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TAV Genthin Klare Ansage für neue Kläranlage

Der TAV Genthin hat mit der Entscheidung über eine neue Kläranlage die Hand auf dem Budget des Gebührenzahlers.

Von Simone Pötschke 02.06.2019, 20:10

Genthin l Lohnt sich für den Trinkwasser-und Abwasserverband Genthin (TAV) der Neubau einer kommunalen Kläranlage? Hier würden die Abwässer der Unternehmen des Chemieparks, für die der TAV abwasserbeseitigungspflichtig ist, und die der Ortsteile der Einheitsgemeinden Genthin und Jerichow geklärt. Kommt ein Neubau dem Gebührenzahler zugute?

Darauf soll eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, für die nach europaweiter Ausschreibung die Bietergemeinschaft aqua-consult und Pabst & Partner aus Erfurt/Hannover den Zuschlag erhielt, eine Antwort geben. Im Herbst, so die Auskunft des Ingenieurbüros bei der jüngsten Verbandsversammlung, sei mit belastbaren Ergebnissen zu rechnen, so dass der TAV zu einer Entscheidung über die Zukunft der Abwasser-Entsorgung kommen könne.

An den Zahlen, die dann vorgelegt werden, macht der TAV fest, welchen Weg er einschlagen wird: Nimmt der Verband die Abwasserentsorgung wieder in kommunale Hände oder überträgt er die Leistung – ohne das Abwasser-Aufkommen von ReFood – nach einer Ausschreibung wieder an einen privaten Dritten.

Keine leichte Entscheidung, die eine lange und komplexe Vorgeschichte hat. Seit Mitte der 1990er Jahre leitet der TAV die kommunalen Abwässer in die Kläranlage der Firma ReFood (vormals Rethmann) auf dem Gelände des jetzigen Chemieparkes ein. An den Preisen schieden sich dann mit den Jahren die Geister: Rethmann/ReFood hat mehrere Entgeltanpassungen von anfänglich 0,77 Euro pro Kubikmeter (brutto) bis zu 1,26 Euro pro Kubikmeter (brutto) im Jahr 2012 vorgenommen. Das hat den TAV im Interesse seiner Gebührenzahler veranlasst, seit 2012 sehr konkret über eine Abwasserklärung in kommunale Verantwortung nachzudenken. Dafür will der Verband die vor 23 Jahren stillgelegte TAV-Kläranlage in Genthin, die nur mit einer mechanischen Reinigungsstufe ausgestattet war, verfahrenstechnisch auf einen modernen Stand bringen.

Das Verhältnis zwischen TAV und ReFood gilt seither als schwierig. Im permanenten Streit um Preise kündigte ReFood den Einleitvertrag zum 4. September 2017 und verband dies mit der Forderung nach einem neuen Vertrag mit für das Unternehmen besseren Konditionen, um in der Vergangenheit unterbliebene und nun dringend erforderliche Investitionen an der Kläranlage zu finanzieren. Als ein hart umkämpfter Konsens kam schließlich zwischen ReFood und dem TAV ein bis 2026 geltender Vertrag zustande, in dem ein Reinigungsentgelt von 1,56 Euro (brutto) pro Kubikmeter festgeschrieben wurde. Ebenso beinhaltet der Vertrag eine Preisgleitklausel, so dass auch weiterhin mit Entgelterhöhungen zu rechnen ist.

Die Laufzeit des Vertrages setzt den TAV nun zeitlich unter Druck, sich für eine der Optionen zu entscheiden.

Die gegenwärtige Situation des TAV, resümierte Frank Dahlendorf vom Ingenieurbüro aqua-consult vor den Verbandsmitgliedern nach einer ersten Analyse, sei aus „rechtlicher und wirtschaftlicher Situation nicht zufriedenstellend.“ Rechtlich unter anderem auch deshalb, weil ReFood bisher nicht den erforderlichen Konzessionsvertrag unterschrieben hat, der es ReFood ermöglicht, das Abwasser der Unternehmen des Chemieparkes zur Reinigung zu übernehmen. Dahlendorf spitzte zu: Für den TAV gelte, entweder eine kommunale Kläranlage bauen oder sich auf rechtlich sichere Füße stellen.

Aus wirtschaftlicher Sicht würden nach Dahlendorf derzeit Jahres- und Betriebskosten für die Nutzung der ReFood-Anlage für den TAV anfallen, die um etwa zehn bis 20 Prozent über dem Durchschnitt der kommunalen Entsorger in Sachsen-Anhalt liegen.

Schwierig stellt sich für den TAV in der gegenwärtigen Vorplanung allerdings der Umstand dar, dass keine belastbaren Daten über die Gesamt-Einleitmengen für einen möglichen Neubau vorliegen. ReFood hat im Gegensatz zu allen anderen Unternehmen, die im Chemiepark ansässig sind, bisher noch keine Anga- ben über seine Einleitmengen und deren Zusammensetzung für die Wirtschaftlichkeitsberechnung übermittelt. Anhand der bisher vorliegenden Angaben geht der TAV davon aus, dass ohne ReFood eine neue Kläranlage mit 28 Prozent aus Abwasser der Industriebetriebe und mit 72 Prozent aus kommunalen Abwässern gespeist werden kann. Aus diesem Verhältnis leiten sich wiederum verfahrenstechnische Konsequenzen für den Bau der Kläranlage ab.