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Integration Brüten und Nisten in 25 Kästen

In der Werkstatt des Genthiner Guericke-Jugendhauses werkelten Einheimische und Flüchtlinge gemeinsam und bauten Nistkästen.

Von Mike Fleske 23.03.2016, 06:00

Genthin l „Noch ein bisschen weiter links und etwas tiefer aufhängen“, ruft Wolfhard Meerkatz dem auf der Leiter stehenden Rut Assadi zu. Der korrigiert die Lage des kleinen Nisthäuschens und erntet ein zustimmendes Nicken: „So ist es gut.“ 50 Meter weiter der nächste Baum, der nächste Nistkasten. Rut Assadi schnappt sich einen der Holzkästen, krabbelt die Leiter empor und kurze Zeit später hängt das nächste Holzhäuschen am Baum. Zwölf Nistkästen hat die Truppe aus dem Guericke-Haus vor Kurzem an den Bäumen zwischen Schwimmhalle und Kita Sonnenschein am Birkenwäldchen angebracht. Dort sollen Kleiber, Rotkehlchen oder Kohlmeise eine Stätte für das Brüten und ihre Nachkommen finden. Weitere 13 Nistkästen wurden im Bereich hinter dem Friedhof angebracht. „Die Aktion ist von der Stadt genehmigt und vom Bauhof unterstützt worden“, erläutert Meerkatz.

Die Nisthilfen seien ein Beitrag zur biologischen Vielfalt im heimischen Grün. „Die Ansiedlung von Singvögeln in Nistkästen dient dazu die Ausbreitung von Schädlingen einzudämmen, dann braucht man kein Gift sprühen, denn Vögel vernichten die Raupen.“ Die selbstgebauten Nistkästen sind das erste Ergebnis der Arbeit in der Werkstatt im Guericke-Jugendhauses im Pappelweg. Ende des vergangenen Jahres initiierte der Freizeitverein Süd V die Werkstatt, als Ort für die Begegnung der einheimischen Bevölkerung mit Flüchtlingen bei der gemeinsamen Werkelei mit Holz. Geld gab es dafür vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Bis zum Sommer wird die Werkstatt mit Mitteln aus dem Demokratieprogramm gefördert. Immer dienstags und donnerstags können Besucher sich an Holzarbeiten versuchen. Dann dringt aus dem Keller des Guericke-Jugendhauses lautes und geschäftiges Hämmern und Sägen, weil eifrig gewerkelt wird.

Zum Kern der Besucher gehören zumeist sechs junge Flüchtlinge, darunter syrische und afghanische Männer. „Wir sind in Genthin freundlich aufgenommen worden und haben so die Möglichkeit, etwas zu tun und auch ein wenig an die Einheimischen zurückzugeben“, sagt einer. Nebenbei lernen die jungen Leute während sie arbeiten die deutsche Sprache. Diese ist, wie sollte es in einer Werkstatt anders sein, geprägt von den Begriffen für die Werkzeuge. Zollstock, Hammer oder Säge sind Begriffe, die alle verstehen. Auch wenn es sprachlich nicht immer klappt, irgendwie finden sich die Bastler schon zurecht. Zur Not mit Händen und Gesten. Seit dem vergangenen Jahr hat sich im Guericke-Haus viel getan. Unter der Anleitung des ehrenamtlichen Werkstattleiters Meerkatz wurden zunächst die lange ungenutzten Räume wiederhergerichtet. Mittlerweile sind die Räume eingerichtet und mit Handwerkszeug ausgestattet worden. Auch ausreichend Material, vor allem Holz, ist vorhanden. Die Nistkästen waren nur ein Teil der Arbeit. Außerdem wurden Küchenutensilien aus Holz, wie etwa ein Bratenwender, unter seiner Anleitung entstehen.„Ich hoffe, dass wir noch weitere Holzarbeiten entstehen“, sagt Wolfhard Meerkatz. Ihm schwebt vor, auch Unterkünfte für Fledermäuse, Eulenkästen oder Insektenhotels zu bauen. „Vielleicht hätten an den Insektenhotels auch Grundschulen Interesse“, meint Meerkatz. Schließlich seien die Arbeiten durchaus von Qualität. „Wir verwenden nur Naturholz.“

Etwas zurückhaltend reagieren bislang noch die Einheimischen. „Ich würde mir wünschen, dass Anwohner die Werkstatt nutzen und mal vorbeischauen“, meint Meerkatz. Es ist ohnehin das erklärte Ziel des Projektträgers, aus der Werkstatt einen Wohngebiets-Treff zu entwickeln, der die Möglichkeit von Begegnungen von Flüchtlingen und Anwohnern einräumt. Perspektivisch soll sich das Spektrum der Werkstatt neben dem Holz- später auch auf den Metallbereich erstrecken. Für die Zukunft ist auch die Reparatur von Fahrrädern im Gespräch. Die Werkstatt gegenüber der Grundschule „Ludwig Uhland“ ist zweimal in der Woche, jeweils dienstags und donnerstags, von 9 bis 12 Uhr für alle geöffnet, die Interesse haben handwerklich tätig zu werden.