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Modellprojekt Auf die Pflicht folgt die Vereinskür

SV Chemie Genthin und der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalt haben ein Modellprojekt auf den Weg gebracht.

Von Simone Pötschke 30.05.2016, 07:00

Genthin l Gängige Schlager von Helene Fischer lassen die Reha-Sportler locker und entspannt zu ihren Übungen in der neuen Vereinssporthalle antreten, die Übungsleiterin Brigitte Kabelitz für die bevorstehende Stunde zusammengestellt hat. Seit sechs Jahren betreut sie Reha-Sportgruppen, denen sowohl Vereinsmitglieder, aber auch Patienten angehören, denen ein Arzt Rehabilitationssport verordnet hat.

Der SV Chemie verfügt neben Brigitte Kabelitz, Antje Hagenau, Christine Schmidt und Simone Kraaß über weitere lizenzierte Übungsleiterinnen, die Reha-Sport für 15 Sportgruppen in den Bereichen Inneres und Orthopädie abdecken können.

Drei Ärzte zeichnen zudem für die Herz-Gruppe verantwortlich, die sich wöchentlich in der Schwimmhalle und/oder der Sporthalle treffen.Der SV Chemie Genthin plant nun, diese Angebote aufzustocken. Das ist eine Seite des Modellprojektes, das der Sportverein mit dem Behinderten- und Rehabilitationssportverband, dessen Mitglied er seit Anfang der 1990er Jahre ist, einging.

Vereinsvorsitzender Fritz Mund macht klar, was sich hinter dem sperrigen Namen des Modellprojektes „Von der ärztlichen Verordnung zur dauerhaften Mitgliedschaft im Sportverein“ verbirgt. Neu, das werden beim SV Chemie die Gruppen für Diabetiker, Atemwegserkrankte und Sport nach Krebs sein, die bis zum 31. Dezember dieses Jahres ins Leben gerufen werden sollen. Maximal 15 Teilnehmer könnten sich zu einer Gruppe zusammenschließen. „Wir setzten als Verein auf die Einsicht der Reha-Sport-Teilnehmer mit ärztlichen Verordnungen, dass ihnen der Sport etwas gibt und sie ihn weiter betreiben“, erklärt Fritz Mund. Anders gesagt: Auf die Pflicht eine Kür folgen zu lassen.

Vereinsmitglieder wie Hans-Heinrich Hilke (70) aus Genthin unterstützen dies ohne Wenn und Aber. Vor 15 Jahren kam er nach einer OP auf ärztliche Verordnung in die Herz-Sportgruppe und blieb ihr bis vor kurzem treu. „Ich kann wirklich nur jedem raten, dauerhaft Gesundheitssport zu treiben. 15 Jahre einmal wöchentlich schwimmen - Danach habe ich glücklich und zufrieden die Schwimmhalle verlassen. Ich habe mich jedesmal richtig gut und fit gefühlt“, bringt es Hilke auf den Punkt.

„Ich möchte den Sport nicht mehr missen“, sagt auch Erika König aus Parey. Sie nahm nach einer Herz-Erkrankung zwei Jahre über eine ärztliche Verordnung den Reha-Sport wahr. Seit 2008 tut sie als Vereinsmitglied einmal wöchentlich jeweils in der neuen Sporthalle bzw. in der Schwimmhalle etwas für ihre Gesundheit.

Indem der Verein nun den Gesundheitssport auf ein größeres Fundament stellt, versucht er auch, sich auf den demographischen Wandel nach seinen Möglichkeiten einzustellen. Das Modellprojekt formuliert ehrgeizige Ziele: So sollen die Hälfte der Teilnehmer am Reha-Sport mit ärztlicher Verordnung dem Beispiel von Hans-Heinrich Hilke und Erika König folgen und weiterhin Gesundheitssport im Verein betreiben. Den Zuwachs von 40 bis 60 neuen Vereinsmitgliedern hält Fritz Mund für realistisch. Der SV Chemie ist mit rund 850 Mitgliedern der größte Verein Genthins. Dem Reha-Sport haben sich bisher knapp 130 Vereinsmitglieder verschrieben.