzen wüssten.

Völlig umgestellt hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren allerdings seine Stellenbewerbungen. Längst sind nicht mehr nur Zeitungsinserate Thema. „Wir werben auch auf unserer eigenen Homepage oder zum Beispiel bei Facebook um Personal, vor allem, um junge Leute anzusprechen“, sagt Kaiser. Und sogar Bandenwerbung beim 1. FCM oder ein Promostand bei großen Spielen sind mittlerweile Wege, um Mitarbeiter zu gewinnen.

Bei aller modernen Werbung im Kampf um gute Mitarbeiter dürfe man indes einen wichtigen Punkt nicht vergessen, weiß Doreen Kaiser. Bei NTN werde vor allem Wert auf eine wirklich kollegiale Zusammenarbeit gelegt. „Egal ob Mitarbeiter in der Produktion oder in der Verwaltung, wir arbeiten alle im Team“, sagt die Personalchefin. Und das gelte für alle. „Auch bei unserem Geschäftsführer Guido Steffen ist die Tür immer offen!“