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Demonstration Rechten-Demo zieht durch Genthin

Genthin erlebte mit etwa 200 Teilnehmern die größte rechtsgerichtete Demo der jüngeren Gegenwart.

Von Simone Pötschke 18.01.2016, 10:00

Genthin l Mit dem Läuten der Kirchenglocken der St. Trinitatiskirche nahm gestern ein Ereignis seinen Lauf, das Genthin in Rechts und Bunt spaltet.

Während sich etwa 200 rechtsgerichtete Demonstranten mit ausländerfeindlichen Spruchbändern und laut skandierend auf dem Weg durch die Innenstadt machten, versammelten sich laut Genthiner Stadtverwaltung 250 Menschen vor der evangelischen Kirche zu einer Veranstaltung für Demokratie, Frieden und Toleranz. Sie waren einem Aufruf der Kirchen und der Stadt gefolgt, um ein Zeichen gegen den rechten Aufmarsch zu setzen.

„Wir wollen heute ein Zeichen setzten und jeglicher Form von Extremismus, rechtem wie linken, keinen Raum geben“, sagte Bürgermeister Thomas Barz zu Beginn der Veranstaltung. „Das wir heute in Wohlstand und Freiheit leben dürfen, ist ein Resultat unserer demokratischen Grundordung“, verdeutlichte der Bürgermeister. Man müsse sich den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. „Diese Diskussionen gehören in die Parlamente und Gremien, sie dürfen nicht auf der Straße ausgetragen werden.“ Daher sei es ein wichtiges Signal, dass so viele Menschen vor der Kirche zusammengekommen seien.

Mit Gebeten für Frieden und gemeinsamen Liedern wandeten sich die Kirchenvertreter Beate Eisert von der evangelischen und Pfarrer Stephan Donath von der katholischen Kirche an die Menschen. Sie wandten sich gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Besonders das Abschlusslied „We shall overcome“ war vielen noch von den Demonstrationszügen im Herbst 1989 im Gedächtnis.

An diese Zeit erinnerte SPD-Stadtrat Horst Leiste und mahnte, dass die damals erkämpfte Freiheit verteidigt werden möge. CDU-Stadtrat Alexander Otto sah nun seine junge Generation in der Pflicht, sich zu engagieren. „Jeder der Schutz braucht, soll diesen bekommen.“ Jedoch müsse jeder, der nach Deutschland komme, unsere Werte und Regeln anerkennen, meinte er mit Blick auf die Kölner Geschehnisse in der Silvesternacht. Linken-Politiker Harry Czeke verurteilte jedwede Form von Gewalttaten und warnte vor einer Scheinheiligkeit. „Das Asylrecht ist kein Gastrecht.“ Wer hier Straftaten begehe, für den gelte das deutsche Strafrecht. Eine Forderung nach Abschiebung hielt er nicht für geboten.

Grünen-Stadtrat Lutz Nitz erinnerte an die humanistischen Werte, die den Mensch in den Vordergrund stellen. Er zitierte Mark Twain „Ich habe keine Rassen-, Standes- oder religiöse Vorurteile. Es genügt mir zu wissen, jemand ist ein Mensch“ und wandte sich gegen jede Herabwürdigung anderer Menschen. CDU-Stadtrat Gordon Heringshausen stellte sein Engagement im Begleitausschuss für das Bundesprogramm „Demokratie leben“ in den Vordergrund seiner Rede. „Die Demokratie muss verteidigt werden in der Familie, in Vereinen und Clubs, tagtäglich.“ Auch die SPD-Landtagskandidatin Franziska Kersten und Juso-Chef Fabian Borghardt richteten Worte an die Menschen vor der Kirche.

Auf dem Genthiner Marktplatz versammelte sich derweil die Kundgebung zu der die Bürgerbewegung Genthin aufgerufen hatte. Unter großem Polizeiaufgebot blieb es lediglich bei Versuchen von einigen Autonomen, den rechten Demonstrationszug zu stürmen. Solche Situationen ergaben sich gleich zum Auftakt der Demo am Marktplatz und nur kurze Zeit später an der Kreuzung Kleine Schulstraße/Brandenburger Straße. Die Schar der Neugierigen, die den Demozug vom Straßenrand aus beobachteten, hielt sich in Grenzen.

Lediglich unmittelbar am Marktplatz stellten sich einige neugierige Passanten ein, später, etwa an der Breitscheidstraße oder auf dem Rückweg blieb es bei Blicken aus dem Fenster. Der Demonstrationszug, dem sich offensichtlich viele Jugendliche aus den Nachbarstädten anschlossen, legte an der Kreuzung Karower-Straße/Breitscheidstraße einen Zwischenstopp für eine kurze Kundgebung ein. Als Redner agierte Matthias Fischer, ein Mann aus der Führungsriege der NPD und Gastredner des „Dritten Weges“. Er rief unter Beifall die Demonstranten mit Parolen voller Fremdenhass dazu auf, sich mit den Zielen des „Dritten Weges“ zu solidarisieren.

Nach gut einer Stunde hatte die Demo der Rechten, der sich auch etliche Genthiner anschlossen, ihren Ausgangspunkt wieder erreicht, wo noch einige Redner zu Wort kamen.