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Waschmitelwerk Kein Ende der Zitterpartie in Genthin

Dienstag war für die 128 Mitarbeiter des Waschmittelwerkes der vorerst letzte Arbeitstag. Gekündigt sind sie damit allerdings noch nicht.

Von Mike Fleske 01.07.2015, 01:01

Genthin l Der Betriebsrat hatte gehofft, das heutige Szenario doch noch abwenden zu können. Erfolglos. Punkt 9 Uhr werden Mitarbeiter der Arbeitsagentur in das Waschmittelwerk kommen, um die notwendigen Formalitäten für eine mögliche bevorstehende Arbeitslosigkeit zu treffen. Das sei eine „Erstversorgung“, sagte Betriebsratsvorsitzender Olaf Thiele bitter. „Wir wollen unsere Leute nicht im Stich lassen.“

Thiele sagte gegenüber Volksstimme, dass ein Notsystem gebildet werden solle, um die Chemieanlagen in Stand-By-Betrieb zu halten. Denn bei deren Abschaltung drohe ansonsten das Erlöschen der Betriebserlaubnis. Ob das Notsystem überhaupt zustande kommt, stand bis gestern Vormittag allerdings noch nicht fest.

Erst am Nachmittag informierte Bürgermeister Thomas Barz, dass das Notsystem eingerichtet sei. Für Genthin bedeutet dies ein Zeitgewinn für weitere Entscheidungen.

Olaf Thiele verfügt trotz der bedauerlichen Entwicklung der letzten Tage und Wochen immer noch über ein kleines Fünkchen Zuversicht. „Wir hoffen, dass es bald mit einem neuen Investor weitergehen kann.“

Die Landespolitik sprach gestern davon, dass die Zeit zu kurz gewesen sei, um einen neuen Investor zu finden. Wie der Betriebsrat informierte, gäbe es für das Waschmittelwerk Aufträge, die im Ein-Schicht-System bis Juli/August abgearbeitet werden können. „Solange der Markt da ist, bleiben wir für einen Investor interessant“, sagte Thiele in aller Eindringlichkeit. Doch es werde mittlerweile immer schwieriger, die Mitarbeiter in dieser Situation zur Weiterarbeit zu motivieren. Der Betriebsrat bedauere, wie übrigens auch das Wirtschaftsministerium und der Insolvensverwalter, nicht in den Verkaufsprozess integriert worden zu sein. „Es ist, als ob man Zeuge eines Mordes wird und den Täter nicht greifen kann“, beschrieb Olaf Thiele die aktuelle Gemütslage der Waschmittelwerker.

Die Enttäuschung ist nicht nur bei der Belegschaft des Waschmittelwerks groß. Landrat Steffen Burchhardt bedauert die jetzt entstandene Situation sehr: „Wir hatten die Hoffnung, dass es einen geordneten Übergang gibt, jetzt ist eine sehr unangenehme Situation für die Mitarbeiter entstanden.“ Der Landrat gibt die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Traditionsstandortes aber noch nicht auf: „Es gibt Interessenten, und möglicherweise kommt in absehbarerer Zeit ein neuer Investor zum Zuge.“ Er hoffe, dass so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten werden können. Das Ende des Waschmittelwerkes wäre ein schwerer Verlust. „Ich möchte gar nicht umfänglich beschreiben, welche Auswirkungen sich durch den Wegfall eines der größten Arbeitgebers des Landkreises für die Region ergeben würden.“ In Genthin gibt es bereits jetzt Probleme am Standort. Viele der Versorgungslinien laufen über das Waschmittelwerk. Die Stadt Genthin hat daher im vergangenen Jahr mit der Entflechtung dieser Strukturen versucht, eine Sicherheit für die ansässigen Unternehmen zu veranlassen. „Dafür hatte das Land auch Gelder bereitgestellt, jedoch ist durch die mangelnde Gesprächsbereitschaft des Eigentümers keine Einigung erzielt worden“, macht der Landrat deutlich. Auch deshalb komme es auf den Fortbestand des Waschmittelwerkes an. „Die Betriebe im Gewerbegebiet können nicht so schnell autark werden“, meint der Landrat.

Für Genthins Bürgermeister Thomas Barz ist die jetzige Situation nicht völlig hoffnungslos. „Durch den zugesagten Notbetrieb gewinnen wir Zeit, um das weitere Vorgehen zu entwickeln.“ Es habe in den vergangenen Wochen Gespräche mit dem Niederlassungsleiter des Waschmittelwerkes gegeben und den im Gewerbepark ansässigen Unternehmen.

„Man muss an dieser Stelle einen Dank an die Vertreter der Firmen richten, die im Industriepark ebenfalls betroffen sind.“

Die Unternehmen hätten sich stark für den Weiterbetrieb des Waschmittelwerkes engagiert. Die enorme Bedeutung des Waschmittelwerkes sei in der Stadt allen bewusst.