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Tierwelt Rettungsaktion ohne Happy End

In Genthin wurde eine schwerverletzte Schildkröte gefunden. Eine aufwendige Rettungsaktion blieb ohne Erfolg.

Von Kristin Schulze 29.06.2017, 01:01

Genthin/Berlin l Eine schwerverletzte Schildkröte ist am Dienstag in Genthin am Elbe-Havel-Kanal gefunden worden, sie wurde in eine Berliner Tierklinik gebracht, wo sie leider eingeschläfert werden musste.

Mitglieder des Tierschutzvereins hatten das Reptil entdeckt und es der Stadt gemeldet. Dirk Röber von der Genthiner Feuerwehr nahm sich der Sache an und stellte Verletzungen am unteren Panzer fest. „Vermutlich war sie deshalb in den Steinen gefangen“, sagt Bürgermeister Thomas Barz. Röber schickte dem Stadtchef Fotos des Tieres. Der nahm eine genauere Klassifizierung vor und tippte auf eine nordamerikanische Schmuckschildkröte, was sich später in der Tierklinik bestätigt.

„Trachemys Scripta“, präzisiert die Berliner Tierärztin Ivonne Sommerfeld. Zu ihr brachte Dirk Röber die Schildkröte am späten Dienstagnachmittag. „Erst dachten wir, sie sei nicht so schwer verletzt und wollten sie nach Brandenburg in die Reptilienauffangstation bringen“, erzählt Thomas Barz. Die wird von Marco Hafenberg betrieben, der wie Barz Mitglied im Förderverein des Zabakucker Tierparks ist. Auch Hafenberg bekam per Handy Fotos von der Schildkröte. Weil der Panzer stark beschädigt aussieht, riet er das Tier nach Berlin zu bringen. „Auch die untere Naturschutzbehörde des Landkreises haben wir informiert“, sagt Thomas Barz. Sogar ein möglicher neuer Halter für die Schildkröte war schnell gefunden.

Leider umsonst. „Die Panzerfraktur war sehr massiv, das habe ich so noch nicht gesehen“, sagt Ivonne Sommerfeld am Mittwoch. In der Berliner Praxis werden regelmäßig Schildkröten und andere Reptilien behandelt. „Das Gewebe war schon abgestorben, wir mussten sie leider einschläfern.“

Die Tierärztin vermutet, dass die Schildkröte ausgesetzt worden ist. „Das passiert bei diesen Tieren häufig. Man kauft sie sehr klein, schnell werden sie dann aber sehr groß und machen viel Arbeit.“ Sommerfeld hält einen Unfall der Schildkröte für unwahrscheinlich. „Das sind ganz geschickte Kletterer“, erklärt sie. Die Verletzungen würden darauf hindeuten, dass sie geworfen worden ist.

Bei einem minderschweren Fall hätte man die Wunde versorgt und den Panzer mit Spezialkleber gekittet.

Die nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte hat ein großes Verbreitungsgebiet, ist zum Beispiel in New Mexico, Virginia und Alabama zu Hause. Seit dem 13. Juli 2016 gilt sie als „invasiv“ und steht auf der Liste der in der EU unerwünschten Spezies. Das heißt, man darf sie hier nicht mehr halten, verkaufen oder vermitteln, weil sie sich der Umgebung gut anpasst und eine Bedrohung für einheimische Arten darstellt.

Auch das Halten anderer Schildkrötenarten würde laut Ivonne Sommerfeld oft unterschätzt. „Viele rechnen nicht damit, wie arbeitsintensiv so ein Tier werden kann.“ Die in Genthin gefundene Schildkröte sei für ein Aquarium zu groß gewesen. „Die kann man drinnen nicht halten, es sei denn, man hat ein beschwimmbares Zimmer.“ Sommerfeld empfiehlt für solche Tiere grundsätzlich einen Teich. Vorbildlich reagiert hätten die Genthiner. „Ohne deren Hilfe wäre sie qualvoll gestorben. Reptilien leiden leise, leider konnten wir ihr Leben nicht retten, aber wenigstens wurde sie von ihren Schmerzen erlöst.“