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Abwasserentsorgung Kritik an hohen Gebühren in Jerichow

Ein offener Brief thematisiert zu hohe Gebühren bei der dezentralen Abwasserentsorgung. Betroffen sind vor allem kleine Orte.

Von Thomas Skiba 19.08.2020, 23:01

Kade l In einem offenen Brief mahnt Hartmut Nothe aus Kader Schleuse die Benachteiligung von Haushalten mit dezentraler Abwasserentsorgung an. Seinen Berechnungen zufolge unterscheiden sich die Gebühren der beiden Entsorgungsarten derart, dass es für ihn wie auch für andere Betroffene ein haltloser Zustand sei, den es zu beseitigen gilt. Gerade kleinere Orte in der Einheitsgemeinde Jerichow sind davon betroffen, etwa Altenklitsche oder Kader Schleuse. Dazu hat Nothe die Gebührenbescheide des Trinkwasser und Abwasserverbandes Genthin (TAV) studiert und mühevolle Vergleiche zwischen zentraler und dezentraler Abwasserentsorgung angestellt. Das Ergebnis liegt für ihn klar auf der Hand. Bis zu dem Dreifachen an Entsorgungsgebühren bezahlen die Besitzer von Sammelgruben und Kleinklärgruben.

Diese Aufschlüsselung, verbunden mit der Bitte, dass zu ändern, stellte Hartmut Nothe auf der letzten Verbandsversammlung des TAV vor (Volksstimme berichtete). Hier brachte Nothe zur Sprache, dass die TAV-Praxis gegen das Solidarprinzip und benachteilige die Haushalte finanziell, die nicht zentral an die Abwasserleitung angeschlossen sind. Abschließende Aussage des TAV: Der Verband werde sich intern mit dem Anliegen Nothes befassen. Eine Klärung des Problems sei innerhalb der Bürgerfragestunde nicht möglich.

Vor kurzem verschaffte er sich mit einem offenen Brief an TAV-Geschäftsführerin Loretta Kablitz in dieser Angelegenheit nochmals Gehör. Auf Anfrage der Volksstimme sagte sie dazu: „Wir wollten ganz bewusst den Grundstückseigentümern mit einer dezentralen Abwasserentsorgung die Möglichkeit geben, sich am Markt den günstigsten Anbieter auszusuchen.“ Kablitz lässt noch einmal Revue passieren: In den 1990er Jahren war der TAV bestrebt, möglichst 100-prozentig die Haushalte zu erschließen. Manch Grundstückseigentümer zeigte jedoch kein Interesse an einem zentralen Anschluss, was den damaligen gesetzlichen Bestimmungen entsprach.

Später stellte sich heraus, dass bei einem Anschlusszwang, auch für wenige Grundstücke im ländlichen Raum, die Kosten explodiert und damit die Gebühren für die TAV-Kunden in die Höhe geschnellt wären. Hier musste abgewogen werden, so Loretta Kablitz. Der Gebührenzahler sollte nicht für Investitionen zur Kasse gebeten werden, die deren Geldbeutel zu sehr belasteten. Das alles brauche seine Zeit. Im Verbandsgebiet sind 96 Prozent aller Haushalte an eine zentrale Abwasserversorgung angeschlossen. Bei den verbleibenden vier Prozent war dies aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Nothe sieht die Haushalte mit dezentraler Abwasserentsorgung finanziell gegenüber den Haushalten, die an das zentrale Abwassernetz angeschlossen sind, eindeutig im Nachteil.

Damit habe er auch viele Menschen wachgerüttelt, die von der Problematik betroffen sind und bisher keine Stimme hatten. So wurden mehrere, den TAV betreffende Fragestellungen, auf einer der letzten Stadtratssitzungen in Jerichow angesprochen und Einwohner aus Klitsche äußerten sich hier zur Ungleichbehandlung und forderten eine Stellungnahme.

Bürgermeister Harald Bothe war diese Problematik nicht bekannt und verwies darauf, die Jerichower Vertreterin im TAV, Ute Lichtenberg, anzusprechen. Sie sagte dazu: „Wir verfügen selbst über eine dezentrale Abwasserentsorgung und wissen um die Problematik.“ Lichtenberg selbst sieht hier in erster Linie die Besitzer der Sammelgruben in der Pflicht. „Jeder kann sich seinen Entsorger aussuchen.“

Das sei bei vielen Verbänden eben nicht so geregelt und der TAV habe sich für diese Handhabung entschieden. Hier wollte der Verband den Eigentümern mit einer dezentraler Abwasserentsorgung entgegenkommen und ihnen überlassen, welchen Entsorger sie beauftragen. Im Bereich des TAV arbeiten zugelassene Entsorger für die dezentrale Entsorgung der Kleinkläranlagen betriebswirtschaftlich auf eigene Rechnung.

Die Kosten des Verwaltungsaufwands, die mit der dezentralen Versorgung verbunden sind, bleiben allerdings beim TAV. Hier erklärt Nothe, dass aus unterschiedlichen Gründen immer mehr Entsorgungsfirmen „vom Markt verschwinden“ und damit die Auswahl für den Gebührenzahler kleiner werde. Nothe setzt der Abrechnungspraxis des TAV die Arbeitsweise der Abwasserentsorgung in Brandenburg entgegen.

So wird es in der BRAWAG GmbH (Brandenburger Wasser- und Abwassergesellschaft) gehandhabt, dass die Abwässer der dezentralen Haushalte abgepumpt und der Daten an die Stadt Brandenburg übermittelt werden. Die Höhe der Kosten sei dann, unter Anwendung des Solidarprinzips, für zentral und dezentral angeschlossene Haushalte gleich. Gern, so bringt es Nothe in dem offenen Brief zum Abschluss, würde er mit dem TAV dazu konstruktive Gespräche führen, „um weiterhin aufgeschlossen an diesem Thema zu arbeiten.“