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Ausstellung Wie sich Natur auf Papier ballen lässt

„Kleinigkeiten“ heißt die neue Ausstellung in der Genthiner Stadt- und Kreisbibliothek, die der Karower Künstler Erhard Holley gestaltete.

Von Natalie Häuser 24.01.2016, 07:00

Genthin l Freiwillig saßen sie bei minus zehn Grad gemeinsam auf der alten Elbe. Trotz bereits blau angelaufener und taub gefrorener Hände, die kaum noch einen Stift halten wollten, wurde stets eifrig gearbeitet. „Das war ein Credo Josef Prauses“, erzählte Künstler Erhard Holley eine von vielen Episoden, die er während seines künstlerischen Schaffens mit dem Genthiner Künstler und Ehrenbürger erlebte. Es war eine etwas andere Ausstellungseröffnung, die die Kunstinteressierten kürzlich anlässlich des 100. Geburtstages Josef Prauses in der Genthiner Stadt- und Kreisbibliothek erlebten.

Sein einstiger Schüler und langjähriger Freund, der Karower Künstler Erhard Holley, nahm seine „Kleinigkeiten“ im Rahmen zum Anlass, an den Genthiner Künstler zu erinnern. Bis heute ist Holley seinem Freund dankbar, dass er ihn immer wieder für die Schönheiten der Natur begeisterte.Die besten Motive hat der in Karow lebende Künstler mit der wald- und wasserreichen Landschaft des Jerichower Landes direkt vor der Haustür. „Josef Prause hat stunden- und tagelang versucht, die Natur auf Papier zu ballen“, erinnert sich der 68-jährige Holley an die Ausdauer seines Freundes.    

Lobende Worte fand für das Wirken Prauses in der Region. „Er war eine Gestalt, die im Kunstbetrieb des Jerichower Landes nach 1945 überhaupt nicht wegzudenken ist. Und hat unheimlich viel Zeit, Kraft und Kreativität in seine Arbeiten investiert“, so der Künstler über den im Herbst 2007 verstorbenen Künstler. Aus einer ersten Begegnung im Jahre 1972 entstand eine 35-jährige Freundschaft. Es gab viele gemeinsame Reisen. Gut erinnert sich Bibliotheksleiterin Gabriele Hermann hingegen noch an ihre erste Begegnung mit dem Schaffen Erhard Holleys. Das farbenfrohe Triptychon mit dem Kosmonauten in der Mitte sah sie im Jahre 1986 zu Beginn ihrer Arbeit im Kreiskabinett für Kulturarbeit zum ersten Mal. „Dieser ersten Begegnung folgten viele weitere persönliche, auch gemeinsam mit Josef Prause.“

Eine detaillierte Vorstellung der Person Erhard Holleys war bei den vielen ihm vertrauten Gesichtern im Raum mehr ein Ehren seines eigen Schaffens, als informatives Neuland. Dennoch zitierte Herrmann aus einem noch unveröffentlichtem Künstlernachschlagewerk des Jerichower Landes über ihn: „Nach der Wende nutzte er die neuen Freiräume neben dem Lehrerberuf und wurde im Laufe der Jahre zu einem der wichtigsten Anreger der regionalen Kunstentwicklung des Jerichower Landes.“ Zudem ergänzte sie selbst, dass er gern den Kontakt zu vielen anderen Menschen suche, um mit ihnen neue Dinge auf den Weg zu bringen.

Neben der Schau in der Kreisbibliothek nahm der Genthiner Bürgermeister Thomas Barz den 100. Geburtstag Josef Prauses zum Anlass, eine neue Idee vorzustellen, die im Rathaus bis zum Ende des Jahres verwirklicht werden soll. „Mir fehlt im Rathaus ein bisschen die Persönlichkeit, deshalb wollen wir bis spätestens Ende des Jahres eine Galerie der Ehrenbürger schaffen.“ Dabei hofft der Stadtchef auch auf die Unterstützung der Ausstellungsbesucher. So sollen künftig Menschen, die sich in und um Genthin verdient gemacht haben, einen Platz im Verwaltungszentrum bekommen. Anlässlich Prauses Geburtstag, erinnerte sich Barz an die kürzliche Begegnung mit dem Hundertjährigen Genthiner Curt Jutzi. „Für uns sind 100 Jahre eine lange Zeit, Curt Jutzi hingegen sagte, es sei für ihn ein Wimpernschlag.“

„Und nun gucken sie sich die Kleinigkeiten, die ich bei Gelegenheit nebenbei verbrochen habe an“, lud er die zirka 50 Gäste aus Genthin und Umgebung ein, die rund 30 Ausstellungsstücke zu begutachten. Ein Künstler sollte seine Antennen stets in alle Richtungen ausfahren, fleißig sein und sich bezogen auf sein Werk in Bescheidenheit üben. Eigentlich brauche die Welt all diese Bilder nicht, sagt Holley. Umso mehr freut es ihn, dass so viele Menschen gekommen sind, um sich daran zu erfreuen. Die Ausstellung „Kleinigkeiten“ kann bis Mitte März zu den Öffnungszeiten der Bibliothek besucht werden.