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Hochzeit „Es ist so toll, so individuell hier!“

Routine wird sich nie einstellen, betont Anja Schünicke, die nun seit 16 Jahren als Standesbeamtin in Jerichow tätig ist.

Von Sigrun Tausche 17.01.2016, 13:00

Jerichow l Es war zwar kein Rekordjahr – 2014 waren es sogar 53 Eheschließungen – aber es waren doch wieder eine ganze Menge Hochzeiten, was zweifellos vor allem der Beliebtheit des Klosters als Ort der Trauung und nicht selten auch gleich zum anschließenden Feiern zu verdanken ist.

Heiraten im Kloster – dazu nehmen längst zahlreiche Paare mit ihren ganzen Hochzeitsgesellschaften auch weitere Wege in Kauf. Von den 45 Paaren kamen 27 Paare von außerhalb und 18 aus der Einheitsgemeinde Stadt Jerichow, 32 Paare gaben sich im Kloster das Ja-Wort, 13 im Rathaus, berichtete Anja Schünicke.

Die lustigste Begebenheit erlebte die Standesbeamtin vergangenes Jahr bei einer Trauung im Rathaus, und sie muss immer noch lachen, wenn sie davon erzählt:

Immer wieder gebe es Paare, die telefonisch einen Termin ausmachen, um dann zur Anmeldung herzukommen und anschließend gleich zu heiraten. Im vorigen Jahr habe es hierbei mit fünf Paaren, die es so eilig hatten, einen Rekord gegeben.

Diese Paare verzichten in der Regel auf einen „großen Bahnhof“, kommen zwar durchaus schmuck gekleidet, aber nicht in typischer Hochzeits-Gala und nicht mit vielen Gästen.

Eine Ausnahme gab es nun: Die beiden erschienen in Anzug und Brautkleid und brachten etwa 20 Gäste mit. Während sich das Paar zunächst im Büro des Standesamts anmeldete, warteten die Gäste auf dem Rathaushof.

Das erregte allerdings Aufsehen. Immer mehr Köpfe erschienen in den Fenstern – die Kollegen wurden neugierig, was denn da los ist, und vermuteten schließlich „Anja hat eine Hochzeit vergessen!“ Und dann kamen anfeuernde Kommentare wie: „Na, jetzt aber schnell!“ oder „Beeile dich mal ein bisschen!“ „Ich hab gar nicht verstanden, warum meine Kollegen so drängelten“, erinnert sich Anja Schünicke. Erst nach der Eheschließung habe sie mitbekommen, dass die Kollegen glaubten, sie hätte den Termin verschwitzt... Sie konnte dann alle beruhigen, dass alles genau so abgelaufen sei, wie das Paar es sich gewünscht hatte!

Etwas ganz Besonderes waren die beiden Mittelalterhochzeiten im Juli. Die beiden Paare kamen in toller mittelalterlicher Festkleidung, und nach der standesamtlichen Trauung im Sommerrefektorium fand noch eine mittelalterliche Zeremonie mitten auf dem Festgelände des historischen Klostergartenfests statt, das damit auch eröffnet wurde. „Auch die Musik mit der Liveband und dem Dudelsackspieler garantierte eine Gänsehaut“, erinnert sich Anja Schünicke.

Katja Gericke hatte am 15. Mai 2015 ihr erstes Paar getraut. Sie hatte sich nach ihrer Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten gleich zur Standesbeamtin weiterqualifiziert und nun ihr erstes Jahr gut gemeistert. „Sie hat zwölf Paare glücklich gemacht“, berichtet Anja Schünicke. Gleich beim zweiten Paar sei die Braut ihre beste Freundin gewesen. Da war die Aufregung natürlich besonders groß.

Aufgrund eigener (ein klein bisschen peinlicher) Erfahrung möchte Katja Gericke allen künftigen Bräutigamen noch einen gut gemeinten Tipp geben: Um Verwechslungsgefahren zu vermeiden, ist eine Ansteckblume am Anzug sehr hilfreich. Sonst könnte es durchaus passieren, dass die Standesbeamtin in ihrer Aufregung den Bräutigam fragt, ob er ein Trauzeuge ist ...

„Aber nicht nur Katja als Neueinsteiger ist vor Eheschließungen immer sehr aufgeregt, auch ich bin es nach 16 Jahren immer noch – mal mehr und mal weniger“, sagt Anja Schünicke. „Das wird sich bei uns beiden sicherlich auch nie ändern, weil aus Trauungen bei uns nie eine Routinearbeit werden wird.“

Das wissen besonders Paare, die aus größeren Städten kommen, zu schätzen. Immer mal wieder hören die beiden Standesbeamtinnen lobende Worte, wie: „Es ist toll in so kleinen Ämtern, so individuell. Das ist in großen Ämtern gar nicht möglich!“ Die Trauungen so gut wie möglich nach den Wünschen der Paare zu gestalten, das liegt den beiden Frauen sehr am Herzen. Und das kommt an.

Noch schöner gestaltet werden können künftig auch Trauungen im Rathaus, kündigt Anja Schünicke an. Der Rathaushof wurde nun schmuck hergerichtet, und mit Einzug des Frühlings wird sich die neue Grünanlage dann in voller Pracht präsentieren. Auch Parkplätze gibt es hier, so dass sich die Hochzeitsgesellschaften nicht mehr an der Bundesstraße versammeln müssen, sondern vom Hof her das Rathaus betreten und bei schönem Wetter danach auch hier noch verweilen, Baumstämme zersägen, Herzen ausschneiden und Fotos machen können.

Auch um einen Sektempfang kümmert man sich hier im Rathaus – wie im Kloster ohnehin – gern. „Dabei helfen die Kollegen im Rathaus gern“, sagt Anja Schünicke.

Am heutigen Sonnabend, dem „16.1.16“, heiratet hier das erste Paar dieses Jahres. 32 Paare haben für 2016 schon einen Termin reserviert. „Es gibt aber noch viele freie Termine. Wir freuen uns auf ganz viele Paare und sind sehr gespannt auf sie.“