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Diamanthochzeit „Eine Familie gehört zusammen“

Das Fest ihrer diamantenen Hochzeit feierten am Donnerstag die Genthiner Inge (81) und Lothar Kienscherf (83) aus Altenplathow.

Von Simone Pötschke 05.03.2016, 11:11

Genthin l Wenn das diamantenen Paar heute im Hotel Stadt Genthin zur großen Familienfeier lädt, werden Inge und Lothar Kienscherf sicherlich die Geschichte ihrer „eiskalten“ Heirat zum besten geben müssen. Schon am Donnerstag, daheim in der Runde von Freunden und Bekannten, erheiterte sie die Gemüter. Es sei, erzählt Lothar Kienscherf, ein so lausekalter Tag ihrer kirchlichen Heirat in der Altenplathower Kirche gewesen, dass sogar die Orgel ihren Dienst versagte und ihm als Bräutigam unentwegt die Nase getropft habe. Nach der Eheschließung stapfte die ganze Hochzeitsgesellschaft in hohem Schnee zu „Mansfeld“, einer seinerzeit angesagten Lokal in Genthin. Das Brautpaar genoss allerdings das Privileg, mit dem Pkw zum Fotografen gefahren zu werden.

Nein, ein schlechtes Omen für ihre Ehe sollten diese Geschehnisse an dem kalten Wintertag jedoch nicht werden. Als die diamantene Braut am Donnerstag ihr Sektglas erhob, um mit den vielen Gästen, darunter auch Genthins Bürgermeister Thomas Barz, in der guten Stube auf das Ehejubiläum anzustoßen, sagte sie liebevoll an ihren Ehemann Lothar gerichtet: „Ich bin zufrieden, dass ich mit ihm 60 Jahre zusammenleben durfte.“ Lothar Kienscherf unterbreitete seiner Frau keine verbale, sondern eine symbolische Liebeserklärung und schenkte ihr zum diamantenen Hochzeitsfest einen kleinen weißen Fliederstrauß - einen solchen Strauß trug sie vor sechzig Jahren als Brautstrauß.

Das Paar, das ohne Wenn und Aber einräumt, Höhen und Tiefen miteinander erlebt zu haben, steht zur Institution Ehe: „Schluss machen gab es bei uns nicht. Eine Familie hält zusammen“, sagt Inge Kienscherf und ihr Ehemann nickt ihr bei diesen deutlichen Worten kommentarlos zu. Kennengelernt haben sich die Beiden bei einem Sportlerball im Volkshaus. Lothar Kienscherf, begeisterter und erfolgreicher Kegler, ermunterte einen Sportsfreund, seine Tochter mit zum Ball zu bringen und ebnete sich damit, zunächst völlig ahnungslos, sein Eheglück. Noch als über 80-Jähriger erzählt Lothar Kienscherf davon, dass es zunächst recht komisch gewesen sei, dass mit der Hochzeit aus dem Sportsfreund „Fritz“ plötzlich der Schwiegervater geworden war.

„Heute wär die Anrede kein Problem, damals aber schon“, erzählt der diamantene Bräutigam. Inge Kienscherf heiratete seinerzeit in eine Handwerkerfamlie ein, der ein Generationswechsel bevorstand. Nachdem der Vater Lothar Kienscherfs nicht aus dem Krieg zurückkam, war es an ihm, die Tischlerei in Altenplathow von seinem Großvater zu übernehmen. Der 83-Jährige, obwohl im Ruhestand, ist zeitlebens Tischlermeister mit Haut und Haar geblieben. Türen und Fenster verließen hauptsächlich seine Werkstatt.

Auch wenn es zu DDR-Zeiten, wie er sich erinnert, nicht immer leicht gewesen sei, an qualitativ hochwertiges Holz zu kommen, die Arbeit habe ihm aber immer viel Spaß gemacht. Kienscherf sieht dabei in seiner Ehefrau eine Partnerin, sie stets hinter seinem beruflichen Erfolg stand. „Sie war immer Mädchen für alles, hat mitgeholfen, wo es vonnöten war. Aus dem Geld, das sie in vielen Jahren in vielen Berufen umsonst erarbeitet hat, haben wir die Feier zu unserer goldenen Hochzeit finanziert“, scherzt der diamantene Bräutigam. Vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Jungen, hat das Paar in das Leben hinausbegleitet. Längst hat sich auch bei ihnen Nachwuchs eingestellt: „Wir haben vier Enkelkinder und 2 3/4 Urenkel“, erzählt Lothar Kienscherf und zeigt auf die vielen gerahmten Fotografien, die in der Schrankwand ihren Platz gefunden haben.

Den Traditionsbetrieb seiner Familie weiß Lothar Kienscherf längst bei seinem Sohn Carsten in guten Händen. Seit über 100 Jahren gibt es die Tischlerei Kienscherf nun. Trotz ihres hohen Alters haben sich die Kienscherfs die Freude am Leben erhalten können. Inge Kienscherf mischt regelmäßig dienstags im Rommé-Klub mit, der Frauen aus Genthin und Altenplathow vereint. Für Lothar Kienscherf, als aktiver Kegler einst DDR-Meister, gibt es noch lange keinen Abschied von seiner Kegelhalle. Jeden Donnerstag trifft sich seine Skatrunde noch auf der Kegelbahn. Über die Altenplathower Kirchturmspitze schauen beide, wenn sie einmal im Jahr die Koffer packen und Urlaub vom Alltag machen. Der Tischler Kienscherf geht dann allerdings mit auf Reisen, wie eine kunstgewerblich Holz-Miniaturarbeit aus dem Allgäu zeigt, die er aus dem Urlaub mitgebracht hat und die ihren Platz an der Wand der guten Stube gefunden hat. Seine erste Schiffsreise hat das Paar erst im hohen Alter unternommen.