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Genthiner Geher Ehre für Olympia-Teilnehmer

Würdigung für Siegfried Lefanczik. An seinem 85. Geburtstag durfte er sich in das Goldene Buch der Stadt Genthin eintragen.

Von Mike Fleske 06.07.2015, 15:53

Genthin l Mit einer Unterschrift in das Ehrenbuch der Stadt Genthin verewigte sich Siegfried Lefanczik in der Reihe von Politikern, Kulturschaffenden und verdienten Sportlern der Stadt Genthin. „Sie haben sich um Ihre Heimat verdient gemacht. Sie sind eine Sportler-Legende und durch Ihre Arbeit als Fotograf und Bautechniker vielen Genthinern bekannt“, sagte Bürgermeister Thomas Barz während seiner kurzen Ansprache.

Den Ehrentag beging Lefanczik mit seiner Ehefrau Marlies, sowie Sohn Renè und Enkelin Anna. Viele Gratulanten erwiesen dem Jubilar an diesem Tag die Ehre. Zu den Gästen gehörte auch Stadtrat Horst Leiste, dem der Besuch ein persönliches Anliegen war. „Mensch, Siegried wir kennen uns schon fast so lange, wie ich denken kann“, begrüßte Leiste seinen alten Freund. Beide plauderten angeregt über alte Zeiten, in denen die sportliche Karriere des heute 85-jährigen Lefanczik im Mittelpunkt stand.

Ab 1949 war Lefanczik als Geher aktiv, erst in der BSG Traktor Tucheim, dann SV Chemie Genthin. Ab 1953 war er Teil der gesamtdeutschen Geher-Mannschaft und nahm zwischen 1954 und 1957 regelmäßig an den Internationalen „Quer durch Berlin West“ (25 Km) teil. Diesen Wettberwerb konnte Lefanczik zweimal gewinnen. 1956 wurde er als Olympia-Kandidat nach Melbourne geschickt. Er habe als Sportler drei Viertel von Europa kennengelernt, sagt Lefanczik. Zur damaligen Zeit ein Privileg. Warschau, Amsterdam London und Rom, waren die Stationen. Rom, 1960 Stätte der Olympische Spiele, sollte eigentlich der Höhepunkt der Karriere des damals 30-Jährigen werden. Er nahm als Teil der gesamtdeutschen Mannschaft an den Spielen teil.

Doch aus dem Olympiatraum beim 20 Kilometer Gehen wurde nichts. Noch während des Laufs nahm ihn der oberste Kommissar wegen unsauberen Gehens aus dem Rennen - bei Kilometer 17 und auf Platz fünf liegend. Disqualifikation. Ein schwerer Moment für den Genthiner, der sich ohne Trainerstab auf die Wettkämpfe vorbereitet hatte und sich in einem Ausscheidungswettkampf das Flugticket nach Rom holte. „Der Erste, der mich im Olympischen Dorf tröstete, war Rennrad-Legende Täve Schur“, erinnert sich Lefanczik.

Während eines Wettkampfes in London im Sommer 1961, erfuhr Lefanczik vom Bau der Mauer. „Wir wussten damals erst gar nicht, was der Mauerbau überhaupt bedeutete,“ sagt er heute. Doch er blieb seiner Heimat Tucheim, in der er 1946 als Umsiedler gekommen war, treu. Bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf ging Siegfried Lefanczik bis zu 130 Kilometer pro Woche. Weil es nur wenige anspruchsvolle Strecken in der Gegend gab, nutzte Lefanczik einmal die Autobahn als Trainingsstrecke. „Als die Polizei mich bemerkte, gaben sie mir aber bis zur nächsten Ausfahrt Geleitschutz“, erzählt er lachend in der Runde der Gäste.

Mit seinen Trainingsläufen habe er 40?000 Kilometer absolviert. „Etwa einmal um die Erde bin ich im Training gelaufen“, stellt Lefanczik fest und schmunzelt. Bekannt ist er vielen Genthinern durch das Mai-Gehen in der Kanalstadt, dass bis 1964 eines der Ereignisse der Stadt war. 1957 konnte er dabei den Sieg über zehn Kilometer erringen. Neben seiner Sportler-Karriere widmete er sich der Weiterbildung. Seit 1954 war Lefanczik im Waschmittelwerk Genthin tätig.

Er begann ein Abendstudium zum Bautechniker in Magdeburg, später machte er eine fotografische Ausbildung. Beides die technische Gestaltung und die Fotografie, begleitete ihn sein ganzes Arbeitsleben, das bis 1995 andauerte. Noch heute interessieren ihn aktuelle Trends des Fotowesens. „Die neuen Kameras haben so viele Einstellung und Bearbeitungsmöglichkeiten direkt im Gerät, davon hätten wir früher nur träumen können.“

Viele Veränderungen in der Kanalstadt hat Lefanczik mit der Kamera begleitet, einiges auch aktiv mitgestaltet. Als ehrenamtliches Redaktionsmitglied der Volksstimme, lieferte er Material zu und verewigte sich auch tagesaktuell. Heute lässt es der ehemalige Leistungssportler ruhiger angehen. Er kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken, das ihn zu einem Teil der Geschichte seiner Heimatstadt gemacht hat.